Riesenmaschine

19.12.2005 | 00:38 | Vermutungen über die Welt

Körperteile loswerden


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Nachdem sich die BIIDler in letzter Zeit verstärkt in die Debattenöffentlichkeit drängen mit ihrem Wunsch, sich vorsätzlich zu verstümmeln, damit ihr Sehnen zurecht als "angeborene Kondition" anerkannt wird, Bodybuilder hingegen zu Unrecht noch nicht als suchtkranke Narren eingestuft werden, taucht jetzt wieder saisonalbedingt verstärkt ein Zwitter zwischen beiden auf, der Short Track Läufer. Dieser Sport zählt, vergleichbar mit dem schieren Terror des Eisspeedway zweifellos zu den brutalsten, rasantesten, und gleichzeitig graziösesten; die Läufer müssen schnittdichte Unterwäsche, Handschuhe und Rollkragen tragen, weil die Verletzungsgefahr durch die messerscharfen Kufen so gross ist, ihre Füsse sind in den Kurven der enormen Kraft von 1500 Kilopond ausgesetzt, und deshalb ist bei den Profis ein Bein asymmetrisch dicker und das andere, abstossende, dünner ausgeprägt, was aber keine Auswirkungen auf die Eleganz des Ganzen hat, solange sie nicht gehen, sondern gleiten, und dabei kaum mehr Lärm machen als das Rascheln einer Libelle bei ihrem Knisterflug. Wie man eines seiner Gliedmassen auch anders verlieren kann, zeigt der Yogi, der irgendwo im Himalaya sitzt und seit sechzehn Jahren seinen mittlerweile vollkommen schwarzen, verdorrten Arm in die Höhe hält, was in diesem entsetzlich hohlen und eitlen Buch beschrieben wird.

Tex Rubinowitz | Dauerhafter Link


17.12.2005 | 18:22 | Anderswo | Alles wird schlechter

Das Waldemar Massaker


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Nachdem dem türkischen Schriftsteller Orhan Parmuk momentan der Prozess gemacht wird, weil er das türkische Volk verunglimpft hat, indem er an das Massaker an den Kurden und Armeniern erinnerte, erinnern wir uns an einen anderen ca. neun Jahre zurückliegenden Fall von Volksverunglimpfung, als nämlich der Kärntner Lokalpolitiker Jörg Haider, mühsam seinen Neid unterdrückend, dem damaligen österreichischen Bundeskanzler Franz Vranitzky vorwarf, er sei "der Weltmeister im Belügen der Österreicher". Der deutsche Dramatiker Max Goldt setzte noch eins drauf, indem er fragte, ob diese Meisterschaft jedes Jahr ausgeübt werden würde. Er wollte nämlich auch gerne einmal mitmachen, und proklamierte in einem offenen Brief an das Volk, dass die Jahrtausendwendenfeier erstens bereits am 1.1.1997, und zweitens nicht wie üblich auf dem Stephansplatz stattfände, weil dort die Weltmeisterschaft im Tortenheben der Frauenwahnsinnigmacher ausgetragen würde, das Jahreswechselfest würde dadurch kurzfristig in den Richard-Waldemar-Park verlegt. "Geht alle hin, denn es wird euer letztes schönes Silvester. Am 1.7.97 wird Österreich ja von Grossbritannien an China zurückgegeben".

Also direkt etwas Parkartiges hatte er ja nicht unbedingt anzubieten, unten stand die Sonderabfallannahmestelle inmitten dampfender und gärender Trennmülltonnen, gleich daneben, nur durch ein Hartlaubgestrüppensemble voneinander getrennt, eine öffentliche Pissstube, ein von einer flackernden Neonröhre beleuchteter, gekachelter, odeur-und fliegenreicher Raum. Auf den schiefen Bänken ruhten sich Drogensüchtige von den täglichen Mühen und Qualen des Tages aus. Das alles ist jetzt vom Erdboden weggefräst worden, momentan schabt man sich in Sedimente vor, die noch kein Mensch je zuvor gesehen hat, zur Zeit ist man in eine Schicht hellgrauer Tonerde vorgedrungen. Was in dieses Loch kommt, ist noch nicht ganz klar, vermutlich ein riesiges Hundeklo.

Tex Rubinowitz | Dauerhafter Link


15.12.2005 | 15:23 | Supertiere

Der Vertraute


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Wenn heute schon Zahntag ist, darf er natürlich nicht fehlen, der Hirscheber, über den 1965 Theodor Wiesengrund Adorno in einem Brief an den Frankfurter Zoodirektor Bernhard Grzimek meinte, dass er ihn vermisse, weil er zu den Vertrauten seiner Kindheit gehörte. Und auch wenn der bedeutend wichtigere Martin Schacht meint, das Schwein sei "ungelogen" das hässlichste Tier der Welt, mit "... krummen Beinen, Borsten, Hautauswüchsen, das ganze Programm, und als Krönung tückische kleine, rote Augen", nun ja, mit dem Programm kann Martin Schacht auch dienen, und gleich in sein eigenes (vermutlich meckerndes) Gelächter einfallen: "Die hässlichsten Tiere der Welt, ein tolles Konzept. Eine halbe Stunde Ablachen über die Opfer der Evolution", auch dann wollen wir vom Hirscheber lieber lernen, wenn wir uns demnächst ein Zungenpiercing, einen künstlichen Darmausgang oder eine Schädeldecke aus Silber zulegen.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Zahntag und Pastenwahn

Tex Rubinowitz | Dauerhafter Link | Kommentare (2)


14.12.2005 | 19:37 | Alles wird besser | Sachen kaufen | Zeichen und Wunder

Rolltasten


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Was haben wir uns geärgert, als die Redaktion der Riesenmaschine ihre neuen Büroräume bezog und feststellen musste, dass wir unseren Flügel nicht mitnehmen können, weil der Platz für ihn nicht vorhanden ist. Was also tun? Zuerst den alten Schimmel zu Feuerholz zerhacken natürlich, aber woher Ersatz nehmen? Denn der Bamberger Klavierbauer, der Anfang der achtziger Jahre den vertikalen Flügel erfunden hat, den gibt es nicht mehr, und einfach wieder zum quäkenden Casio zu greifen, das kam nicht in Frage, das konnte man sich rein imagemässig nicht leisten. In Frage kam dann Christopher Niemitzer, der 16 Jahre am Klagenfurter Konservatorium Klavier gelernt, aber immer bedauert hat, dass auf der Almhütte die Jungs mit der Gitarre die Abende schmissen und ihm nichts anderes übrig blieb, als dazu im Takt "blöd in die Hände zu patschen". Auf einer Elektronikmesse in Japan hat der Werbefachmann dann das Gummiklavier entdeckt. Rollo ist inzwischen zu seiner Hauptbeschäftigung geworden, weil er sich die Europavertriebsrechte sicherte. Es kostet nur schlappe 129 Euros, und Fachleute haben sich bereits wohlwollend über den astreinen Klang geäussert.
Damit nicht genug, Niemitzer hat fürs nächste Jahr bereits vor, eine andere zukunftsweisende Idee, ebenfalls aus Japan, im grossen Stil zu importieren, nämlich ein Spezialradiergummi, das keine Wischspuren mehr hinterlässt, denn handelsübliche achteckige Radierer werden bei Dauereinsatz schnell schwarz und fusseln wie ein alter Pullover.
Klimpern und Radieren, nichts anderes machen wir in der Riesenmaschine. Das ist doch hier die Situation.


12.12.2005 | 11:33 | Vermutungen über die Welt

Deppenmagneten


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In den sogenannten Produktverbesserungsabteilungen der grossen Stützen des Handels, also Tiernahrung, Schokoriegel, Klopapier usw. herrscht eine ähnlich gereizte und verzweifelte Atmosphäre voller Misstrauen, Eifersucht und unverhohlenem Abkupfern wie bei Tatort-Drehbuch- und Weblogautoren. Lange vor dem Klingenkrieg kam es auf dem Tab(letten)-Sektor ausgerechnet zwischen einem Zahnersatzreiniger und einem Geschirrspülmittel zu einem erhitzten Wettlauf, mittlerweile steht es 3:5, also Kukident Aktiv 3 und Somat 5, letztere haben einfach die vierte Phase übersprungen, Hakle könnte es ihnen gleichtun und auf die 4 vorhandenen noch 2 Lagen draufpacken und die Zahl 6 attraktiv machen. Der Waschmaschinenentkalker Calgon ist schon nach der zweiten Tabletten-Phase abgezweigt und hat via Zwischenetappen wie Gel, Aqua-Pro-Tabs, Expressballs jetzt den Magneten entdeckt, den "Calc Magnet" (Bild), eine Art kalkabsorbierendes Läppchen, und prompt reagiert eine Art Putzbürste namens Swiffer Staubmagnet. Dass das nicht das Ende der Fahnenstange ist, kann sich jeder ausrechnen, die einen werden mitziehen, magnetisches Klopapier liegt auf der Hand, andere werden sich einer anderen Karawane anschliessen, mit der sie weiterziehen können, es bleibt auf jeden Fall ebenso unspannend wie die Frage, wie man eigentlich die Calc-Magnet-Läppchen entkalkt, können sie sich gegenseitig entkalken?

Tex Rubinowitz | Dauerhafter Link | Kommentare (1)


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