Riesenmaschine

19.05.2006 | 13:32 | Anderswo | Was fehlt | Zeichen und Wunder

Wer verkehrt verkehrt

Als Riesenmaschine-Leserin Maria Jähne uns auf den Magic Roundabout aufmerksam machte, glaubten wir zunächst, sie hätte uns die technische Zeichnung eines australischen Kühlwassersystems geschickt, das auch die antipodische Abflussstrudelrichtung auf der Südhalbkugel miteinbezieht.

(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)

Zumindest mit Australien lagen wir nicht vollkommen falsch, denn es handelt sich um einen Kreisverkehrkreisverkehr in England, wo die Leute links fahren wie auch in Japan, Australien und auf dem Mars. Der Magic Roundabout ist ein aus fünf kleinen Kreisverkehren zusammengesetzer Überkreisverkehr, führt die fünf verkehrsreichsten Strassen in Swindon zusammen und soll angeblich die Unfallgefahr gesenkt haben, obwohl immer wieder von weinenden Touristen berichtet wird, die ihren Wagen am Strassenrand abgestellt haben und auf Godot warten, der ihnen dort durchhelfen könnte.

Es kann Euer Ernst nicht sein. (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Nun ist Nationalismus eine der verabscheungswürdigsten Eigenschaften überhaupt, es handelt sich dabei im Prinzip um Kinderfickerei auf Staatsebene, nämlich eigene Interessen ohne Rücksicht auf Schwächere durchzusetzen. Trotzdem ist es richtig und notwendig, über die Schwächen anderer Völker ab einer gewissen Grenze nicht hinwegzusehen, sondern darauf aufmerksam zu machen. Das kann passieren, indem man sagt: "Liebe Polen, ihr habt mit 54,04% einen Staatspräsidenten gewählt, der die Todesstrafe wieder einführen will und extrem homophobe Politik macht, seid ihr gestört? Dringende Bitte um Korrektur!" Das kann aber auch passieren, indem man die Engländer im Allgemeinen und die Swindoner im Besonderen für ihren Magic Roundabout auslacht, am besten mit den Worten "Hitler wäre stolz auf Euren Grosskreisverkehr!" Dieses Lachen hat dann eben nichts mit Nationalismus zu tun, sondern mit einer Art globalem Zivilisationsausgleich. Nebenbei gesagt wäre ich sehr froh, wenn Deutschland endlich mal für seine erbärmlich mut- und linienlose Innenpolitik ausgelacht würde.


18.05.2006 | 15:42 | Berlin | Anderswo | Fakten und Figuren

Modern Talking Cities


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Die Entwicklung des Mai vom Wonnemonat zum Designmonat ist schon deshalb begrüssenswert, weil Ganzjahreswonne derzeit State of the Art ist. Aber auch sonst. Viele Menschen denken ja, "Design und Architektur, das interessiert mich nicht, ich wohne eh lieber im Altbau". Wie wichtig aber die Auseinandersetzung mit den politischen Aspekten von Design, Architektur und Stadtplanung ist, merkt man, wenn man im Flughafen Tempelhof steht und sich bei dem Gedanken ertappt: "Schade, dass die Grosse Halle des Volkes nie gebaut wurde". Mit ungefähr diesem Thema beschäftigt sich die Ausstellung "Talking Cities – The Micropolitics of Urban Space", die vom 26. August bis 3. Dezember diesen Jahres im Zollverein Essen stattfindet. Warum dann jetzt drauf hinweisen, fragt der interessierte Leser zu Recht. Weil heute in Form eines Magazins, bzw. vielmehr Buchs Texte und Bilder zur Ausstellung erschienen sind. Der auf der Seite genannte Preis von 1.995,00 Dollar ist nicht ganz korrekt, es kostet vielmehr 14,90 Euro. Darin werden Dinge erklärt wie "Guerilla Architecture" und natürlich die Frage beantwortet: Was sagt die sprechende Stadt eigentlich?

(Heute abend bis 24 Uhr Talking Cities Lounge im Urban Drift Project Space, Budapester Strasse 48, 10787 Berlin, Eintritt kostenlos)


16.05.2006 | 14:16 | Anderswo | Alles wird schlechter

Hi, ich bin's nur


Von diesem Plakat möchte
man nicht angerufen werden,
oder vielleicht gerade doch. (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Als in den 90er Jahren das beleuchtete CityLight-Plakat die Innenstädte endgültig erobert hatte, verursachte Anna Nicole Smith auf der Urmutter aller H&M-Plakate vermutlich mehr Verkehrsunfälle als irgendjemand anderes vor ihr. Gegen eine neue Generation von Plakaten wird ihr Werbestern jedoch sicher verblassen. Denn in Paris werden demnächst Plakate erprobt, die Passanten auf ihrem Handy anrufen (gesehen bei Technovelgy). Zwar müssen diejenigen, die in den Genuss eines Plakatanrufs kommen möchten, ihr Einverständnis geben und eine Software herunterladen. Der nächste Schritt ist aber leicht zu erraten: Handy mit Werbung für lau, Handy ohne Werbung für unlau – das fühlt sich unlauter an. Natürlich kann das Plakat einem auch kleine Videos schicken, SMS sowieso oder Coupons, mit denen man etwas billiger bekommt, was man im Zweifel nicht mal geschenkt haben möchte. Trotzdem oder vielmehr deshalb betonen die Verantwortlichen der Firma JCDecaux, man müsse "sehr behutsam sein, damit der User nur die Werbung bekommt, die ihn interessiert". Angesichts der grossartigen Erfolge der interessegesteuerten Filtertechnik in den meisten anderen Medienkanälen sind wir zuversichtlich, dass auch Plakatanrufe in der Zukunft nur das bringen, was man wirklich möchte, also Penisvergrösserung. Das allerdings hatte Anna Nicole Smith auch schon geschafft, auf eine Art.


15.05.2006 | 11:09 | Alles wird schlechter | Sachen kaufen

The end of the w.c. as we know it


Die häufigste Frage steht nicht in den FAQ: Warum? (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Die Riesenmaschine kämpft nebenberuflich gegen Kulturpessimismus. Nichts ist ermüdender als eine Beschwerde ohne Grund und nichts zerstört die Wirkung echter Kritik nachhaltiger als eine Kaskade Belanglosigkeiten im kritischen Gewand. Wer sagt, dass alles immer schlechter wird, sollte zur Strafe die 80er nochmal erleben müssen. Die Riesenmaschine kämpft auch gegen Fortschrittsfeindlichkeit. Fortschritt bedeutet Freiheit. Wer "mehr Fortschritt" mit "mehr Atomkraftwerke" verwechselt, ist doof. Die korrekte Haltung gegenüber dem Fortschritt ist kritisch-distanzierte Begeisterung. Wer sagt, dass früher alles besser war, sollte seine Jeans von Hand waschen müssen.

Leider fallen diese schön am Kneipentisch ausgedachten Grundsätzlichkeiten für Stunden und Stunden in sich zusammen, wenn man unvorbereitet mit dem Neorest von Toto konfrontiert wird (via). Es handelt sich dabei um ein HighTech-Klo mit Fernbedienung mit LCD-Display, patentierter Cyclone-Spülung, stufenlos verstellbarer Sitzheizung, Öffnungsautomatik mit Bewegungsmelder und einem ausfahrbaren Spritzdüsenstab. Wir wollten nie ein Klo mit Resetknopf. Es ist wahrscheinlich das einzige Elektroklo auf der Welt mit einem 360°-Quicktime-Film auf der Website. Wie soll man so den Menschen den Fortschritt schmackhaft machen. Es gibt keinen stärkeren Keil als den vom eigenen Holz.


13.05.2006 | 17:45 | Anderswo | Alles wird besser | Was fehlt

Fermate der Formate


Kann links wie rechts: SPH B-3100 (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Was hat uns die fehlende Weitsicht vergangener Generationen alles beschert! Von Wildwest- bis Nahostkonflikt ruht jedes anderthalbte Weltproblem auf den ehernen Säulen der Fehleinschätzung unserer Vorväter und -mütter, ganz zu schweigen von der Sache mit dem Apfel von ganz früher. Aber auch die Existenz hunderter verschiedener Daten- und Medienformate – wo doch der Formatmarkt einer der wenigen ist, wo Vielfalt nervt. Vielleicht hätte die Menschheit häufiger Denkpausen einlegen sollen, bevor sie Format um Format in die Welt blies. Als das Fernsehen erfunden wurde, legte man aus heute niemanden mehr interessierenden Vakuumröhrengründen ein Seitenverhältnis von 4:3 fest, ohne auch nur einen Moment an die kaum 80 Jahre später existierende Generation Triple Play zu denken, die nämlich mit Handy-Hochkantbildschirmen zurechtkommen muss. Wären hier von Anfang an Nägel mit Köpfen gemacht worden, würde man heute wie selbstverständlich Hochkantfernseher nutzen, ganz klar eine Gewöhnungssache.

Um diesen Fehler notdürftig auszubügeln, hat sich die Firma Samsung eine Konstruktion ausgedacht, die wir bei der an Unübersichtlichkeit und Werbezupflasterung kaum zu überbietenden Seite Slashphone entdeckten. Die Bildschirmbefestigung lebt von leichten Anleihen an eine Mischung aus kybernetischem Kreiselkompass und Kardanwelle und sieht zwar nicht so stabil aus, kann aber dafür zwischen Hochkant und 4:3-Format hin und her schalten. Das bisher nur in Korea erhältliche Gerät kann sonst eigentlich alles das, was man von einer bemannten Raumstation auch erwartet, und lässt eigentlich nur die Frage offen, wann das uns Powerkonsumenten inzwischen langweilig gewordene Quadruple Play endlich zum neuen, tollen Quintuple Play aufgepimpt wird.


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