Riesenmaschine

23.02.2006 | 10:39 | Alles wird besser | Sachen kaufen

Body Shop


Unbeholfen freigestellt, aber riecht göttlich (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Haben wir nicht alle zu Zeiten unserer Frühadoleszenz unsere damalige, mehr umwelt- als selbstbewusste Freundin aus Versehen in den Body Shop begleitet und sind angesichts der Geruchsfront stets kurz der Überzeugung gewesen, wir hätten unseren Kopf in das falsche Ende eines Moschusochsen auf Lavendeldiät gesteckt? Hatten wir nicht tiefsitzende Vorurteile gegen den Body Shop, dieser dunkelgrüne Verkörperungskonzern der Studienrätin mit Katzenfimmel und sechs verschiedenen Fusselbürsten?
Nun aber fallen mit einem Schlag alle Vorurteile und Urteile von uns ab, denn wir haben das erste Mal mit Body Shop Mango & Pfirsich Duschbad geduscht, aus der Not heraus – und Gott war mit unter der Brause, stieg in die Nase als Duft und streichelte die Haut als Crème. Dagegen riecht die komplette Fructis-Serie wie mehrfach erbrochener Fensterkitt. Amen.


20.02.2006 | 13:02 | Fakten und Figuren | Essen und Essenzielles

Pilzpolemik

Pilze sind auch nur Menschen und teilen sich als solche in Gewinner und Verlierer. Es kommt immer darauf an, wie man sich verkauft. Besonders deutlich erkennt man das an zwei Musterbeispielen, Shiitake und Mu Err. Beide haben ursprünglich fast identische Ausgangsbedingungen, sie sind asiatischküchige Pilze, die unter Kennern für ihr pilziges Aroma bei zurückhaltendem Eigengeschmack gelobt werden. Beide wachsen an Bäumen. Der Shiitakepilz aber ist ein cooler Selbstdarsteller, der schnell die Regeln des europäischen Marketing durchschaute und seinen Namen klug gewählt hat. Denn ein japanischer Klang im Namen garantiert fast automatisch die Zuordnung zum Premiumsegment eines Konsumguts, Sushi, Muji und Issey Miyake haben es vorgemacht. Der Mu Err Pilz dagegen verschaffte sich offenbar ohne Kenntnis der speziellen Geschichte Deutschlands hier zunächst unter dem äusserst ungeschickten Namen "Judasohr" Marktgehör. Als über diese Namenswahl Gras gewachsen war, entschied man sich bei Mu Errs, den chinesischen Namen Mu Err (dt. Holzohr) auch auf dem mitteleuropäischen Markt beizubehalten. Ein fataler Fehler, denn inzwischen war der unfassbar widerwärtig schmeckende Schlankheitstee Pu Err in den begrenzten Markt der mit "-u Err" endenden Produkte eingedrungen und beherrschte diesen. Negativer Image- und damit Geschmackstransfer blieb nicht aus.

Auch die Gestaltung des eigentlichen Pilzes gelang Shiitake hervorragend. Viel pilzhafter als ein schöner, einzelner Shiitake kann pilz nicht aussehen, die zugkräftige Nahrungsmittelexotik sei im Namen ausreichend transportiert, fand man im Hause Shiitake zu Recht. Wie sehr stösst einem dagegen die ausgesprochene Durchfallhaftigkeit des Mu Err Pilzes auf, nein, appetitanregendes Fooddesign ist im Hause Mu Err ein Fremdwort.

Und so verwundert es kaum, dass der Markt klar aufgeteilt ist. Shiitake, der sich geschickterweise in Asien als "Heilpilz" verehren lässt, ist im günstigen Fall für 9,00 Euro je 100 Gramm zu haben, Mu Err nimmt 9,50 Euro – für 500 Gramm. Und das, obwohl Mu Err letztlich eine wesentlich breitere Marktdurchdringung und damit Nachfrage vorweisen kann. Denn der undefinierbare Glibber, der in wirklich jedem chinesischem Billiggericht ist – genau das ist Freund Mu Err.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Heute: Pilztag in der Riesenmaschine!


19.02.2006 | 18:01 | Essen und Essenzielles | Vermutungen über die Welt

Die Schnellkartoffel


Die Dummen leben von ihrer Arbeit,
die Klugen leben von den Dummen (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Sie werden gewettet haben. Sie werden sich bei einem Single Malt getroffen haben und gesagt haben "Sieh sie dir doch an! Sie sind dumm wie Brot! Sie kaufen alles für jeden Preis, wenn man es nur richtig verkauft!" Und obwohl keiner dagegen gewettet haben wird, haben sie es trotzdem nachprüfen wollen. Lange werden sie nicht nachgedacht haben, sondern gleich die zweitdämlichste Idee verwirklicht haben. "Wir verkaufen einzelne Kartoffeln für den fünffachen Kilopreis, indem wir sie einzeln in Folie einwickeln!" – "Und der Mehrwert?" wird einer gefragt haben, eher symbolisch, um den anderen sein teures St.-Gallen-Studium in Erinnerung zu rufen. "Scheiss auf den Mehrwert, den soll die Agentur erfinden."

"Pommfix, die leckere Mikrowellen-Kartoffel – einfach und schnell! Einfach in der Folie garen! Bei 600 Watt in der Mikrowelle fertig in: 1 Pommfix = 7-8 Min. 2 Pommfix = 10-11 Min." (0,99 Euro, gesehen bei MiniMal Berlin Ostbahnhof)


15.02.2006 | 20:07 | Sachen kaufen

Von Tellern und Sammlern


Endlich mal ein King-Size Teller (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Die bekanntesten Teller der Welt sind sicher Edward und Jürgen Teller. Eine vollkommen andere Sache dagegen sind Sammelteller, es handelt sich nämlich um eine komplizierte Spezialwelt, ganz anders als zum Beispiel die Spezialwelt der hessischen Faunisten, die mit Hilfe ihres Ehrencodex schnell einzuordnen ist. Nein, Sammelteller und ihre Tellersammler sind etwas ganz Besonderes, das merkt man schon daran, dass sie eine internationale Organisation haben, eine clevere Mischung aus Börse, Bewertungsinstanz und Tellershop, die Bradford Exchange. Dort gibt man unter anderem einen Index heraus, den BRADEX, der ganz, ganz ungefähr vergleichbar mit dem DAX den Wert bestimmter Sammelteller angibt. Nanu, Tellerhersteller, Tellerbewerter, Tellervermittler und Tellerverkäufer in einem – ist das nicht Sammeltellerfaschismus? Wo bleibt hier die Tellergewaltenteilung?

So werden sicher viele Menschen fragen, aber ganz ehrlich, wenn etwas so wunderbares wie der 1973-Aloha-Hawaii Elvis-Sammelteller (ohne Tellerständer) auf der Abbildung herauskommt, kann das ganze Sammeltellerkonstrukt wohl kaum böse sein. Der Elvisteller (ach, hätte Edward Teller seinen Sohn doch Elvis oder wenigstens Sam L. genannt, ungeahnte Vermarktungsmöglichkeiten ergäben sich!) hat übrigens eine Reihe Vorteile, es gibt zum Beispiel nur 95 Brenntage, es ist also eine Limited Edition, ausserdem ist es möglich, an einem Subskriptions-Plan teilzunehmen und so bei den zukünftigen Modellen keinesfalls das Sammeln zu vergessen. Und das wäre bei einer derart famosen Elvisteller-Serie auch dramatisch: Auf "1973 Aloha Hawaii" (Abb., ohne Ständer) folgen "The Vegas Legend", "The Superstar", "The Spirit", "The Phoenix", "The Dream", "The Vision" und "The Encore". Strong buy!


14.02.2006 | 11:23 | Anderswo | Sachen kaufen

Sperrmüll Identity


Kreditkarte nicht im Lieferumfang enthalten (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Leider lässt sich Arnold Toynbees Zitat "Den Charakter einer Nation erkennt man daran, wie sie Auto fährt" nicht googeln. Es wäre ein schöner Einstieg gewesen, dieses Zitat als vollkommen irrelevant hinzustellen und stattdessen zu behaupten, dass man den Charakter einer Nation an ihrem Sperrmüll erkennt. In einer kurzen, strohfeuerartigen Phase wurde im letzten Jahr die ungeheure Anzahl der Wäscheständerwracks in Berlin auf Flickr dokumentiert. Die Bedeutung für die Nation ist so klar, dass man sie nicht mehr erklären muss, es hat mit Schmutzwäsche von früher und schlecht funktionierenden Ständern zu tun, wie eigentlich alles in Deutschland. Die Schweiz hingegen hat nationalcharakterlich an ganz anderen Themen zu knabbern und das auch noch nicht mal mit den eigenen Goldzähnchen.
Im Haushalt stapeln sich die Kreditkartenlesegeräte; bei jedem Geburtstag kommen ("woher wusstest du!") zwei neue hinzu, und damit das Bad begehbar bleibt, müssen halt ab und zu ein paar Sack Geld, ein, zwei Tresore und der "Bartizan" vom Vorjahr heimlich nachts auf die Strasse geworfen werden. Und so sieht man in Zürich in den zwanzig Minuten, bevor die Strassenreinigung alles wieder wegfeudelt, nachts ausgesetzte Kreditkartenratschgeräte am Wegesrand. Zu Recht sagt man: In Zürich liegt das Giralgeld auf der Strasse.


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