24.10.2006 | 12:17 | Nachtleuchtendes | Alles wird besser
 Herkömmliches Verfahren: Nostalgie pur (Foto: Yuya Tamai)Bilder vom Darminnern verströmen eine ähnliche Faszination wie der Mundgeruch von alten Hunden: Man kommt dem Tod ein deutliches Stück näher. Leider war Darm-Fernsehen bisher eine Art Pay-TV, ekelhaft aufwändig und brechreizerregend. Darum begann im Jahr 2004 eine der wenigen wahren Erfolgsgeschichten dieser Zeit, als die israelische Firma Given Imaging Ltd für die Entwicklung eines Endoskops in Pillenform mit dem Technology Innovation Award des Wall Street Journals ausgezeichnet wurde. Eine handliche Kapsel namens PillCam wird verschluckt, gleitet unbemerkt durch den kompletten Verdauungstrakt und sendet von ihrer Reise tausende widerliche Urlaubsfotos nach Hause, also nach draussen. Schon wenig später jedoch entbrannte der kapitalistische Wettbewerb um das Fernsehen von der Zersetzung: Auf der "Digestive Disease Week" 2005 in Chicago präsentiert der japanische Konkurrent Olympus eine Endoskoppille, die nicht nur über einen Propellerantrieb verfügt, sondern auch irgendwo da drinnen auf Kommando Substanzen freisetzen kann (zum Beispiel Natronlauge). Wenig später hört man davon, dass Entwickler in den USA die Kamerapille gar mit Beinen zum Herumlaufen versehen wollen. Given Imaging is not amused, schlägt aber zurück: Anlässlich der gerade laufenden "United European Gastroenterology Week" in Berlin präsentiert die Firma die dritte Auflage der PillCam, mittlerweile in Europa genehmigt und bereits gestählt in zahlreichen Grabenkämpfen mit Polypen aller Art. Wer sich eher für den eigenen Darm als für Irak interessiert, kann jetzt endlich die wichtigen Nachrichten bequem vom Sofa aus empfangen, anstatt dabei vornübergebeugt und halbnackt in einem desinfizierten Labor zu stehen, mit einem dicken schwarzen Schlauch im Maul. Ausserdem kann man die Kapsel natürlich auch an anderen feuchten dunklen Stellen hinterlegen.
24.10.2006 | 10:59 | Anderswo | Alles wird besser | Zeichen und Wunder
 Schon wieder kein WurmWie die unterhaltsame Tageszeitung China Daily in diesem Moment meldet, kroch am letzten Mittwoch ein Künstler in der grössten Stadt der Welt, Chongqing , auf allen Vieren eine belebte Strasse hinunter. Die Performance erstreckte sich über drei Kilometer, dauerte sieben Stunden und richtete sich gegen die "Anbetung des Geldes". Bedauerlicherweise handelt es bei dem Mann um einen Chinesen, und nicht um den Ahn-Künstler Erwin Wurm. Der sitzt, geht oder steht gerade in Wien und ahnt ausnahmsweise von der Sache überhaupt nichts.
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24.10.2006 | 04:42 | Anderswo | Alles wird besser | Fakten und Figuren
 Auf Zahnstein gebaut: Heidelberg Licensed by: Bayerische GesundheitsideologieGleich mehrfach verweist die Verpackung dieser chinesischen Zahnseide aus dem Hause BGG in Guangzhou auf ihren europäischen Ursprung. Einerseits trägt sie den Namen einer auf Zahnstein gebauten deutschen Stadt am Neckar; andererseits firmiert sie auch unter dem, in lateinischen Buchstaben geschriebenen, Markennamen Victoria-C Antiseptic (hier nicht im Bild); obendrein soll das Zahnputzzeug von einer Firma lizenziert sein, deren Markenzeichen ein kleines norddeutsches Fachwerkhaus ist, die aber Bayerische Gesundheitsideologie GmbH heisst und ihr Stammhaus irgendwo in Deutschland hat. Noch mal, zum Kopieren und in die Googlesuchmaske Pasten: "Bayerische Gesundheitsideologie GmbH, Germany", genau.
Das ist so bewundernswert erlogen, dass dagegen selbst die zusammenphantasierte Firmengeschichte der Schwindelschneider von Kessar Impereore verblasst. (Der Vorstand ist übrigens immer noch nicht gefasst!) Kühler wäre wohl nur einer, der aus Deutschland in die BGG-Firmenzentrale nach Guangzhou führe, um als Vorstandsmitglied von BGG Germany die dortigen Erzflunkerer einmal gründlich auf ihre bayerische, gesundheitsideologische Standfestigkeit zu prüfen, und die seit Jahren ausstehenden Lizenzgebühren kassiert. Bloss, wer macht's?
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22.10.2006 | 19:30 | Alles wird besser | Sachen kaufen
 Globale Erwärmung, lokale Beschneiung (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Sollte die Firma EEstor wider Erwarten doch nicht die Welt retten, werden wir uns halt mit der Klimaerwärmung und etwas wärmeren Wintern abfinden müssen. Wer dann seinen Gästen trotzdem vor dem Fondue ein Gläschen Glühwein im Schnee anbieten möchte, der muss halt selber für den Schnee auf der Dachterrasse sorgen. Dafür hat die Firma Büchler mit dem 'Home Snow' nun das passende Gerät auf den Markt gebracht: Eine 220V-Steckdose, ein Wasseranschluss und Temperaturen um den Nullpunkt genügen, um den Heimbedarf an Schnee zu decken. Und im dannzumal etwas längeren Sommer kann man den 'Home-Snow' zudem noch als Hochdruckreiniger für die Terrasse benutzen. So gehts doch auch.
22.10.2006 | 09:03 | Alles wird besser | Alles wird schlechter
 Anonymoppel. Haha! Ha! (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.) Das Internet ist eine schöne Sache. Es sind bunte Bilder drin und Musik, viele nackte Menschen, mehr Zahlen als ein durchschnittlicher Computer essen kann und während man in ihm surft kann man gemütliche Hauskleidung tragen und wird nicht von Haifischen gegessen, oder jedenfalls nur selten. In jüngerer Zeit hat es obendrein eine glitzernde New-Economy Fassade verpasst bekommen. Aber wie alle Kaufhäuser hat auch das Internet eine Kühlschrankrückseite aus Röhren und Schläuchen, und die sämigen Flüssigkeiten, die da gepumpt werden, sind nicht immer schön anzusehen. Üble Nachrede und Mobbing, schon im physikalischen Scheinuniversum arge Probleme, werden durch die rasanten Rückkopplung in der wirklichen Welt online zu Resonanzkatastrophen. Ein gestohlener Sidekick wird so zum Beispiel zum Anlass für eine Menschenjagd mit Tausenden von Zuschauern, über peinliche Vorkommnisse lacht nicht mehr nur das Dorf, sondern gleich die halbe Welt, und bösartige Gerüchte können, wenn sie plausibel genug verbreitet werden, Leben zerstören oder zumindest Seelenruhen beschädigen. Und das tut denen doch auch weh. Was der möglicherweise kranke Dozent aus Florida davon hält, dass Tausende feixende Linkposter sich über das Unglück seiner Vorlesung amüsieren, mag man sich lieber nicht vorstellen.
Aber andererseits, und nochmal drüber nachgedacht verleiht das Zusammenrotten Fremder zum Zwecke der Vorverurteilung anderer dem Teilnehmer natürlich ein Gefühl unbegrenzter Macht, und das ist dann wiederum ganz schön super, zumal natürlich sowohl Star-Wars Kid als auch die Floridaner Vorlesung tatsächlich lustig sind. Gelegentliche bedrückende Ausreisser, wie den vor der Obdachlosigkeit geretteten sterbenden Autor Robert Anton Wilson, die einem eher das Gefühl geben, knapp dem Elend hinter dem letzten Satz einer verklärenden Kurzbiographie – "starb verarmt und vergessen" – entgangen zu sein, muss man wohl in Kauf nehmen.
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IN DER RIESENMASCHINE
ORIENTIERUNG
SO GEHT'S:
- Ufufuyane
- Rifflechips lutschen (zur Zungenmassage)
- Kubischer Kanonenschlag
- Krautsaucen outsourcen
SO NICHT:
- Wärmeleitfähigkeit
- Problemkinder (lästig)
- alte Bücher
- D-Böller
AUTOMATISCHE KULTURKRITIK
"The Aggression Scale", Steven C. Miller (2012)
Plus: 21, 24, 33, 49, 112, 117, 123, 132, 151 Minus: 78, 99, 113, 209, 210 Gesamt: 4 Punkte
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