10.11.2005 | 16:38 | Alles wird besser | Sachen kaufen
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Es sollte viel mehr Dinge zum Mieten geben. Das gilt sowohl für Gegenstände, die man so selten braucht, dass sich ein Kauf wirklich nicht lohnt (Kochtopf, Spiegel, zweiter Stuhl) als auch für Sachen, die man sich unter normalen Umständen allenfalls im Traum zulegen würde, zum Beispiel Hubschrauber, Panzerfaust oder einen echten Hauselch. Aus Prinzip sollte man aber auch Dinge mieten können, die man eigentlich nie braucht, zum Beispiel ein Dorf. Und weil zumindest das Letztgenannte seltsamerweise schon funktioniert, aber noch viel zu wenig populär ist, weisen wir hiermit einigermassen begeistert auf Rent-a-Village hin, das nicht nur Mondsee, Trittenheim und Pertisau, somit Dörfer in zwei verschiedenen Ländern vermietet, sondern auch schon den nächsten Schritt vollzogen hat und ein komplettes Land anbietet. Ok, es handelt sich nur um Liechtenstein (siehe Bild), aber dafür kostet es auch nur eine Viertelmillion (pro Tag natürlich). Man würde annehmen, dass man sich mit einem so hervorragenden Schachzug vor Kunden nicht retten kann, aber erst 2006 wird Liechtenstein das erste Mal komplett vermietet werden (übrigens anlässlich der 750-Jahr-Feier der Riesenmaschine, was aber niemand wissen darf). Als nächstes würden wir gern die Bahamas mieten (schön warm da), dann vielleicht Litauen oder das Mekong-Delta, die Internationale Raumstation, Area 51, das Great Barrier Reef, oder halt einfach einen Flugzeugträger im Persischen Golf. Übrigens: Wir vermieten neuerdings die komplette Riesenmaschine; 400 Dollar pro Person und Tag, mindestens 150 Personen, halber Preis für Kinder und Informatikstudenten.
09.11.2005 | 06:29 | Vermutungen über die Welt
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)In unserer gründlich durchrationalisierten Gesellschaft wird oft vergessen, dass Vernunft und blinder Glaube nicht etwa zerstritten sind und kein Wort miteinander wechseln, sondern im Gegenteil regelmässig durchaus gelungene Abende zusammen verbringen. So beruht jedes noch so logische und durchdachte Gedankengebäude, zum Beispiel die modernen Naturwissenschaften oder die Funktionsweise der Brotschneidemaschine, auf irgendeinem total willkürlichen, unbeweisbaren Glaubenssatz, und sei es nur die Gewissheit, dass da draussen auf der Aussenseite des Kopfes irgendwas existiert, auch ganz ohne halluzinogene Drogen. In diesem Zusammenhang ist es vielleicht erwähnenswert, dass Kopernikus, oft als Vater der neuzeitlichen, rationalen Welterkenntnis gefeiert und vor einer Woche vermutlich exhumiert, eine abenteuerliche heliozentrische Theorie ins Leben stiess, die, verglichen mit der Realität, auch nicht besser dastand als der ebenso abenteuerliche geozentrische Quatsch. Kopernikus war nicht vernünftiger und intelligenter als der verblendete Rest, er war nur anders verwirrt.
Umgekehrt ist es aber auch so, dass Dinge, die von Grund auf vernünftig und klug erscheinen, plötzlich über sich hinaus weisen, eine transzendentale, metaphysische Ebene entwickeln. So hat die oben abgebildete kanadische Mülltonne vor kurzem eine Religion gegründet, deren Dreh- und Angelpunkt der unerschütterliche Glauben an die sogenannte (hier auch schon vorgestellte) Megabin ist – ein zumindest für die Mülltonne selbst unbeweisbares Gedankenkonstrukt, in das der Benutzer seinen Müll stattdessen werfen soll. Und so werden wir alle an irgendeinem Punkt zu Fundamentalisten, Kopernikus glaubt an die Sonne, andere an Megabin, und wieder andere an die Worte der Riesenmaschine.
08.11.2005 | 04:33 | Sachen kaufen | Essen und Essenzielles | Vermutungen über die Welt
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Der Reifegrad einer Zivilisation, früher einfach an der Anzahl verbrannter Hexen oder der Anzahl der Kleinstaaten in Deutschland ablesbar, muss heute aufwendig mit Hilfe von Fruchtsäften ermittelt werden. Europa zum Beispiel steckt immer noch tief im dunklen Fruchtsaftmittelalter, mit ausgeprägtem Ständewesen (Orange, Apfel, Sonstige) und knallharter Fruchtsaftverordnung. Im Würgegriff von Usurpatoren wie Onkel Dittmeyer (siehe Bild) müssen sich die bedauernswerten Deutschen entweder dem ewigen Orangensaftfaschismus ergeben (kein Konzentrat, kein Zuckerzusatz), oder aber den sogenannten Multivitaminsaft konsumieren. "Multivitamin" klingt zwar tolerant und menschenfreundlich, schmeckt aber immer genau gleich, und zeugt daher ganz klar von ideologischer Gleichschaltung tropischer Früchte – ein Euphemismus wesensverwandt mit Schlagworten wie "Nationale Front" und "War against terror".
Wie die Fruchtsaftneuzeit aussieht, demonstriert der amerikanische Marktführer Tropicana, der auf die kluge Idee gekommen ist, dass man aus cirka zehn gängigen Südfrüchten durch einfache Permutationstechniken insgesamt mehrere Tausend verschiedene Arten Dreifruchtsaft herstellen kann. In der Fruchtsaftmoderne muss man daher nie mehr zwei Tage in Folge denselben Saft trinken, was zu Arroganz, Halt- und Masslosigkeit, aber eben auch zu grundloser Euphorie und überschäumender Freude führt – Grundlage für offene Gesellschaften, geistige Überlegenheit und wirtschaflichen Wohlstand. Weil es nicht verboten ist, mit dem Mittelalter Geschäfte zu machen, kaufte Tropicana-Mutterkonzern "Pepsico" vor einigen Monaten Punica auf, und versorgt den deutschen Markt seitdem mit traditionell-feudalistischer Fruchtsaftbrühe – ein extrem cleverer Schachzug, vergleichbar etwa mit der Unterwerfung felltragender Germanen durch die Römer oder mit dem Siegeszug der Mauren in Südeuropa. Wie immer wird es zu einer Fruchtsaftkonterrevolution kommen (vgl. Schlacht im Teutoburger Wald, Reconquista), gefolgt von einer kurzen Phase des Rückfalls in grausame Möhrensaftdiktaktur, bevor dann in der endgültigen Revolution die Befreiung des gesamten Kontinents gelingt und eine neue, glorreiche, ähm, Fruchtsaftzeit anbricht. Wobei es natürlich auch ganz anders kommen könnte.
06.11.2005 | 04:50 | Sachen kaufen | Vermutungen über die Welt
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Die Lehre Luthers ist extrem und nicht einfach umzusetzen. Wie soll man begreifen, dass der Mensch seine Errettung nicht aktiv herbeiführen kann, sondern allein auf so etwas schwer Fassbares wie die Gnade Gottes oder den eigenen Glauben angewiesen ist? Im schlimmsten Fall verbringt man das ganze Leben in Ungewissheit und sehnt sich nach dem schönen, einfachen Ablasshandel. In einer weniger dramatischen Ausprägung der Ratlosigkeit eröffnet man einen e-Shop und verkauft Werbeartikel mit dem Logo J1 – "Jesus steht bei mir an erster Stelle". Ein schwammiger Ausweg: Einerseits arbeitet man nicht wirklich konsequent für die Rettung der Seele. Es geht lediglich darum, "einfach schöne Präsente" zu verkaufen, "die den Menschen zum Innehalten anregt". Anders, aber auch nicht besser ausgedrückt: "Der Gedanke an Jesus und Gott sollen also über diese schönen und interessanten, aber auch wertigen Geschenkartikel des täglichen Bedarfs ins Bewustsein der Menschen gerückt werden." Andererseits belegt man mit einer solchen hilflosen Aktion den von Weber postulierten kausalen Zusammenhang zwischen Protestantismus und dem "Geist des modernen Kapitalismus", und zwar indem man beides Hand in Hand in einer Art Kindergartenversion darstellt, damit es auch der Letzte begreift. "J1" ist also vermutlich nichts anderes als intellektuell-ironische Religionskritik, was man nicht gutheissen kann, denn wenn man schon Atheist ist, sollte man das bitte auch offen und ehrlich zugeben, und sich nicht noch über die Andersgläubigen lustigmachen (und über Behinderte, siehe der zum Verkauf angebotene Schlüsselanhänger im Bild). Trotzdem sind wir irgendwie gespannt, wie es weitergeht, denn leider liegen die im Leben des modernen Menschen so wichtigen Bereiche "Freizeit/Reise", "Radio-TV-Tips" und sogar "Gebet" im Moment noch etwas brach: "Zur Zeit rechaschieren wir für Sie hier Hintergrundinformationen. Wir bitten um etwas Geduld. Start ende Oktober!!!"
05.11.2005 | 05:28 | Alles wird besser | Sachen kaufen
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Es ist schade, dass viele Scheidungen und Beziehungszusammenbrüche so friedlich und einvernehmlich ausgehen. Angestaute Aggressionen müssen abgebaut werden, und zwar am besten dort, wo sie entstehen, sonst hat man am Ende noch Falten, Geschwüre, Sorgerecht oder ähnlich unangenehmes Zeug am Hals (oder anderswo). Wie wir bei Dailycandy erfahren, hat eine Firma mit dem interessanten Namen Goddammo immerhin die Hälfte der Lösung für dieses Problem auf den Markt geworfen: Nach Einsendung des Eheringes wird dieser eingeschmolzen und als Gewehrkugel zurückgeschickt. Eine schöne Idee zur stilvollen Beseitigung vieler zwischenmenschlicher Probleme, glaubt man, wenn auch die Begründung "hilft der zerbrochenen Beziehung etwas zurückzugeben" irgendwie seltsam uneindeutig und pazifistisch klingt. Was das zu bedeuten hat, wird kurze Zeit später klar, denn die Munition enthält komischerweise gar kein Schiesspulver. Leider also, so muss man wohl sagen, eine Innovation, die auf halbem Wege aufgibt. Man wird weiter mit konventionellen Mitteln arbeiten müssen, auch wenn Messerstechereien immer so eine hässliche Sauerei hinterlassen.
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IN DER RIESENMASCHINE
ORIENTIERUNG
SO GEHT'S:
- Lebende Holzkohle
- Mal jemanden mit einem Sommertag vergleichen
- Damenwal in der Warteschleife
- Kurtschatovium
SO NICHT:
- Polyacryl-Laken
- Kleidermotten, die Studentenfutter fressen
- Großes Solo mit Schmerzverzerrer
- Pilze ohne Haltung
AUTOMATISCHE KULTURKRITIK
"Evil Aliens", Jake West (2005)
Plus: 25, 31, 33, 39, 41, 48, 49, 50, 51 Minus: 7, 15, 46, 80, 89 Gesamt: 4 Punkte
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