Riesenmaschine

15.08.2006 | 05:05 | Nachtleuchtendes | Fakten und Figuren

Ansichten aus dem Nonneninnen


Im Inneren der Nonnen wohnt ein Kind. Wer hätte das gedacht? (Foto: Drake LeLane)
Wie sieht es im Inneren einer Karmeliternonne aus? Für diejenigen unter uns, denen die Frage schon länger auf den vor Spannung zerkauten Nägeln brannte, hat eine Forschergruppe in Montreal jetzt Abhilfe geschaffen, und den Salat auch gleich bei Neuroscience Letters publiziert. Man hat dort Nonnen in enge, kühle Röhren geschoben, und ihnen dann mit Magnetfeldern den Kopf in Scheiben geschnitten, während sie sich mit Gott eins fühlten, ein Zustand, in den Karmeliterinnen sich offenbar in den schlimmsten Bredouillen mit klösterlicher Leichtigkeit zu versetzen verstehen. Vorhersehbarerweise führt das ganze zu Bildern von Nonnengehirnen mit ein paar farbigen Flecken drauf. Der Vorgang insgesamt gemahnt einerseits an Persinger, der ja bei seinen Experimenten religiöse Ekstasen nicht misst, sondern gleich selber auslöst, andererseits aber auch an die banale Erkenntnis, die einem Redakteur der Zeitschrift Science vor einer Weile unbemerkt durch die Korrekturfahnen wehte: dass nämlich ein Hirnscan beweise, dass eine bestimmte kognitive Fähigkeit im Gehirn verortet sei. So dekorativ sind diese Bilder vom bunten Grauen, dass man sich nicht vorstellen mag, es lasse sich mit ihnen nicht doch mehr beweisen, als dass auch bei Nonnens die Party eben im Kopfinnern steigt.


14.08.2006 | 16:56 | Fakten und Figuren

Paralektronoia


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Den Hamburger Musiker Felix Kubin, der sich selbst als "harte Zelle" bezeichnet und bereits als Dreizehnjähriger Bühnentriumphe einfuhr wie der brave Landmann andernorts die Runkelrüben, treiben neben seiner alltäglichen Beschäftigung mit Klangerzeugung auch immer wieder Fragen um wie: "Können wir mit Zahnfüllungen Stimmen empfangen? Ist die Sinusschwingung ein akustisches Gespenst des menschlichen Unterbewusstseins? Handeln Menschen nach Frequenzen?" Für den WDR hat er Erfinder und Musiker versammelt, um der "Paralektronoia" auf die Spur zu kommen. Mit systematischer Feldforschung und radiophonen Experimenten erkunden sie die Auswirkungen unsichtbarer Schwingungen auf die Psyche. "Paralektronoia" hebt die Grenzen zwischen Sender und Empfänger auf. Mit Alvin Lucier, Carl Michael von Hausswolff, Asmus Tietchens, Lionel Marchetti, Matthias Breitenbach, Traugott Buhre, Gloria Brillowska, Charlotte Crome, Ditterich von Euler-Donnersperg u.a. Sendetermine: 15. August, Dienstag, 23 Uhr auf WDR Eins Live und 2. Oktober, Montag 23:05 auf WDR 3. Hören Sie auf Ihre inneren Stimmen. Ihr Radio hört mit. Das Programm wird gestreamt, kann also über Internet, auf Sirius und über die Plombe im Backenzahn empfangen werden.

Tex Rubinowitz | Dauerhafter Link


14.08.2006 | 10:51 | Alles wird schlechter

Google also doch keine ganz so gute Firma*


googeln, googeln, googeln, googlen (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Der Independent gilt als einigermassen okaye Zeitung, deshalb kann man auch eine bei Reddit gefundene Meldung glauben: Google lässt seine Rechtsabteilung Briefe an verschiedene Medien schicken, dass die Verwendung von 'to google' als Verb ein Verstoss gegen die Markenrechte sei. Eine interessante sprachfaschistoide Sichtweise, die sprachfaschistoider kaum sein könnte von diesen Kulturfaschisten. Abgesehen davon wird man, wenn Google seine derzeitige Geschäftsentwicklung vorantreibt, also alles zu vermarkten, was irgendwie mit irgendwas anderem zu tun hat, in arge Formulierungsschwierigkeiten kommen. An dieser Stelle sei der verehrungswürdige Satz eingepflegt, den Slashdot-Nutzer EnsilZah im Januar diesen Jahres von sich gab: "In a few years you'll be driving your google to the google to buy some google for your google." Immerhin: Google nur als Substantiv verwendet. Vorbildlich.

*auf Bitten von Holm Friebe geändert.


14.08.2006 | 01:18 | Anderswo | Alles wird besser | Sachen kaufen

Tod ohne Himmel


Puttin' the "fun" back in "funeral"
Eine klare Vorstellung davon, was im Todesfall mit unseren sterblichen Überresten geschehen soll, gibt es nicht. Allerdings arbeiten hier die Fachleute, anders als beim Thema der Unsterblichen Seele, laufend an neuen Optionen und Verbesserungen. Die Rolle eines Katalysators für Innovationsprozesse im Bestattungsgewerbe scheint dabei Nordrhein-Westfalen einzunehmen, in dessen Grenzen einem das bundesweit breiteste Angebot für die Zeit nach dem Lebensabend offeriert wird. Wer z.B. während der Fussball-WM zu sterben gedachte, konnte sich dank eines Düsseldorfer Bestattungsunternehmens in einer Fussball-Urne zur letzten Ruhe betten lassen. Auch so genannte Streuwiesen gab es in NRW schon lange, bevor man anderenorts auch nur davon zu träumen wagte, nach einer feurigen, vielleicht sogar mit Filmzitaten gespickten Rede, Grossvaters Asche den verhassten drittgradigen Verwandten ins Gesicht zu schleudern.

Vor kurzem schliesslich eröffnete in Düsseldorf der erste Indoor-Friedhof Deutschlands – mit tiefer Decke statt hohem blauen Himmel. Die offizielle Erklärung, im entsprechenden Stadtteil gäbe es keinen konventionellen Friedhof, wohl aber genug leer stehende Kellerräume, mit deren Nutzung man dem Outsourcen von Leichen in andere Bezirke ein Ende setzen könne, scheint vorgeschoben: Denn Tote sind eigentlich vom Aussterben bedroht! Unzählige Plätze auf Friedhöfen stehen frei und die Wirtschaft leidet. Welche Möglichkeit hätte man also, die überflüssige, leere und somit Kosten verursachende Friedhofsfläche lukrativ zu nutzen? Die Zahl der Toten aktiv zu erhöhen wäre unter ethischen Gesichtspunkten nur schwer legitimierbar, und eine Nutzung durch Dienstleistungsunternehmen oder Ähnliches würde die Totenruhe stören. Vermutlich also genau deshalb jetzt alles indoor, mit schalldämmender Doppelverglasung und dicken Wänden. Die Toten nach drinnen in selige Ruhe und auf die Friedhofswiesen dann... hoffentlich keine Wohnräume. Denn Wohnen auf Friedhöfen, das hat sich nicht bewährt.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Urnenwahl

Christian F. Brückner | Dauerhafter Link | Kommentare (3)


13.08.2006 | 17:20 | Vermutungen über die Welt

Linkshändertag


Die böse linke Hand geben geht heute klar (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Heute hat Fidel Castro Geburtstag, er wird 80 und erholt sich vermutlich von den Gerüchten über seinen baldigen Tod. Vor exakt 30 Jahren hatte der bekennende Linkshänder an seinem Ehrentag hingegen noch den Anspruch, Weltgeschichte zu schreiben, weshalb er den 13. August kurzerhand zum Weltlinkshändertag ernannte.

Und auch wenn es in der Geschichte schon viele böse Linkshänder (Jack the Ripper, Ronald Reagan, Uri Geller, Lord Baden-Powell) gab, können wir den Menschen, denen eine Laune der Natur einen angeborenen Vorzeichenfehler beschert hat, nicht böse sein. Immerhin sind auch die meisten der Simpsons-Charaktere Linkshänder, weil nämlich Matt Groening einer ist, da kann man schon ein Auge zudrücken und sogar mieseste Kalauer wie den der deutschen Linkshänderseite verzeihen, die sich der Initiative www.netzgegenrechts.de angeschlossen hat, wie stumpf ist das denn?

Zum Weltlinkshändertag freuen sich Betroffene übrigens über ein Häkeln-für-Linkshänder-Buch (Gifts for her), eine edel gestaltete Lederbrieftasche (Gifts for him) oder einen Bumerang (Gifts for children) vom Internet-Shop Anything Left Handed, der leider, anders als Ned Flanders in seinem Leftorium, keine Linkshänderkettensäge führt. Wird er vielleicht später noch, womöglich ist es dann aber auch schon egal, denn irgendwann wird es ganz bestimmt vorbei sein mit der mutmasslich vom Schweinesystem verordneten Einteilung in Links- und Rechtshändigkeit. "Dekonstruiert den Händigkeitsbegriff!" werden sie rufen, "Proclaim Trans-handedness!" Wir werden es vielleicht noch erleben. Fidel Castro eher nicht.


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