Riesenmaschine

10.12.2010 | 11:35 | Berlin | Listen

Drei mal nein


Negative Dialektik mal anders (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Vom Schwierigkeitsgrad her nur vergleichbar dem Triple-Toeloop oder -Salchow beim Bodenturnen zählt die dreifache Verneinung zu einer der komplexesten Figuren im Feld der Rhetorik. Anders als die durch Paul Watzlawick bis in die Niederungen des Alltagsgebrauches hinein popularisierte doppelte Verneinung wird sie deshalb in der Praxis nur äusserst selten angewandt und, wo doch, misslingt sie mit frustrierender Regelmässigkeit. Die erste überzeugende Variante ist nun der Kreuzberger Antifa auf einem Spucki gelungen, der auf der Toilette des Monarch klebt und zum universellen Widerstand gegen ihre Gegenspieler aufruft. Gelingen konnte das freilich nur, weil die Antifa als Absender selbst die Negation schon im Schilde führt und ihre Anhänger obendrein fest verwurzelt sind in der Logik der symmetrisch-reziproken Annihilationsbestrebungen der Extreme. Einen kurzen Moment des kognitiven Kollapses lang wähnt man schon ein Mimesis-Manöver von rechts oder gar Anna Freuds Identifikation mit dem Aggressor am Werk, dann sortiert sich das Puzzle, und die Nonchalance der wie naturwüchsig und organisch gewachsen wirkenden filigran-riskanten Sinnkonstruktion offenbart sich schlaglichtartig in einem Kugelblitz der Erkenntnis. Alle Achtung. Da sage noch mal einer, die Antifa könne nicht kommunizieren.


07.12.2010 | 12:16 | Berlin | Alles wird besser | Alles wird schlechter

Kritische Hipster


Das Klima im Hipster-Bezirk Prenzlauer Berg wird härter.
Nicht nur der VKH, auch die Kita Bambinioase steuert gegen. (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Lustig war das Hipster-Leben: Den ganzen Tag nicht erwachsen werden, mit dem Strichachter durch Mitte cruisen oder im Laptop-Café die iTunes-Playlist sharen. Später zog man dann ins puristisch gehaltene Baugruppen-Loft, investierte in indonesische Versorger, bekam Nido-Kinder und scherte sich insgesamt einen feuchten Kehricht um den Rest der Gesellschaft und die sogenannte oder auch Gentrifizierung, deren Speerspitze man nolens volens schmolens war. Tempi passati.

Was ist passiert? Vielleicht haben ein paar zu viele von ihnen den kommenden Aufstand gelesen und sich gegruselt. Vielleicht haben sie sich und ihr wohlstandsverwahrlostes High-End-Leben zu lange im Spiegel von unhappyhipsters.com angeschaut. Liegt es daran, dass im Hipster-Mutterland USA gerade das Rollenmodell für tot erklärt und historisierend einsortiert wird? Oder war es am Ende doch die hartnäckige wachsende Reaktanz der Eingeborenen in den Hipster-Problembezirken, die Konfrontation nackter Haut bei den Wohnungsbesichtigungen, das abgefackelte Auto vor der Tür, die innere Einkehr und Selbstkritik befördert und den hiesigen Hipster ins Grübeln gebracht haben?

Jedenfalls hat sich jetzt in Berlin der Verband kritischer Hipster gegründet: "ein lockerer Zusammenschluss von Menschen, die im Prenzlauer Berg wohnhaft sind und sich mit den gesellschaftlichen Entwicklungen in ihrem eigenen Umfeld kritisch auseinandersetzen." Die ersten Texte auf der Website legen tatsächlich Zeugnis ab von einem dem Hipster niemals zugetrauten Bedachtsamkeit und Selbstreflexion. Und ein aufschlussreiches Interview mit jetzt.de gibt es auch schon. Da kann man also sehen, was, Hipster Hitler zum trotz, die Hipster von den Nazis unterscheidet: Sie haben vielleicht die gleichen Frisuren, aber übernehmen ihre geschichtliche Aufarbeitung lieber selbst, anstatt sie den 38ern zu überlassen.


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"Mr. Magoriums Wunderladen", Zach Helm (2007)

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