Riesenmaschine

07.02.2007 | 13:24 | Alles wird schlechter | Essen und Essenzielles

Brötchengeruch tötet langsam


Memento pomum (Foto: bomb_tea) (Lizenz)
Zumindest in Mäusen, Ratten und Fruchtfliegen sorgt die Reduzierung der Kalorienaufnahme für eine Verlängerung der Lebensdauer, die Contentcontainer pfiffen es einst von den Portalseiten. Für Konsumenten, die ihre Nahrungsaufnahme fortan auf das Notwendigste reduzierten um darbend der Ewigkeit ein Stück näher zu kommen, gibt es schlechte Neuigkeiten: Allein der Geruch von Futter sorgt bei Fruchtfliegen für eine Verringerung des Effektes, womit der Gang über den Wochenmarkt einem neben dem Geruch dahinschwindender Früchte in die Nase auch noch morbide Gedanken ins Hirn steckt. Tipp: Einfach in der Wohnung bleiben und eine Zigarette rauchen, das vermindert den Hunger.


02.02.2007 | 20:40 | Alles wird schlechter

Die Revolution räumt ihre Kinder auf


Von wegen Ordnung: Wenn man genauer hinsieht, erkennt man, dass die Kästen kleine Augen haben und einem die Zunge rausstrecken. (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Viele Bewohner westlicher Länder verfügen über mehr Gegenstände, aber weniger Sekundärtugenden als früher. Das führt zu unschönen Zuständen im Haushalt, und das wiederum dazu, dass IKEA sich schon seit dem 2006er Katalog von den Marketingkonzepten "schwedische Individualität" und "Wohnst du noch oder lebst du schon" gelöst und auf das gute alte Aufräumen verlegt hat.

"Ein hübsch eingerichtetes, ordentliches Bad macht gleich viel mehr Spass", hiess es da, und "Sind dann noch Papiere und Arbeitsmaterialien ordentlich in Griffweite, wird die Arbeit zu Hause zum Vergnügen." "Mit Vättern Schränken bringst du Ordnung und Schick in jedes Bad." "Ordentliche Lösungen", "Endlich Ordnung im Keller!", "Schön ordentlich", "Wir finden: Ordnung muss sein!", so teufelte das vormals liberale Möbelhaus auf seine Kinder Kunden ein und legte vor wenigen Tagen mit dem Ergänzungsheft "Alles in schönster Ordnung!" nach, das sich endgültig auf Kisten, Kästen und Kartons zum Verstauen der wuchernden Warenwelt spezialisiert. Aber es ist nicht nur die Anzahl, sondern auch die Art der neumodischen Güter, die zum Aufräumen nötigt, wie dieser IKEA-Werbespot zeigt: "Tidy up. If not for yourself, at least for the others", mahnt IKEA darin. Bitte, neokonservatives Möbelhaus aus Schweden, mal das Marketingkonzept aufräumen. Wenn nicht für dich, dann wenigstens für uns.


24.01.2007 | 12:02 | Anderswo | Alles wird schlechter | Zeichen und Wunder

So nass und so nützlich


Gleich kann es Leben retten
Es ist passiert. Nach einer Kampfabstimmung wurde das komprimierte Handtuch heute Nacht um 0:38 Pekinger Ortszeit ins Wasser geworfen. Vorher hatte eine Minderheitenfraktion ihre Einwände gegen das Experiment zu Protokoll gegeben. Es fand dann wider Erwarten keine Explosion statt, noch ass "der Teufelssamen" "uns alle" "auf" (aus dem Protokoll). Im Wasser entfaltete sich die Handtuchtablette vielmehr quälend langsam. Gegen 0:51 nahm sie die Form eines Pac Man an, etwas später wurde daraus ein zu spät abgetriebener Embryo. Schliesslich hatte der Versuchsleiter selbst Hand anzulegen. Das Endergebnis war ein 60 mal 28 Zentimeter grosses, weisses Baumwollhandtuch. Es war triefend nass, das heisst, zum Abtrocknen denkbar ungeeignet.

Damit handelt es sich beim Magischen Handtuch aber keineswegs um eine ähnlich nutzlose Erfindung wie bei der selbstleuchtenden, klebrigen Hand mit Plastikgriff, dem japanischen Heuschnupfenhut oder der CSU. Im Gegenteil. Ein nasses Handtuch braucht jeder Mensch überall und dauernd: Zum Kopfkühlen in der Wüste oder zur Abwehr von Moskitos im Regenwald, für nasse Handtuchschlachten in der Umkleidekabine oder zum Spargelaufbewahren im Kühlschrank. Als fiebersenkender Wadenwickel kann es sogar lebensrettend wirken, oder vor Mund und Nase, wenn im Haus ein Feuer ausbricht. Das sollte man allerdings etwa 15 Minuten vorher wissen, weil das Handtuch die Vorlaufzeit braucht, um seine Wunderkräfte zu entfalten.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Magic Towel Ride

Christian Y. Schmidt | Dauerhafter Link | Kommentare (6)


12.01.2007 | 11:48 | Alles wird besser | Alles wird schlechter

The official Iraqi-Strike


Michael Brake spielt Irakkrieg noch analog.
Wenn Sie, verehrter Ego-Shooter, gerade mit einem sauberen Präzisionsschuss einem Wesen, das sonst nur in Phantasien Delirkranker vorkommt, den Schädel vom Torso getrennt haben, mag dieser vielleicht ob des Unglücks den passend verärgerten Gesichtsausdruck haben – aber halten Sie doch mal inne: Ist das alles nicht ziemlich unrealistisch? Die etwaige frappante Ähnlichkeit des Ungeheuers mit dem eigenen Klassenlehrer mag zwar die Grenzen zwischen Ballerspiel und Realität bisweilen zerfliessen lassen, aber die Verzerrung der Wahrnehmung durch falsche Analogieschlüsse macht noch so feinpixelige Märchenkitschfiguren nicht echter. Zum Glück gibt es Spiele mit realistischerem Inhalt. Wer diese aber obendrein noch mit Leben und Geschichte, ja sogar Lebensgeschichten füllen will, der braucht nicht extra bis nach Stalingrad in die Vergangenheit zu schweifen, sondern kann sich gleich bei der neuen Version des offiziellen Computerspiels der US-Armee bedienen. Die ganze tagespolitische Front liegt interaktiv und in schillernden Farben vor unseren Zockerfingern. Real Heroes! Spätestens nächste Weihnachten unter den Baum, vormerken! Wer's hingegen mit den Amis aus Überzeugungsgründen nicht so hat, der muss nicht leer ausgehen, denn die Hisbollah ist selbstverständlich mit ihrem eigenen Spiel am Abzugshahn.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Softair-Kriegsbewältigung

Ruben Schneider | Dauerhafter Link | Kommentare (1)


09.01.2007 | 11:31 | Alles wird besser | Alles wird schlechter

Die Fähigkeit, um sich selbst zu trauern


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Wer hat ihn noch nicht geträumt, den Traum vom Fliegen Sterben. Wenig, was ähnliche Genugtuung verschafft, wie als Geist seiner selbst der eigenen Trauerfeier beizuwohnen. Göttlicher Moment, wo Mutter, Vater, Ex und ehemaliger Sportlehrer von Weinkrämpfen geschüttelt erkennen: Wir haben Unrechtes getan, Unrechtes getan, ja, Unrechtes getan. Drei Phasen werden für sie zu bewältigen sein: 1. Leugnung, 2. Depression, 3. Heilung. Ab Phase 3 wird es für einen als Geist seiner selbst freilich unattraktiv. Ebenfalls unattraktiv ist es aus stilistischen Gründen, mit betriebsbereitem Taschentelefon beerdigt zu werden. Das vermutlich dürfte zumindest der Geist des Belgiers Marc Marchals vor drei Jahren so empfunden haben, als die Trauerrede aus dem eigenen Sarg heraus vom Telefonklingeln unterbrochen wurde. Wenn auch die Mitscherlichs mit ihrer Unfähigkeit zu trauern auf anderes anzuspielen vorhatten, so darf wenigstens der Titel ihres Traktats in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben. Abhilfe und Übung in einem verspricht gottlob aber der Grabsteingenerator. Ungeklärt bleibt nur eines; weshalb seit etwa fünf Jahren im Journalisten-Deutsch nicht mehr gestorben, sondern fast ausschliesslich verstorben wird. Affiger Trend oder ganz neue Qualität des Wegmachens?

Bettina Andrae | Dauerhafter Link | Kommentare (8)


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