Riesenmaschine

21.06.2007 | 06:35 | Anderswo | Alles wird besser

Die neue StVO


Gebot 15: "Du sollst Autos nicht zu einem Ausdruck machen von Macht und Herrschaft, und nicht zum Anlass nehmen zur Sünde." (Foto: burningmandecompression) (Lizenz)


Der Mensch in seinen Geworfenheiten, sagen wir in seiner von-den-eigenen-Kindern-der-Erbschaft-wegen-die-Treppe-runter-Geworfenheit, wäre ein ratloses, ein haltlos taumelndes und fallendes Ding, wie Spiralen von Stufe zu Stufe geworfen, hätte er nicht allerhand Regeln, Konventionen und Treppengeländer, an denen er sich festhalten und wieder aufrichten kann. Eltern soll man nicht Treppen runter schmeissen, sondern ehren, und seit Moses dieses praktische Gebot den Berg runterschleppte, sind also enorme Quantitäten an Elterngeworfenheit vermieden worden und das menschliche Glück vermehrt. Gebote sind toll, mehr Gebote sind logischerweise toller, und eine Welt, die aus Geboten statt aus Atomen bestünde, wäre dann wohl die beste aller möglichen – eine simple Einsicht. Warum der Vatikan trotzdem Jahrtausende brauchte, den ursprünglichen zehn jetzt endlich im Sequel die Gebote elf bis zwanzig folgen zu lassen, diesmal zu korrektem Verhalten auf der Strasse und im Auto, weiss der Teufel. Und den zu fragen ist sinnlos, denn der Teufel darf lügen, und seine Eltern die Treppe runterschmeissen darf er auch. Das gehört jetzt hier aber nicht hin.


15.06.2007 | 01:50 | Vermutungen über die Welt

Schwellenobjekte


Macht blinder als das Echte. (Foto: 95268887@N00) (Lizenz)
Wenn vier männliche Wissenschaftler sich selbst einer Studie mit dem Erektionsbeförderer Sildenafilzitrat unterziehen, und sich anschliessend ausgiebig gegenseitig die Augen ausmessen, weil Sildenafilzitrat nämlich Phosphodiesterase vom Typ 6 chemisch belästigt, und man Phosphodiesterase vom Typ 6 zum Sehen braucht, und wenn sich bei dieser Studie dann herausstellt, dass Sildenafilzitrat den Benutzer zwar nicht blind macht, aber tatsächlich das Sehvermögen behindert, ein ganz klein wenig nur, so wenig, dass es eigentlich nur stört, wenn das Licht aus ist und "Objekte" nahe der Sichtbarkeits-"Schwelle" sind, muss man dazu dann eigentlich auch noch eine Pointe liefern?


14.06.2007 | 13:21 | Anderswo | Supertiere

Must beat all humans


Haben Robo-Torwarte Angst vor elektronischen Bällen?
(Foto: Robogames)
Wer sich in der Science-Fiction-Literatur ein wenig auskennt, weiss, dass die Roboter, die wir Menschen zusammenbauen, irgendwann furchtbare Dinge mit uns anstellen werden. Vielleicht löschen sie uns in einem Atomkrieg aus, vielleicht bauen sie schleimige Batterien aus uns, vielleicht liefern sie uns nach Millennien des Nachdenkens unverständliche Antworten auf schlecht gestellte Fragen. Vielleicht lernen sie auch einfach nur total gut Treppen zu steigen, Leute umzuschubsen und sich wie Kleinkinder zu benehmen, und machen uns dadurch überflüssig. Was auch immer davon nun genau stimmt, toll ist das natürlich alles, und jede Anstrengung, die den Vorgang beschleunigt, ist rundum gutzuheissen. Ganz wunderbar zum Beispiel die dieses Wochenende stattfindende Roboterolympiade, mit Ringkampf, Fussball, Hockey, Wetttreppensteigen und schlichtem, altmodischem gegenseitigem Kaputtmachen unter den vielen Disziplinen. Die Spiele finden in Fort Mason in San Francisco statt, was für Menschen, die am richtigen Ort wohnen, ja kein Problem ist. Die anderen müssten eben mit dem damals für die Makers Faire gebauten Überschallflugzeug aus Cornflakespackungen und Hustensaft anreisen.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Wir nehmen den Fichtenelch!


13.06.2007 | 03:44 | Zeichen und Wunder

Untäters des Kopf im


Auch nicht leichter, in dem Fall. (Foto: brighterworlds) (Lizenz)
Polizeiarbeit ist keine Zirkusnummer. Aber: Im Handstand mit auf den Fusssohlen balancierten Tellerstapeln funktionierte es vermutlich noch besser. Lügengeschichten, das haben Forscher in Portsmouth jetzt herausgefunden, sind viel leichter zu entdecken, wenn man sie den potentiellen Lügner rückwärts erzählen lässt. Die Erkenntnis, dass diese sogenannte kognitive Last es erlaubt, hinter die Selbstlügen des Verstandes zu spähen, hat jetzt auch diejenigen erreicht, die mit richtigen Schandtaten an echten Tatorten zu tun haben. Man zeigt dem dann schutzlosen Denkbatzen die Tatortfotos und verzeichnet die Reaktionen. Mit Rückwärtszählen in Siebzehnerschritten, etwa. Wann immer man wissen möchte, ob das Gehirn selbst an irgendeiner Schandtat beteiligt war, lenkt man den in ihm wohnenden Nebelwerfer Bewusstsein mit komplizierten Scheinaufgaben ab. In der Kognitionsforschung ist die Verwirrung und Ablenkung der Versuchspersonen ein seit Langem beliebtes experimentelles Werkzeug.


12.06.2007 | 02:32 | Alles wird besser | Sachen kaufen

Gedankenspiele


Was hat es wohl schon alles gesehen, das eine Auge dieses aussterbenden Tiers? (Foto: frenkieb) (Lizenz)
Als die Spieleindustrie ungewaschen aus dem Urschlamm stieg, verlockte sie die Menschen mit Würfeln aus Knochen und Skatkarten auf Schieferplättchen zu enormer Zeitverschwendung. Die Entwicklung verlief mangels dringlicher Deadlines und ausreichender Kaffeeversorgung im Schneckentempo, und jahrtausendelang hätte "Joystick" zum Beispiel ein kleines Stöckchen bezeichnen können, das man in einen Gletscher steckte, um dann ein Stück Eis herauszubrechen und dran zu lutschen, oder sonst irgendwas Längliches, das Spass macht. Dann aber wurden Computerspiele erfunden und ein sogenannter Bedeutungswandel trat ein. Plötzlich war ein Joystick ein Gerät, an dem man rhythmisch manipulieren musste, um Pixelbündel bei Sexspielen zum Orgasmus zu bringen. Das waren barbarische Zustände, die die Betreiber des technischen Fortschritts nicht hinnehmen konnten, und so wurde seitdem unermüdlich an der Ersetzung des Joysticks gearbeitet, damit die Spieler endlich wieder die Hände freihaben. Project Epoc der Firma Emotiv setzt dabei auf EEG-artige Gehirnstrommessung zur Steuerung virtueller Spielfiguren, während NeuroSky, die Binnenmajuskel liess es schon ahnen, zur Bewerbung seines gedankenlesenden Kopfhörers New Age-artigen, vagen Kitsch über Hirnwellen, Meditation und Gefühlszustände auf der Homepage verbreitet. Keins dieser Geräte ist schon serienreif oder auch nur überhaupt erhältlich, aber es kann nicht mehr lang dauern, bis man sich die dann ja nutzlosen Joysticks endgültig auf den Kamin schieben kann (via BrainWaves).

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Kopfgesteuert


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