Riesenmaschine

13.06.2006 | 18:36 | Supertiere

Deine Beine seien 0.75*Legion


Im Nachahmen von Buchstaben eher schlecht:
Der Siebenhundertfünfzigfüsser (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Wie Freud zufolge die Menschheit, so geht auch das heranwachsende Individuum durch Phasen der Kränkung. Einsicht in die eigene Sterblichkeit und Fehlbarkeit der Eltern sind zwei bekannte Beispiele. Aber auch die Einsicht in die körperliche Unterlegenheit gegenüber vermeintlich minderem Gekrauch (der Egel saugt beispielsweise weit besser Blut als unsereins) und die Erkenntnis, dass Begriff und Objekt für immer durch einen gähnenden epistemologischen Abgrund voneinander geschieden sind, ist Knabberfutter für einen jungen Kopf. Beides vereint findet sich schillernd im Tausendfüssler, der nicht nur interessanter aussieht als man selber und viel mehr Beine hat, sondern dessen Name auch noch eine dreiste Lüge ist. Zwischen 40 und 400 Beine bringt so ein Tier typischerweise zum Hufschmied, und der absolute Rekordhalter, der der Wahrheit mit 750 Beinen wenigstens dreiviertelnah kam, war vor 80 Jahren Zigaretten holen gegangen und seitdem verschollen.
Findige Forscher haben ihn vor kurzem allerdings aufgespürt, das kluge Tier lebt jetzt in Kalifornien. Dem Schluss der Wissenschaftler, "its fragile habitat must be protected at all costs" können wir nur beipflichten, die Rettung einer Dreiviertelwahrheit heiligt schliesslich alle Mittel.


10.06.2006 | 18:16 | Anderswo | Was fehlt

Games Without Frontiers


Haha! Da ist gar nichts! (Foto: 45614557@N00) (Lizenz)
Virtuelle Realität ist, von aussen gesehen, ein wenig demütigend. Man mag durch wundersame Welten schreiten und atemberaubend interagieren, von aussen sieht man dabei aus wie ratlos durch die Gegend taumelndes Obst oder ein Riesenhamster im Tarnrock. So wird es sicherlich auch bei der heute im Kopenhagener Statens Museum eröffnenden Ausstellung Invisible Maze sein. Besucher der Ausstellung bekommen Infrarotkopfhörer verpasst und werden damit in eine grosse, leere Halle geschickt, wo ihnen ein Summen im Kopfhörer verrät, dass sie sich gerade virtuell die Besucherrübe angestossen haben und also abbiegen müssen. Würdeloses Taumeln und albernes Gekicher der Besucher sind garantiert, aber im Grunde ist gegen die Beseitigung der lästigen Wirklichkeit und ihre Ersetzung durch vorerst summende Kopfhörer, und später dann hoffentlich gar nichts, nicht das Geringste einzuwenden. (via Technovelgy)


10.06.2006 | 03:22 | Essen und Essenzielles

Spottgeburt von Staub und Zement


Ist angerichtet. (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Wie brezelt man langweilige Esssachen auf? Der Werbelaie denkt vielleicht zuerst an Fresssucht, Magersucht oder Bulimie, aber das ist ein Holzweg. Es wäre vielleicht ehrlich, Diät-Produkte als Anorexie-Einstiegsdroge zu bewerben, schadete aber sicherlich den Verkäufen.

Lustiger ist da schon das nach der Elster benannte Pica-Syndrom, dessen Anhänger unterschiedslos alles in sich reinstopfen, was stopfbar ist: Insekten, Exkremente, Staub, Erde, Steine, Asche, Staub, Farben, Kalk, Haare, Gips, Kreide, Zement, Seife, Schaumstoff, Gummi, Staub, Kohle, Zündhölzer, Blei, Zigaretten, Holz, und zum Nachtisch noch mal extra Staub (Der Appetit auf japanisches Speiseeis oder essbare Damenunterwäsche ist hingegen nicht pathologisch). Aber so lustig das Pica-Syndrom sich auch anhört, Eltern stehen Störungen ihrer Kinder kritisch gegenüber. Es ist deshalb nicht anzunehmen, dass sich ein essbares Gemisch aus zum Beispiel Staub und Zement erfolgreich vermarkten liesse.

Prima finden Kindelmacher es hingegen, wenn ihre Windelträger Wissensbissen runterwürgen. Der Firma Pringles, die vor einiger Zeit ihr Gebäck aus Staub, Zement und Kartoffelaroma mit nutzlosen Fragen bedruckt hat, folgte jetzt die Firma Mars mit dem Angebot, ihre M&M Linsen von den Kunden beschriften zu lassen. Ganze Werke der Weltliteratur liessen sich so auf dem Trittbrett einiger Zentnern Süsswaren in die Kinder schaufeln; Erwachsene können natürlich auch Gebrauchsnachrichten draufdrucken. Interessant wäre zu erfahren, ob M&Ms eine Redaktion hat, die Orthografiefehler ("Heil Hilter") oder Realitätsstrukturgefährdendes ("Dies ist kein M&M") korrigiert.


09.06.2006 | 03:45 | Nachtleuchtendes | Vermutungen über die Welt

Schwarzweissmalerei


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Diejenigen unter uns, die sich noch an den sehr empfindlichen roten Knopf erinnern, den Vizekanzler Willy Brandt 1967 auf der Internationalen Funkausstellung drücken durfte, erinnern sich vermutlich auch, dass die Elterntiere hochaufgeregt waren, als sie uns aus der Wiege vor den Kasten verfrachteten. Die Bilder darin waren jetzt nämlich plötzlich in Farbe, und alles, alles würde nun also endlich gut.

Wie man auf obigem Bild aber unschwer erkennen kann, ist die Farbe im Fernsehen gar nicht echt, sondern kommt – wie alles Übel der Welt – daher, dass man zu lange auf den Apparat draufstarrt, und zwar auf den schwarzen Punkt in der Mitte. Vierzig Jahre lang belogen und betrogen, das ist in der Geschichte der Menschheit fnord sicherlich einmalig.

(Das grössere Original der Illusion gibts hier.)


08.06.2006 | 01:30 | Alles wird besser

Die Ja-Männer? Vielleicht.


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
In einem schönen Dokumentarfilm wurden vor drei Jahren die subversiven Yes-Men einer breiteren Öffentlichkeit vorgestellt. Die Yes-Men schleichen sich, in Verkleidung als Firmen- oder Regierungsvertreter, auf Konferenzen ein, und halten Vorträge, die nach glaubwürdigem Beginn zunehmend bizarre Formen annehmen und die ökonomischen und politischen Absichten der Konferenzteilnehmer und vor allem der dargestellten Opfer, unterlaufen.
Es liegt daher nahe, auch den offenbar gefälschten Vortrag von Vertretern der vorgeblichen McDonald's-Tochter Interactive, in dem diese sich vom Mutterunternehmen wegen dessen zunehmend gemeingefährlicher Firmenpolitik lossagte und der am Dienstag auf dem UK Serious Games Summit für Wirbel sorgte, den Yes-Men oder ihrem Umfeld zuzuschreiben. Neben dem lobenswerten Ansatz, das Böse da zu pieken, wo es kitzelt, gefällt uns dabei die in der Powerpoint-Datei des Vortrags enthaltene McDonald's-Braut besonders gut. (via BoingBoing)


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