Riesenmaschine

26.06.2007 | 23:01 | Anderswo | Alles wird besser

Das fliegende Klassenzimmer


Foto, Lizenz
Flyglobespan ist eine schottische Billigairline, die vor knapp einem Jahr das Konzept NFLHS (No Frills Long Haul Service) erfunden hat und seitdem bzw. schon vorher unverstellt in alle möglichen Himmelsrichtungen expandiert (so viele sind es auch wieder nicht). Im Juli 2007 zum Beispiel werden wir alle Zeugen eines neuen, extraordinären Schubes mit der Einführung von sechs wöchentlichen Flügen von Glasgow nach Hamilton/Ontario (alle Tage ausser Freitag). Anstatt hier darüber zu mutmassen, warum so viele Glasgower nach Hamilton wollen, oder warum die überfällige NFLHS-Erfindung ausgerechnet aus Schottland kommt, berichten wir lieber darüber, wie man sich einen Billigflug nach Amerika vorzustellen hat. Von aussen sehen die NFLHS-Flieger so aus wie alle anderen auch, länglich und vorne angespitzt. Innen jedoch erstes Stutzen, sind doch alle Beschriftungen wahlweise auf spanisch oder auf isländisch. Auch die Stewardessen sind teilweise von Iceland Air ausgeborgt, während die Bordkarten aus dem Papierkorb von Air Canada stammen. Unterhaltungs- und Verpflegungsangebot sind von einer bestechenden Willkür: manchmal Filme, aber nicht überall im Flugzeug; Essen meist, allerdings nur dann auf einem Tablett, wenn man monatelang vorher reserviert, sonst halt ohne oder seltener auch gar nicht. Das gesamte Unternehmen Atlantiküberquerung wirkt ein wenig wie ein schlecht vorbereiteter, amateurhafter Klassenausflug im klapprigen Schulbus, und der Hinweis "flights may require a brief fuel stop en route subject to weather conditions on the day" vermindet diesen Eindruck keineswegs. Aber wenn das die Zukunft des Langstreckenfluges ist, bitte, immer noch besser als Papyrusboote oder Luftmatratzen. Wenn auch immer noch ein wenig teurer.


18.06.2007 | 00:27 | Alles wird besser | Fakten und Figuren

Brutstätten des Bösen


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)

(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Vor zwei Wochen zeigte sich Erddrache Google Earth gnädig und spuckte eine neue Reihe von Intimaufnahmen mit sensationell übertriebener Auflösung von 50cm pro Pixel aus, die mittlerweile auch beim Drachenputzerfisch Google Maps angekommen sind. Unter den seltsam willkürlich ausgewählten Orten, für die das Update erhältlich ist: Toronto, die sympathische Kleinstadt nördlich des Reichs der Schatten. Im oberen Bild vom Flughafen Pearson International kann man gut erkennen, dass grosse Dinge jetzt nicht mehr klein aussehen, nur weil man sie von weitem betrachtet, sondern eben gross, wie es sich gehört. Interessanter jedoch das untere Bild von einer Stadtgegend am Humber River. Es zeigt natürlich nicht, wie Blog TO vermutet, Brutstätten für Aliens (Aliens werden kaum auf der Erde ausgebrütet, sonst wären es ja keine Aliens). Sondern nämlich eine gigantische Zeitmanufaktur, in der die weltweit ständig verlorengehende Zeit mit Hilfe von Uhrenrückkopplung und Vollintegralgetriebe durch brandneue, unbespielte Zeit ersetzt wird. Auch von Greifswald gibt es neue Superdetailbilder. Wo mag dort das Zeitkraftwerk stehen?


16.06.2007 | 13:20 | Essen und Essenzielles

Brauner Saft

Der internationale Saftmarkt gehört zu den lebendigsten Wesen auf dem Planeten. Vermutlich liegt es an der wachsenden Bereitschaft der Menschen, Substanzen zu konsumieren, die nicht vorher dreissigmal chemisch und physikalisch geprüft und runtergebrochen worden sind; der Safterfolg also eine direkte Konsequenz der sich anbahnenden Hochrisikogesellschaft (vgl. Mortalstatistik Mt. Everest). Einer der Profiteure dieser Entwicklung ist Arthur's Juice, im Jahr 2007 auf Platz 25 der am schnellsten wachsenden Unternehmen in Kanada. Im Frühjahr 2006 zeigten sich unabhängige Tester überzeugt von Arthur's grünem, dickflüssigen Saft Green Energy, vor allem, weil er über das hervorstechende Merkmal verfügt, genauso auszusehen wie die Trendfarbe grün, nämlich grün. Geschmacklich jedoch so ausgepresst und daher lala, lebt der Energiesaft einzig von seiner Modefarbe.

Ein gutes Jahr später. Immer noch ist Arthur's Green Energy im Angebot und Top-Seller der Bioschmieren-Kollektion. Jedoch, und das ist eine schockierende Enthüllung, die exklusiv an dieser Stelle erfolgt, grün ist Green Energy nicht mehr. Schamhaft umwickelte Arthur irgendwann innerhalb des letzten Jahres sein bestes Pferd mit grüner Plastikfolie, nur um nicht eingestehen zu müssen, dass der spektakulär grüne Saft mittlerweile, man wagt es kaum usw., braun ist. Und so ist es wohl: Zieht man lange genug von oben am Grünen, so kommt irgendwann etwas zum Vorschein, das genaugenommen wie Dreck aussieht. Öko ist braun, nicht grün.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Durst? Grünwein!


09.06.2007 | 08:23 | Supertiere | Sachen anziehen

Schafphasen


Schaf, Seinslehre (v.r.n.l.), Foto, Lizenz
Izzy Lane verkauft Kleidung hergestellt aus der Wolle von Schafen, die vorher mühevoll und kostspielig von der Schlachtbank gerettet wurden (via Trendwatching). Die Philosophie dahinter: Das Schaf existiert nicht nur, weil wir es essen. Sondern zum Beispiel auch, um geschoren zu werden. Nun ist es müssig, über den Wert von Kleidung im Vergleich zum Wert von Hammelfleisch zu streiten, jedenfalls ausserhalb der Antarktis. Jedoch stellt sich die Frage, ob das eine Schaf nach der Schur wirklich noch existiert, also als dasselbe Schaf in seinem Schafsein verharrt. Immerhin ändern sich mit dem Haarwechsel die Akzidentien des Dreckstiers, und nachdem die Akzidentien der Substanz inhärieren, hat sich auch irgendwo die Substanz geändert, trotz ihrer Horntieridentität. Kann man also zweimal in anderen Haaren existieren? Steigt man nicht nur einmal in dasselbe Fell? Kann also der Haarwechsel wirklich ohne Folgen für die Schafexistenz bleiben? Und was unterscheidet die Schur somit ontologisch noch vom letztgültigen Ende beim Schlachter, offenbar nach Expertenmeinung auch nur eine beliebige Grenze zwischen Hier und Da? Nichts. Eben. Denn nur der Schwamm, der König der Tiere, ist wirklich in allen Facetten unsterblich.


08.06.2007 | 12:10 | Alles wird besser | Sachen kaufen

Pfeife im Sack

Seit einigen Jahren verfolgen alle fühlenden Wesen gespannt die Entwicklungen um die Entwicklung des sacklosen Dudelsacks. Erster Tiefschlag: Das seit längerem verfügbare Teil von Marktführer Deger Pipes kommt sagenhaft hässlich daher. Weiterhin haben es die vpipes (wir berichteten) zwar in die Blogosphäre, aber bislang nicht in den Vertrieb geschafft. Der Durchbruch in diesem Gewerbe kommt jedoch aus Skandinavien: Die relativ neuen Technopipes des schwedischen Instrumentengottes Andreas Fagerstrom sehen nicht nur einmalig pietätvoll aus, jedenfalls für die elektronische Version eines mit Rohren versehenen, ausgehöhlten Schafes, sie klingen auch exakt so wie ein zivilisiertes Schaf sich anhören sollte. Auf Knopfdruck erzeugen sie die Klangfarben "Grosses Highland-Schaf", "Kleines Schaf" und "Kleines Schaf mit Schnupfen", und ein weiterer Knopfdruck schaltet sogar Chromatik dazu. Dudeln mit Chromatik! Seit einigen Monaten kann man das Gerät wirklich kaufen, zum Beispiel beim National Piping Centre in Glasgow oder einfach wie immer bei Hotpipes (für ein paar hundert Geldeinheiten, je nach Währung).

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Dudel ohne Sack


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