Riesenmaschine

15.01.2006 | 19:10 | Anderswo | Alles wird besser | Zeichen und Wunder | Vermutungen über die Welt

Gravity is (not) a crime

Noch ein Korrigendum: Graffiti oder Street Art pour le Street Art sucht man in Vietnam doch nicht ganz so vergebens, wie neulich mal an dieser Stelle in den virtuellen Raum gestellt.
Allerdings steckt die Bewegung noch ziemlich in den Lauflern-Sneakern. Das zeigen diese Fotos, aufgenommen an der Strassenkreuzung Le Duan / Le Loi in Danang, wo Sprayer an einer Schulmauer gleich mehrere sog. Tags hinterlassen haben. Dass die vermutlich vietnamesischen Urheber sich aber durchaus bemühen, Anschluss ans Graffiti-Weltniveau zu finden, ist daran zu ersehen, dass sie versuchen, ihre Botschaften in Englisch zu formulieren; der Sprache, mit der man bekanntermassen in Vietnam seine Schwierigkeiten hat.

So wollte auf Abbildung Nummer zwei offenbar jemand die weltweit übliche, rhetorische Sprüher-Frage: "Is Graffiti a Crime?" (Antwort immer: "Nö, is Kunst!") auf den gelben Putz bringen, war sich dann aber mitten in der Nacht seiner Orthographie nicht mehr so sicher. Beim Nachkucken im Wörterbuch kam dann die Polizei.

Origineller wäre es natürlich, hätte der Urheber – wie das verloren dastehende "Y" suggerieren könnte – seine vietnamesischen Mitbürger tatsächlich fragen wollen: "Gravity is crime?" Nein, antwortet ihm die Riesenmaschine, ist es nicht, es ist ein Naturgesetz, hm, andererseits natürlich schon. Wenn auch bisweilen ganz nützlich, ist Schwerkraft letztlich nichts anderes als eine Riesensauerei.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Vietnam I: Street Art goes Yellow Pages

Christian Y. Schmidt | Dauerhafter Link | Kommentare (1)


15.01.2006 | 13:26 | Nachtleuchtendes | Alles wird besser | Sachen kaufen

Wicked Lasers


Laserschwert 0.9 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Eigentlich ist das EU-Handelsrecht eine tolle Sache, weil es mit seinen vielen lustigen Bestimmungen dafür sorgt, dass unser schönes Geld auch hier im Kreislauf in Europa bleibt und uns nicht etwa arme oder sogar rassisch kulturell unterlegene Länder billigere Waren verkaufen. Manchmal schlägt die EU aber leider auch über die Stränge, und dann werden iPods leiser oder Laserpointer auf ein Milliwatt Ausgangsleistung begrenzt. Das Einhundertfache und mehr leisten jedoch die Laserpointer von Wicked Lasers, mit denen man zum Beispiel Klebeband durchschneiden (mpg-Film) oder Streichhölzer entzünden und Ballons zum Platzen bringen kann (mov-Film). Natürlich ist der Strahl auch tagsüber in der Luft zu sehen, und zwar bis zu 50 Kilometer weit. Lustigerweise ist der Betrieb als normaler Laserpointer explizit verboten, jedenfalls in Seminar- und Klassenräumen. In den Zeiten kurz nach der flächendeckenden Vermarktung von Laserpointern wurde fast jede Katze von fast jedem Deppen mit einem roten Lichtpunkt gefoppt. Eine neue Deppen-Ära scheint nun beginnen zu können: Die Katzenfernentzündung per Laserpointer.

(Hinweis von Dirk Krischenowski)


13.01.2006 | 09:13 | Anderswo | Alles wird besser | Essen und Essenzielles | Vermutungen über die Welt

Supermodel-Recycling


Dieses Bild wäre fürs Verständnis des Beitrags sehr hilfreich, wir zeigen es aus Bildrechtegründen aber lieber nicht. Man findet es leicht, wenn man nach Carmen Kass j'adore sucht.
Der momentane Stand der Globalisierung lässt sich gut an diesen zwei Plakatmotiven ablesen. Das erste zeigt das estnische Supermodel Carmen Kass, als "J' adore" Girl für das gleichnamige Duftwasser des französischen Modeschöpfers Christian Dior werbend, wozu es offenbar in einer mit flüssigem Gold ("J'adore") gefüllten Badewanne hockt. Das zweite zeigt auch das estnische Supermodel Carmen Kass, in derselben Pose, nur gespiegelt. Doch dieses Mal hält sie verblüffender Weise ein Bierglas der deutschen Biermarke "Henninger" in der Hand. Auch das flüssige Gold ist geblieben, es hat sich aber offenbar über Nacht (und in einem Computer) in gar nicht mal so gut schmeckendes Henninger-Bier verwandelt.

Das erste Plakat ist leicht veraltet, denn Carmen Kass ist nicht mehr das "J'adore"-Girl. Das ist derzeit wohl das estnische Supermodel Tiiu Kuik. Das zweite Plakat hängt in einer kleinen Garküche in der vietnamesischen Hauptstadt Hanoi, die in der Duong Dai Co Viet 75 liegt, gegenüber vom Bay Mau See. Aufgehängt hat es dort offenbar die Firma Nha Mai Bia Henninger Tai Viet Nam, eine Tochterfirma der Don Xuan Alcohol Factory. Es soll den in Vietnam immer leicht misstrauischen Passanten darauf hinweisen, dass das ansonsten sehr unscheinbare Restaurant tatsächlich das in Vietnam äusserst seltene Henninger Fassbier (vietn. "Bia Henninger") ausschenkt. Bia Henninger Vietnam ist ein Joint Venture mit der deutschen Henninger Brauerei, was auch daraus hervorgeht, dass das Plakat sowohl die Adresse der vietnamesischen Niederlassung als auch die der deutschen Zentrale in Frankfurt aufführt.

Ziemlich sicher (zu 101,98%) aber wussten bis eben weder Carmen Kass noch Christian Dior von dem vietnamesisch-deutschen Supermodel-Recycling, was wieder mal zeigt, dass es mit der viel beschrieenen Globalisierung gar nicht so weit her ist. Andererseits wissen sie es leider jetzt, was auch was beweist, nämlich dass zur totalen Informationsglobalisierung die Riesenmaschine gerade noch gefehlt hat. Für das uns zustehende Infohonorar möchten sich doch bitte Frau Kass und Herr Dior mit unserer Buchhaltung (Frl. Lobo) in Verbindung setzen.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Asien Spezial: Korea & Vietnam

Christian Y. Schmidt | Dauerhafter Link | Kommentare (2)


12.01.2006 | 06:02 | Alles wird besser | Zeichen und Wunder

Notmedizin


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)

(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Einige der grössten Helden der Weltgeschichte wurden geboren, weil man fernab der Zivilisation Notoperationen an ihren offenen Leibern durchgeführte. So kennt heute jedes Kleinkind Jameson Adams, dem auf Shackletons Südpolexpedition 1908 mit einer rostigen Zange ein vereiterter Zahn gezogen wurde. Fast noch berühmter ist nur Robert Peary (Bild oben), dem man irgendwo am Polarmeer mit einer Rasierklinge etwa acht Zehen amputierte, was ihn nicht davon abhielt, ein paar Jahre später vermutlich zum Nordpol, oder jedenfalls ziemlich weit zu laufen. Ganz zu schweigen natürlich von Rogozov, der sich 1961 in der Antarktis selbst am Blinddarm operierte; und endgültig gar nicht erwähnen wollen wir Aron Ralston (Bild unten), der sich auch nur mit dem Leatherman-Tool den eingeklemmten Arm absägte.
Zeit für eine neue Legende. Keegan & Bannister beschreiben jetzt die spektakuläre Rettung von mehreren Kilo Ohrendreck. Weil der anonyme, kanadische Patient auf einer einsamen Insel sein Gehör verlor, und weder Schrotflinten noch scharfe Messer vorhanden waren, konnten die einfachen Methoden zur Beseitigung des Problems (Kopfschuss, Notschlachtung) nicht angewendet werden. Es blieb nichts anderes übrig, als sich von einem zufällig anwesenden Kind eine Art Plastikwasserpistole auszuleihen (Super Soaker Max-D 5000) und grosse Mengen Wasser ins Ohr zu spritzen, woraufhin in breitem Strahl das ganze Zeug undsoweiter – wie immer in solchen Fällen eine leicht widerwärtige Geschichte, die zum Gruseln und Schaudern Anlass gibt. Weil zuviel nervliche Anspannung nicht gut für die Gesundheit ist, sei hier verraten, dass am Ende alle überleben. Der heldenhafte Patient kündigt an, trotz des traumatischen Erlebnisses weiterhin auf Inseln herumzusitzen.

Aleks Scholz | Dauerhafter Link


11.01.2006 | 14:24 | Alles wird besser | Zeichen und Wunder | In eigener Sache

Eigenwerbung Riesenmaschine


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)


Was kaum jemand weiss: Die Riesenmaschine veranstaltet derzeit die riesigste Eigenwerbekampagne in ihrer Geschichte. Das obenstehende Banner ist auf Intro.de geschaltet und zieht von dort Schrillionen begeisterter Musikfans zur Riesenmaschine, von denen sich einige hier sogar wohnlich einrichten. Das Banner, designt und getextet von der kongenialen Gestaltungsikone Martin Baaske (der auch die komplette Maschine entwarf), nimmt auf die stark metacrossmedialen Aspekte der Riesenmaschine Bezug, indem trotz scheinbarer Bewegungslosigkeit typische Filmstaubkörnchen darauf herumblinken. Das textlich vorgetragene Eingeständnis, letztlich nichts anderes als eine Mensch/Maschine-Schnittstelle zu sein, ist eine versteckte Huldigung des Interface-Theoretikers Bill Buxton; die typologisch abgesetzte Temporal-Einschränkung "für zwischendurch" bezeichnet die Nähe zum fluffigen, aber doch nahrhaften Schokoriegel, dem Grundnahrungsmittel des aufgeklärt-intellektuell obsessiven Bürgers des 21. Jahrhunderts. Die Farben sind auch ganz schön.

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(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Die historische erste Printanzeige für ein Blog, die heute in der Jungle World auf Seite 27 erschienen ist, beinhaltet dagegen das Eingeständnis, durchaus Teil der Blogwelt mit ihren Macken und so zu sein. Nicht nur, dass hier ausschliesslich mit dem Pfund der übergrossen Selbstreferentialität gewuchert wird, nein, darüber hinaus stimmt die Aussage vielleicht auch nicht, wir haben es jedenfalls nicht ernsthaft überprüft. Da wir aber fest davon überzeugt sind, dass – egal von welchem Blog – die erste Printanzeige für ein Blog genau so hätte aussehen müssen, haben wir das nun nachgeholt. Oder eben doch als Erste gemacht, wer kann das schon sagen, Printanzeigen kann man eben nicht so richtig googeln. Diese Anzeige wird darüber hinaus gescannt werden, als Banner für die Riesenmaschine fungieren und damit ein kaum gekanntes und vielleicht auch nie gewolltes Ausmass an Metametamedialität erreichen.


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