Riesenmaschine

05.03.2006 | 02:46 | Anderswo | Alles wird besser

Peer-to-peer-Globalisierung

Ein merkliches Anzeichen der fortschreitenden Globalisierung ist, dass der tägliche Spam ("Müll und Wurfsendungen in elektronischer Form", wie die Bundesregierung auf ihrer frisch freigeschalteten "Internet für Doofe"-Site mit dieser merkwürdigen Adresse erläutert) aus immer neuen Weltregionen im heimischen Postkasten eintrifft, und dabei immer vielschichtigere Formen annimmt. Wie der Spiegel letztes Jahr berichtete, ist die avancierte Internet-Betrügerei in Nigeria bereits zum drittgrössten Devisenbeschaffer geworden, in der Weltzentrale Lagos ist um das "Storylining", das Ausdenken und Ausschmücken der psychologisch diffizilen mehrstufigen Betrugs-Inszenierungen ein boomender Kreativsektor entstanden, der jungen Menschen mit viel Phantasie und leidlichen Fremdsprachenkenntnissen eine überdurchschnittliche Berufsperspektive bietet. Ein Gutteil der hier grafisch veranschaulichten Datenströme zwischen schwarzem Kontinent und Rest der Welt dürfte mittlerweile auf das Konto dieses neuen Zweigs der Unterhaltungsindustrie gehen.


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)

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Immer mehr kalte Kontaktaufnahmeversuche erreichen uns in jüngster Zeit aus China, wo die allgemeine wirtschaftliche Aufbruchsstimmung eine spontan organisierte Form des Peer-to-peer-Aussenhandels hervorgebracht hat, die nach der Methode "Schrotgewehr" funktioniert. So schreibt uns heute etwa ein Mensch mit dem Absender "Your friend: Tang Weigang" unter dem Betreff "Der Oelgemaeldespartner aus China", dass er 1997 in Deutschland war, um dort Bierbrauen zu lernen, und es für "das schönste Land der Welt hält". Dann weist er uns höflich auf seinen professionell gestalteten Webshop für customized Ölgemälde hin, der die geballte Schaffenskraft der Künstlerkolonie Putian bündelt und in den Dienst der Weltgesellschaft stellt. Im Gegensatz zu dem üblichen Müll in elektronischer Form, der uns aus der dekadenten westlichen Welt erreicht und meist um die Vergrösserung von Körperteilen und die Verbesserung der sexuellen Performanz kreist, begrüssen wir diese Form der höflichen elektronischen Postwurfsendung ausdrücklich, geben den Hinweis gern weiter und werden in Gesprächen mit Herrn Weigang die Möglichkeit ausloten, den Bildteil der Riesenmaschine auf handgemalte Ölbilder umzustellen.


04.03.2006 | 17:20 | Alles wird besser | Fakten und Figuren

iPod jetzt auch in nützlich


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)

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Der iPod ist ein hübsches Gerät, doch leider völlig uninteressant, wenn man sich nicht für Musik oder das gesprochene Wort interessiert. Lange kam der iPod-Kauf daher für weite Teile der Bevölkerung nicht in Frage. Jetzt ist mit Hilfe von Robert Bamlers kostenloser Wikipedia auf dem iPod endlich ein sinnvoller Einsatzzweck für das sympathische Plastikding gefunden: Unnütze Fakten müssen für den mobilen Einsatz nicht mehr auswendig gelernt werden, der Kopf ist frei für neue Ideen und Themen wie "Irland grösser als Island? Deine Mutter!" dominieren nicht länger das Kneipengespräch. Der Abschied vom Faktenwissen, der sich schon seit einiger Zeit ankündigt, ist damit endgültig vollzogen; das Abitur nach vier Jahren rückt in greifbare Nähe.


01.03.2006 | 19:10 | Anderswo | Alles wird besser

Endlich kommt's raus: Alles erfunden


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Während bei uns die Jugend noch immer auf der Suche nach einem weiteren sogenannten Superstar verschwendet wird, während Heidi Klum und ihre Kandidatinnen offenen Schmollmundes über das Laufen an und für sich sinnieren, bringt der amerikanische Sender ABC, möglicherweise inspiriert von der Riesenmaschine, nun endlich Castings, Fortschritt und Geektum zugleich auf den Bildschirm: am 16. März läuft die erste und extralange "Episode 101" von American Inventor "von den Machern von American Idol". In Aussicht gestellt werden Erfindungen vom Format eines Rubik's Cube oder des George Foreman Grill (auch ohne USB-Anschluss erhältlich), ja, sogar des Post-its. Dieter Bohlens Platz und Funktion wird bei diesem viel versprechenden Sendekonzept von Doug Hall eingenommen, der in Sachen Selbstvermarktung und Gesangsstimme vermutlich etwa doppelt so "viel" "drauf" "hat" wie der Musikproduzent.

Wenn American Inventor auch nur annähernd so ablaufen sollte wie die inzwischen bekannten Casting-Shows, kann man sich schon jetzt auf innovatives Gezicke und hysterisch kreischende Nerds freuen. Vor allem aber auf die glamourösen Mottoshows mit den obligatorischen Komplimenten für den adäquat gewählten Kapuzenpulli und die richtige Wahl der Holzschrauben. Da können sich althergebrachte Idole wie die American Gladiators warm anziehen, was ohnehin eine ziemlich gute Idee wäre.

Gleichzeitig bleibt natürlich die Furcht davor, dass eine deutsche Version im ZDF mit Joachim Bublath als Head of Jury folgen könnte. Oh weh.

Ira Struebel | Dauerhafter Link


01.03.2006 | 13:16 | Anderswo | Alles wird besser | Zeichen und Wunder

The Writing on the Wall (is the wall)


Chinesische Mauer

Auch die chinesische Mauer
Es war irgendwann in den Siebzigern, als man sich in Japan vom belächelten Kopierkatzentum verabschiedete und anfing mit echten, eigenen Innovationen die Märkte dieses Planeten zu erobern. Ängstlich wartet seitdem die Welt (Daimler-Chrysler, Sony, die Firma von Herrn Gates) darauf, dass in China ähnliches passiert. Mit nebenstehendem Bauzaun kündigt sich jetzt dieser Wechsel an. Seit ein paar Wochen schützt er eine von rund zwei Millionen Baustellen in Peking. Zwar erinnert die Konstruktion (zwei Schichten herkömmliches Moniereisengeflecht, dazwischen grosse Flusskiesel geschüttet) entfernt an Skulpturen Walter de Marias oder einige Bauten der Schweizer Architekten Herzog & de Meuron (die zufällig, aber ganz anders auch das im Bau befindliche Olympiastadion in Peking entworfen haben), scheint aber dennoch einzigartig zu sein. Der Zaun, der als Zusatzfeature integrierte Sitzgelegenheiten aufweist, macht sich nicht nur gut im Strassenbild. Er ist zudem gegen Schmierakel (sog. Street Art) weitgehend resistent. Das ist zu begrüssen. Andererseits: Sollte er sich weltweit durchsetzen, wird man erstens hier in China die eine oder andere erratische Bauzaunwerbung vermissen (z.B. "Embrace the World on Twenty-three Summit of Kunlun"), und werden zweitens nach Öl, Stahl und Schokolade auch global die Wackersteine knapp. Riesenmaschine-Tipp: Wer einen Keller hat oder ein zu grosses Schlafzimmer, der kaufe auf und lagere schon mal ein.

Christian Y. Schmidt | Dauerhafter Link | Kommentare (1)


27.02.2006 | 17:55 | Alles wird besser | Sachen anziehen

These Kuntz!


Die WM mit Würde tragen: So geht's (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Dass König Fussball, dieser finstere Tyrann, sein dunkles Reich in diesen Tagen auf alle Bereiche des Lebens ausweitet, ach, man muss es jeden Tag mit ansehen. Gar Fürchterliches entlockt er den Werbern und Standortmarktschreiern, Tippkick-Sets unter der Überschrift Für Spielmacher, den – mit Recht – fast vergessenen FC Deutschland 06 und die (mein Gott, ja, tatsächlich rührselige) Schönste Fankurve Deutschlands.

Doch nicht alles, was sich an der populistischen Suppe des Fussballs nährt, muss auch deren mässigen bis ärgerlichen Beigeschmack haben. Aus dem Umfeld von 11Freunde, dem Magazin für Fussballfans mit Seidenschals, kommt dieser Tage ein hübsches T-Shirt, das gekonnt mit dem Vokabular der Popkultur jongliert und eine Überschrift des schottischen Sunday Herald von 2003 kongenial umsetzt: Never Mind The Ballacks. Fast so gehässig, jedoch deutlich distinguierter als die Idee der englischen Band "Lightning Seeds", die für ihr Video zu "Football's Coming Home" seinerzeit sämtliche deutsche Fans in "Kuntz"-Trikots zeigte.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Alles, was der Ball ist


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