Riesenmaschine

25.03.2006 | 19:45 | Sachen kaufen | Essen und Essenzielles

Saftwechsel


Todesurteil für OJ (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Besorgniserregende Zahlen veröffentlicht die "Britische Gesellschaft für Soft Drinks", die es offenbar wirklich gibt: Im Zeitraum von 1999 bis 2004, also genaugenommen in cirka fünf Jahren, hat sich der Anteil von Orangensaft am Fruchtsaftmarkt von 77 auf 69% verringert, und zwar stetig und unaufhaltsam. Profitiert davon hat offenbar schaler Apfelsaft, aber auch sonstige Bioderivate. Kurz nach dem zweiten Weltkrieg begann er, der kometenhafte Aufstieg von "OJ", wie man ihn auch in Fachkreisen nennt, je mehr Kinder und Wohlstand die NATO-Staaten anhäufelten, umso mehr Orangensaft tranken sie, auf dem Weg zu einem orangenen Lebensentwurf voller Sonne, Vitamin C, Glück und Vergnügen. Dagegen vertraute man beim Warschauer Pakt die ganze Zeit auf Kartoffel- und Rübensaft, was Zahnausfall und schlechte Laune, letztlich das Ende des Kalten Krieges zur Folge hatte.

Jetzt aber, da es immer weniger Zentraleuropäer in Zentraleuropa gibt, die Nationen von einer Depression in die nächste fallen und die Ruinenstadt Berlin als Sinnbild des Neuen gilt, verliert OJ deutlich an Boden, oder vielleicht ist die Kausalität auch umgedreht. Jedenfalls verläuft der Abschied vom Orangensaft parallel zum Abschied vom Florida-Lifestyle, noch bevor man ihn eigentlich erreicht hat, die Früchte jahrzehntelanger Arbeit verkümmern in trüber Apfelbrühe. Aber Hoffnung ist in Sicht, denn mit zunehmender Kerntemperatur wird in Europa der Apfelanbau unmöglich, dafür die Orangenernte aufblühen, bevor allerdings nur wenige hundert Jahre später alles in Wüstenstaub versinkt. Alles im Leben läuft eben wellenförmig ab; Beharren und Festhalten ist wider die Natur. Das muss auch OJ einsehen. Florida, übrigens, wird in diesem Jahr bestimmt von drei bis vier Wirbelstürmen vernichtet werden.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Fruchtsaftkomplott


24.03.2006 | 02:39 | Nachtleuchtendes | Alles wird schlechter

Golfkrieg=Starwars


Teuerste Driving Range aller Zeiten (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Einen neuen Trend zur Belebung der einstmaligen Publikumsattraktion "Russisch Roulette" hat sich die kanadische Firma Element 21 ausgedacht. Ein neuartiger Golfball aus dem seltenen Metall Scandium soll mit einem ebenfalls neuartigen vergoldeten Golfschläger ins All geschossen werden, und zwar von der Internationalen Raumstation ISS aus, die man sich regelmässig am Sternhimmel im heimischen Wohnzimmer ansehen kann. Man muss dazu zwei Dinge wissen: Zum einen soll der Ball zwar mehrere Milliarden Kilometer rund um die Erde fliegen, mit einem Sender ausgestattet, damit man weiss, wo er gerade ist, aber die genaue Flugbahn ist einigermassen unvorhersehbar (hängt ja auch von vielen Dingen ab, z.B. Abschlag, Schwerkraft, Mondphase). Zum anderen können schon wesentlich kleinere im All herumfliegende Metallteile die Aussenhaut der ISS penetrieren und damit, man kennt das aus schlechten Katastrophenfilmen von Flugzeugabstürzen, das gesamte grosse Ding unweigerlich zerstören. Jegliches humanoides Leben in der Raumstation wäre dauerhaft und zuverlässig vernichtet. Und weil der Plan so unsäglich bescheuert und hirnrissig klingt, hat die russische Raumfahrtbehörde, seit jeher Freund interessanter Todesursachen, schon zugestimmt, und man wartet jetzt nur noch auf die Sicherheitsanalyse der Skeptiker von der NASA. Der Mann, der über die Zukunft der ISS entscheiden wird, über Sein oder Nichtsein von 100 Milliarden Dollar, der Mann mit dem Finger am Abzug oder eher am Golfschläger, heisst Pavel Vinogradov. Vinogradov. Muss man sich einprägen.


23.03.2006 | 15:43 | Anderswo | Was fehlt

Google nun wieder


Red Rocket, bald googlebar (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Google wird allmählich zu einem lästigen Zustand. Erst Zensurdebakel in China, dann Datenschutzspektakel in Amerika, und zwischendurch eine gute Idee nach der anderen, so dass es für alle anderen so langsam zur Qual wird. Wir Karteileichen in der letzten Reihe wollen schliesslich auch mal was wissen dürfen, und auf die Idee, eine generische Suchmaschine für öffentliche Nahverkehrsnetze in allen Städten weltweit anzubieten, wären wir nach ein paar Nachmittagen angestrengtem Herumliegen sicherlich auch gekommen. Aber jetzt ist es zu spät, Google Transit läuft seit Dezember 2005 in einer Testversion für Portland (Oregon), und funktioniert offenbar gut genug, um in anständige Länder zu expandieren: Kanadische Medien berichten jetzt von Verhandlungen zwischen Google und TTC ("Toronto Transit Commission"), dem wichtigsten Nahverkehrsanbieter in GTA ("Greater Toronto Area"), mit dem Ziel, in schon wenigen Tagen die Google-Routensuche für den Nahverkehr Torontos zu etablieren, Start und Ziel eingeben, suchen, fertig.

Warum allerdings diese Entwicklung nicht in Europa, sondern in Amerika stattfindet, wo die Nahverkehrssysteme so gerippeartig aussehen, dass man sie auch ganz ohne Drogen bedienen kann, und wo Strassenbahnen aus den 20er Jahren "Rocket" genannt werden dürfen, bleibt rätselhaft. Diese altbekannte Amerikafixiertheit wird Klassenstreber Google vermutlich einen Minuspunkt im Abschlusszeugnis einbringen, und unser hämisches Gelächter ist ihm gewiss. Nagut, sagt die Suchmaschine, dann biete ich halt eine Detailkarte der Marsoberfläche an, mit Canyons, Bergen und Vulkanen in schillernden Farben, was sagt ihr jetzt? Wir werden Google wohl in der grossen Pause gründlich vertrimmen müssen.


20.03.2006 | 13:05 | Sachen kaufen

Zeitenwende


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Es war in den 80ern, als das Kassettenabspielgerät aus den Computern verschwand und stattdessen in Kraftfahrzeuge eingebaut wurde. Ungefähr zwanzig Jahre dauerte es, bis man erkannte, dass Autos sich viel besser zum Fahren als zum Kassettenabspielen eignen. Zwanzig dunkle, trostlose Jahre, tausende Autobahnkilometer mit verrauschter Musik in klappernden Blechgestellen. Und obwohl 20 Jahre normalerweise ausreichen, um Missstände dauerhaft zu zementieren, ist es dieses Mal anders: Heute wird das Kassettendeck dem Computer zurückgegeben. Wie so oft wird die Rückkehr in die alte Heimat schwer fallen, die Leute in den anderen Slots reden eine fremde Sprache, sehen gefährlich und feindselig aus, und die mittlerweile vertrauten Fahrgeräusche sind auch weg. Und dann wird man auch noch Probleme haben, einen Job zu finden, denn die 20 Jahre alten Kassetten sind verschlissen und enthalten nur schlechte Musik. Zurück kann man auch nicht mehr, weil man im Unfrieden mit dem Auto schied, das sofort die Konkurrenz einstellte. Mitleid ist das Einzige, was das Kassettenabspielgerät noch von der Welt erwarten kann.

Aleks Scholz | Dauerhafter Link


18.03.2006 | 09:50 | Anderswo | Fakten und Figuren

Erhebend


Himmel, was habe ich getan? (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Hohe Gebäude zu bauen ist irgendwie ein nie versiegendes Hobby der Menschheit. Eine Weile gab man zumindest vor, damit Gott näherkommen zu wollen, aber seit dem 20. Jahrhundert schämt man sich nicht mehr, der Perversion des Turmbaus ganz offen und unverhüllt zu frönen. Seit mittlerweile dreissig Jahren nun ist der CN Tower in Toronto der höchste Turm der Welt, bzw. die höchste freistehende Struktur oder so ähnlich, man muss extrem vorsichtig sein, denn Türmebauer sind pingeliger als Kaninchenzüchter. Gestern nun kündigt wieder ein von ihnen an, diesmal ein Japaner, den Rekord brechen zu wollen – sechshundert Meter sollen es bitteschön sein. Aber Toronto gibt noch nicht auf, denn schon oft scheiterten fremdländische Rammler am Hochbau: Erst vor wenigen Monaten wurde der gigantische Turm des Aufwindkraftwerks Mildura von geplanten 1000 auf ebenfalls geplante 500 herunterskaliert. Vor kaum 15 Jahren gab der legendäre Fernsehturm in Konstantynow, höchstes je gebautes Ding, aus ungeklärten Gründen den Geist auf (Abbildung). Es ist ein hässliches und ehrgeiziges Geschäft.

Über das die Natur nur hämisch lacht. Sechshundert Meter, höhnt sie, und wirft den Poppenberg (746 Meter), die Wasserkuppe (950 Meter) und den Fichtelberg (1214 Meter) in die Gegend. In anderen Ländern, so heisst es, stehen noch viel höhere Berge kurz vor der Vollendung.

Aleks Scholz | Dauerhafter Link


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