Riesenmaschine

10.01.2008 | 14:20 | Anderswo | Alles wird besser

Tunnelblick


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Was haben Orte in der Vergangenheit nicht alles unternommen, um Scharen von Besuchern anzuziehen: Sie haben Türme gebaut (hohe, schiefe, kaputte), Weltmeisterschaften ausgerichtet, Gebirge und Meere in die Nähe gestellt, ja, einige legten sich gar umständlich eine lange Geschichte zu, nur um heute als Weltkulturerbe zu gelten. Wie es deutlich einfacher geht, zeigt unabsichtlich Lyon, eine Stadt, die sich ansonsten kaum von, sagen wir, Würzburg unterscheidet, sieht man mal davon ab, dass sie voll mit Franzosen ist.

Die Linie D der Lyoner U-Bahn ist rein technisch betrachtet "eine grössere VAL-Version mit Stahlrädern", mit anderen Worten orange, mit Infrarotsensoren und führerlos. Das eigentliche Sensationsfeature jedoch sind die Panoramafenster an Bug und Heck, durch die man unverstellten Blick in den Tunnel hat. Denn dies ist eine besondere Eigenschaft von führerlosen Gebilden – sie bieten einen unverstellten Blick nach vorne (und hinten, aber wer kann das schon unterscheiden). Dreizehn Kilometer von Gare de Vaise bis Gare de Venissieux; runde Tunnel (im Nordteil), eckige Tunnel (im Südteil), gelb beleuchtete Tunnel, blau beleuchtete Tunnel, Einfachtunnel, Doppeltunnel, gerade Tunnel, kurvige Tunnel. Touristen strömen in Scharen in die U-Bahn, Familien bringen ihre Kinder statt auf den Spielplatz in die Linie D, alles drängt sich um die begehrten vorderen Plätze. Und wenn die Leute sowieso alle untertage im Kreis fahren, kann man die Stadt obenrum eigentlich auch gleich weglassen. Denk mal drüber nach, Lyon.


09.01.2008 | 16:05 | Supertiere | Fakten und Figuren | Essen und Essenzielles | Vermutungen über die Welt

Farbe Lebewesen


Herumliegevorbild grauer Löwe (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Viel Notwendiges wurde hier in den letzten Jahren über Energydrinks gesagt. Ununtersucht blieb bisher die Frage, warum alle Energydrinks nach dem Schema "Farbe Lebewesen" benannt sind: Red Bull, Blaue Sau, Dark Dog, Red Devil, Red Horse, Red Rooster, Red Dragon, Black Cat, Black Dragon, Black Panda, Black Panther, Black Stallion, Black Tiger, Blue Bear, Blue Delphin, Blue Fox, Blue Ox, Golden Lion, Red Puma, Red Rhino, Red Shark, White Shark, um nur mal ziemlich viele Beispiele zu nennen.

Nun könnte man die Ursache im Markterfolg von Krating Daeng und dessen Nachfolger Red Bull vermuten, aber die Riesenmaschine ist keine Heimstatt unterkomplexen Denkens. Unsere Forschungsarbeiten ergeben vielmehr Folgendes: Der Mensch fühlt sich dem immer-emsigen Tier unterlegen und hofft auf Kompensation durch den Konsum magischer Tiergetränke. Faule Tiere haben auf dem Abendgestaltungssektor keine Vorbildfunktion, weshalb es auch kein "Blue Wombat", kein "Rote Blindschleiche" und kein "Golden Sloth" gibt. Aber Energydrinks sind auch nicht nach nimmermüden Kribbeltieren benannt, sondern nach Tieren, die Grosses leisten (gut aussehen, Kopf stolz in den Nacken werfen, kleinere Tiere totbeissen). Nach dem Leisten darf dann wieder herumgelegen werden. Denn wach sein, aber nicht arbeiten, das ist es, was wir heimlich wollen.

Die rote, blaue, schwarze, weisse oder goldene Farbe des Tiers wiederum ist Resultat geschickten Semidrogenmarketings, das Energydrinks zum wesentlich beliebteren Blogthema als beispielsweise Glühweinsorten gemacht hat: Wer bunte Tiere nicht herbeihalluzinieren darf, muss sie kaufen. Wer aber gelbe, orange, grüne, rosa, lila und silberne Tiere sehen will, ist weiterhin auf herkömmliche illegale Drogen angewiesen. Vermutlich irgendeine Patentsache.


09.01.2008 | 02:29 | Essen und Essenzielles

Dunkle Hunde schlafen nicht


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Schlafen ist weiterhin ein beliebtes Hobby der reifen Jugend, aber es muss zweckfrei sein, sonst macht es keinen Spass. Man baut ja auch keine Modellflugzeuge, um zum Mond zu fliegen. Deshalb ist es an der Zeit bekanntzugeben, dass Grossvater unrecht hatte, als er behauptet hat, das beste Mittel gegen Müdigkeit wäre ein kurzes Nickerchen. Wie französische Forscher jetzt ermittelten, hält Koffein in relativ schlichten Dosen besser wach als herkömmliches Rumdösen. Ok, die Ergebnisse gelten nur für das Autofahren, aber bei irgendeiner Tätigkeit muss man ja schliesslich wachbleiben.

Jetzt, wo wir das also wissen, können wir auch in Ruhe weiter im Bett liegen und Dark Dog konsumieren, ein gelb-schwarz-rotes Dosending aus Österreich, das mit der Graffitidarstellung eines räudigen Köters verziert ist. Bestimmt kann man sich hinterher auch besser aufs Schlafen konzentrieren.

(via Energy Fiend)


08.01.2008 | 15:34 | Alles wird besser | Zeichen und Wunder

How low can you go?


Niedlich, aber ein bisschen retardiert. (Foto, Lizenz)
Man kann sich das Briefing für den Claim zur Einführung des neuen Fiat Cinquecento vorstellen: International verständlich sollte er sein, auch für Kulturkreise, in denen nur rudimentär Englisch gesprochen wird. Ein Claim von elementarer Einfachheit. So wie "Me Tarzan, you Jane!" Gleichzeitig einer von urwüchsiger Wucht und Durchschlagskraft, der ans menschlich allzumenschliche Selbstverständnis rührt und die Tür zu den letzten Dingen mehr als nur einen Spalt breit aufstösst. So wie das Hamletsche "To be or not to be ..." Und dann natürlich mittig auf der Strategie liegen, die das Göttliche der kleinen, einfachen Dinge beschwört, und selbst schlicht und generisch sein. So wie Volkswagens "Das Auto." Herausgekommen ist: "You are, we car." Sic. Es wird langsam eng auf dem Feld der semantischen Commodities. Dahinter beginnt das Reich des wirren Gestammels. Erst danach kommt Schweigen.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Binnenmajuskel. Wieder. Da.


07.01.2008 | 18:56 | Fakten und Figuren

Feiern, ach, nachher irgendwann


"Today", verstehen Sie? (Foto: mc) (Lizenz)
Wie wir Mitte November von unserem Terminlieferanten erfahren haben (aber erst neulich dazu kamen, die Mail zu öffnen), war am 5. September Be-Late-For-Something-Day, vielleicht war auch der 5. September 2005 gemeint. Veranstalter ist der Procrastinators Club of America, auf dessen Prokrastinationswebsite beruhigenderweise "It is now okay to celebrate it" steht. Man sollte das dann also mal machen, morgen oder so.


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