16.04.2007 | 03:38 | Nachtleuchtendes | Alles wird besser
 Berlin vom Internet aus gesehen (13bit) (Credit: NASA/Goddard Space Flight Center)Als im April 2004 Cisco anfing, mit Internet-Routing per Satellit herumzuspielen, war es relativ klar, dass es kaum drei Jahre dauern konnte, bis das US-Militär die Technik in die Finger bekommt. Und siehe da, kaum drei Jahre später bekommt das US-Miltär die Technik in die Finger. Im Fiskalbericht des Pentagon für 2007 frugal als "New start: Satellite internet resource allocation capabilities" ausgewiesen, handelt es sich bei dem Programm nicht nur um die geschätzt dreiundachtzigste Neudefinition des Akronyms IRIS ("Internet Protocol Router in Space"), sondern ganz eindeutig auch um die glasklare Andeutung einer goldigen Zukunft. Zwar verstehen wir nichts von C-band und Ku-band und ihrer Interkonnektion, aber das macht auch nichts, denn als Resultat wird offenbar durch die Space-Router alles schneller, erst für das US-Militär, und dann, wie immer etwas später, auch für uns folgsame US-Militär-Groupies. Das kann man sich auch anschaulich erklären: Bisher funktioniert das Internet in einer gekrümmten Ebene, nämlich auf der Erdoberfläche. Lädt man das Netz ins All hoch, so bildet es in der Folge eine dreidimensionale Kugelschale rings um den Globus, und wie immer, wenn man eine Dimension zuschaltet, wird dadurch der Verkehr verbessert (andere Beispiele: zweispurige vs. einspurige Strasse, Doppelstockbetten, Mathematikolympiade dritter Preis). Wir wagen hiermit die Voraussage, dass es nur noch zwei Jahre dauern wird, bis es endlich soweit ist mit dem Kugelschalennetz. Was danach einzig noch fehlt, ist das Ausfüllen des unschönen internetlosen Bereichs im Innern der Erde. Um dagegen vorzugehen, müsste man lediglich den Planeten aushöhlen – falls das noch nicht geschehen sein sollte.
15.04.2007 | 20:02 | Berlin | Alles wird besser
 So sieht es anderswo erst in 15 Jahren aus (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Berlin, dieser stadtgewordene Schlendervogel, der arbeitslose Flaneur unter den Metropolen, der Ort, wo unsagbar viel los ist oder sogar loser, Berlin, die pure Urbanität 24/6 (montags Ruhetag). In Berlin arbeitet praktisch niemand normal, alle sind Künstler oder Webdesigner, sind dritteltags in der Verwaltung tätig oder haben einen omninösen Forschungsauftrag. Menschen mit Internetanschluss verdienen zusätzlich Geld mit Texten für Trend- und Gesellschaftsmagazine, die man aber nicht selbst schreiben muss, denn wer in einen Trendbezirk zieht (alle ausser Zehlendorf), bekommt von der Kulturbehörde drei Artikelrohlinge zugeschickt: "Underground – Nightlife in Berlin, "Underground – junge Kunst in Berlin" und "Underground – Unterschicht in Berlin", dazu gibt es eine Software, die Zufallsadjektive in den Text einpflegt, jeder tausendste Baukasten-Artikel wird als Anreiz automatisch im Spiegel veröffentlicht. Berlin ist ein glorreiches, wunderbares, sich selbst erhaltendes System des Nichtstuns und des professionellen Herumlungerns.
Aber warum leistet sich die Bundesrepublik eine so teure soziale Plastik, dort, wo andere Länder ein kräftig pochendes ökonomisches Herz haben? Weil Berlin ein Experiment zu Gestaltung der Zukunft ist. Wo Millionen Menschen beschäftigungslos jeden Tag aufeinanderprallen, ergibt sich Neues und Neustes, dort treffen veraltete Lösungen auf Probleme von morgen, und heraus kommen Dinge wie dieser Mülleimer mit Internetanschluss, an dem man seine E-Mails abrufen kann: Die Berliner Antwort auf das grösser werdende Spamproblem.
14.04.2007 | 14:25 | Anderswo | Alles wird besser | Alles wird schlechter | Sachen anziehen
 Die Brüste von MadonnaVor einem Monat wurde in Hongkong die erste H&M-Filiale Ostasiens eröffnet, was mit zwei Meter hohen Brüsten von Madonna beworben wurde, deren 'M by Madonna'-Kollektion hier zeitgleich Weltpremiere hatte. Das brachte rund 1.000 Leute auf die Beine, auch weil man den Klamotten-Discounter in Asien für eine exotische (=europäische) Nobelmarke hält. Unterstrichen wird dieser Eindruck durch die Lage des vierstöckigen Ladens: Die Queen's Road in Central ist eine der teuersten Adressen auf Hongkong Island, vergleichbar der Fifth Avenue in New York, wo H&M seit dem Jahr 2000 seinen amerikanischen Flagshipstore hat. Es standen aber auch deshalb viele Leute Schlange, weil sie dem Gerücht geglaubt hatten, Madonna käme selber. Am Ende kam nur ihr Trenchcoat. Dafür eröffnete vor zwei Tagen Ersatzmadonna Kylie Minogue persönlich den ersten H&M in Shanghai und stellte dabei ihre "H&M Loves Kylie"-Beachwear-Linie vor. Die beiden Eröffnungen sind insofern bemerkenswert, da H&M hier letztlich wieder nach Hause kommt. Vor rund 30 Jahren wurde in Hongkong das erste H&M-Produktionsbüro eröffnet, noch heute kommt 60 Prozent des H&M-Anziehzeugs aus Asien. Jetzt können endlich auch die Chinesen die Produkte kaufen, die sie Jahre lang mühselig hergestellt haben.
 Die Eier von Fred MeyerDas ist auch deshalb erfreulich, weil es energiesparend ist. Ein Teil der H&M-Klamottentonnen zumindest muss nicht mehr um den halben Globus verfrachtet werden. Andererseits kann man sicher nicht nur im Hongkonger Stadtteil Tai Koo Shing unten in der City Plaza, und zwar genau im UNY Supermarkt (eine japanische Kette), Eier kaufen, die von Fred Meyer stammen, 20 Stück für umgerechnet rund 2 Euro. Fred Meyer klingt wie der Name eines Massenmörders, ist aber nur der einer amerikanischen Supermarkt-Kette aus ursprünglich Portland, Oregon, die zu Kroger Co. gehört, dem fünftgrössten Einzelhandelskonzern der Welt. Natürlich fliegt man Freddie & Krogers Eier direkt aus den USA ein, denn auf dem langen Schiffstransport würden sie verderben. Energieverbrauchsmässig wird also insgesamt gar nichts besser. Eher bleibt es so mittel. Mal sehen, ob das auf die Dauer reicht.
14.04.2007 | 04:56 | Alles wird besser | Essen und Essenzielles
 Mehl, Zucker, Wasser, Öl (Foto: baraskit.se) Minimalismus ist der Gang der Welt. Und zwar, weil Minimalismus die vorwärtsgerichtete Kleinmachung der Welt, also eine Art post-antizipierte kopernikanische Wende darstellt, wobei man sich sicher auch andere hirnrissige Erklärungen ausdenken könnte, wenn man auf sowas steht. Jedenfalls: Minimalismus ist der Gang der Welt. Da stimmt es froh, dass uns die Russen in Schweden zeigen, wie man Minimalismus gekonnt mit dem schon oft beschworenen Untergang der Küche verbindet: Pancakes lassen sich nämlich vollkommen ohne Herd und Pfanne herstellen, alles, was man braucht – Spritzbesteck, Feuerzeug, russische Kreditkarte, Löffel, Wachtelei – hat der durchschnittlich originelle Stadtbewohner ohnehin ständig dabei. Die übersichtliche Bilderserie, die man sich wohl wird ansehen müssen, räumt nicht nur mit dem oft propagierten Vorurteil auf, Mehlspeisen "gingen nur in Lines", sondern demonstriert zudem, dass im Kleinen keinesfalls Unordnung und Chaos liegt, wie es uns manche neumodische Atomphysik beibringen möchte. Bleibt die Frage, warum man bei konsequenter Ausweitung dieser Methoden verhungern würde. Weil der menschliche Leib im Gegensatz zum Geist von Grössenwahn beherrscht wird?
13.04.2007 | 01:51 | Alles wird besser | Was fehlt
Wo nimmt man bloss die Energie her? Eine gute Frage, nicht nur, wenn man gerade einen Staat zusammenlötet, keine Ahnung von Kernspaltung hat und auch keine Kohle im Vorgarten findet. Sondern zum Beispiel auch, wenn man eine Lampe im Dunkeln betreiben will, ein Internet in Guatemala, ein künstliches Mini-Gehirn im Zeh oder eben ein simples EEG-Fernglas, wie es bald mit jedem Soldaten mitgeliefert wird. Und Prof. Wang, im Bild nicht gut zu sehen, mit 2348 Zitaten aber einer der am meisten zitierten Autoren der Welt, weiss die Antwort: Solange man keine Lust auf Staatengründung hat, liefert er die Energie einfach (naja, nicht ganz so einfach) aus einem Gewirr aus winzigen Spezialkabeln, die, wenn man sie biegt, Energie produzieren. Wackelt man nun ein wenig an diesem Piezo-Kabelsalat, so stossen ab und zu ein paar dieser verbogenen Kabel an elektrische Kontakte, und laden dabei ihre Energielast hocherfreut ab. Die Folge: Ein Strom fliesst, das Ziel allen Strebens. Prof. Wang sagt, man muss nur laufen oder Blut zirkulieren lassen oder etwas ähnlich Unerhebliches tun, und schon funktioniert es. Ein EEG-Fernglas über Nanokabelwirrwarr aus dem Strom des Blutes mit Strom zu versorgen – wie alle genialen Ideen ist auch diese total naheliegend. Und wie alle Wissenschaftler ist Prof. Wang zunächst skeptisch: "Wir müssen das Kabelwachstum besser kontrollieren." Gut gesagt, unkontrolliertes Kabelwachstum wäre in der Tat noch schlimmer als Mangel an Energie.
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IN DER RIESENMASCHINE
ORIENTIERUNG
SO GEHT'S:
- Kubischer Kanonenschlag
- Papayaschawarma
- manierlich, erfolgreich, beliebt
- Superman
SO NICHT:
- Austauschsemester in Ulm (als Österreicher)
- D-Böller
- Ananasschawarma
- Superplusman
AUTOMATISCHE KULTURKRITIK
"Train to Busan", Sang-ho Yeon (2016)
Plus: 11, 35, 79, 89, 119, 121, 148 Minus: 1, 46, 99, 140, 201, 202, 214 Gesamt: 0 Punkte
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