Riesenmaschine

10.10.2006 | 12:30 | Anderswo | Alles wird schlechter | Fakten und Figuren

Mao für Manuel

Die in diesen Minuten in der wenigstens sehr schönen Pekinger Agricultural Exhibition Hall zu Ende gehende Ausstellung Art Beijing war nichts weiter als ein Bluff. Von den Veranstaltern vollmundig als "Asia's most exciting contemporary art fair" angekündigt, zeigte man hauptsächlich Kunstzeugs, das sonst das ganze Jahr über in den Galerien des Pekinger Dashanzi Art District sowieso schon auf engstem Raum versammelt ist. Zu den Ladenhütern der Pekinger Galerien gesellten sich dann noch ein paar Ausstellungsstücke aus dem Ausland, wobei hier die deutschen Galeristen das grösste Kontingent stellten. Die Deutschen sind offensichtlich für den chinesischen Kunsthype am empfänglichsten, unter anderem wohl auch, weil sie ihn mitentfacht haben. Das ändert aber nichts daran, dass ein Grossteil der zeitgenössischen chinesischen Kunst der reine Kitsch ist. Das immerhin durfte man auf der Art Beijng noch einmal im Schnelldurchlauf erfahren. Immer noch dominierte hier das ironisch gebrochene Mao-Porträt, neben allerlei Postkarten-Muschi-Malerei und auf Schock getrimmten, kunsthandwerklichen Skulpturen. Ganz das Richtige für das Wohnzimmer von Manuel Andrack also, aber wohl kaum genug, um "the market guidepost for influencing the overseas and domestic art resorurces" zu werden. Oder, halt, Denkfehler ... eben gerade doch.

Christian Y. Schmidt | Dauerhafter Link


10.10.2006 | 09:05 | Alles wird schlechter | Vermutungen über die Welt

Panik im Leerlauf


Wie Computer gegen Computer, nur mit Menschen (Bildquelle) (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Jean Baudrillard schrieb 1992, das Fernsehen liefe in totaler Indifferenz gegenüber seinen eigenen Bildern, so dass es sogar weitermachen könnte, wenn der Mensch verschwunden wäre. Da dachte er noch nicht an Notebooks. Auf ihren Websites bitten Computerhersteller wie Apple nämlich seit Wochen darum, bestimmte explosionsgefährdete Sony-Akkus sofort aus den entsprechenden Laptops zu entfernen und nicht mehr zu verwenden. Das Dokument, das der von Apple gelieferten Austauschbatterie beiliegt, empfiehlt nun nicht nur das glatte Gegenteil ("Setzen Sie die auszutauschende Batterie ein"), sondern verlangt vor der Rücksendung des Altakkus die Entladung desselben mit dem eigenen Notebook. So soll wohl dem unbeabsichtigten Paketbombenversand vorgebeugt werden. Geradezu baudrillardesk erscheint die den mitgelieferten "Tipps für schnelleres Entladen" entnommene Empfehlung, alle Energiesparfunktionen des Laptops abzuschalten, eine DVD abzuspielen oder das Schachprogramm laufen zu lassen – in der Einstellung "Computer gegen Computer".

Hunderttausende Computer spielen jetzt gerade Schach gegen sich selbst, und das nur aus Angst davor, dass weltweit Pakete voller kleiner Sprengkörper in die Luft fliegen könnten. Jean, wo bist du?


03.10.2006 | 05:37 | Alles wird schlechter | Vermutungen über die Welt

Reichtum und Selbstbetrug


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Mal angenommen, eine autoritäre Instanz wie das Bundesverfassungsgericht behauptete, das Deutsche Reich bestünde fort, es würde allerdings mangels ausführender Organe nichts mehr reissen können (1973), so ermöglicht die praktische Dismembrationstheorie, die den Untergang des Überstaates durch Zerstückelung in neue Einheiten erklärt, dennoch einen ruhigen Schlaf.

Da schnellt jedoch ein Arm empor und ein Stimmlein brüllt: "Hier, ich. Ich bin das fehlende Organ. Und ich bin Präsident und Kanzler und Verkehrsminister." Diese Stimme ist nicht nur real, sondern meint es auch ernst. Bis vor einiger Zeit noch gehörte sie allein Wolfgang Ebel, der von einem Zehlendorfer Wohnzimmer aus das deutsche Reich kommissarisch betrieb. Die scheinbar restaurative Energie der Post-DDR-Phase brachte allerdings eine unübersehbare Zahl von Staatsoberhäuptern hervor, die meist ihre Legitimation und Anweisungen per Post vom alliierten Oberkommando beziehen. Das Staatsvolk besteht freilich nur aus den Regierungsmitgliedern selbst, die sich (dokumentiert vom "Lügensender ZDF")* im Nebel von Verträgen und Gesetzestexten verlieren.

Da sollte man stark hoffen, dass sich die Veranstaltung "Deutschland zu Gast in Schleswig-Holstein" (sic) nicht zu einer wüsten Klopperei entwickelt. Denn ohne einen Friedensvertrag* sind wir alle wohl noch mitten im Krieg.


*Anmerkung: Nazis und Ähnliche verlinken wir nicht. Daher hier zur eigenverantwortlichen Nutzung die URLs: http://friedensvertrag.info/cont/cms/front_content.php?idcat=423
http://friedensvertrag.info/cont/cms/front_content.php?idcatart=28&lang=1&client=1

Jan-Christoph Deinert | Dauerhafter Link | Kommentare (3)


02.10.2006 | 20:44 | Alles wird schlechter | Essen und Essenzielles

Sittenbild mit Nüssen


Sorat Hotel Berlin: ein billiger Rausch (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Dass routinierte Besucher von wissenschaftlichen Kongressen ihre Minibars plündern, beim Bezahlfernsehen über die Stränge schlagen und japanische Telefonsexnummern ausprobieren, dass offen beschilderte Tagungsteilnehmer angetrunken durch die Innenstädte ziehen, anstatt auf ihren Panels zu erscheinen, dass Vorträge entweder entfallen oder von lächerlichen Novizen gehalten werden, deren wirrer Wortsalat in leeren Auditorien verhallt – all das ist ein alter Hut. Auch die Veranstalter wissen das und fürchten um ihren dünnen Rückhalt in der Bevölkerung. Um zumindest ihre knappen Budgets vor den Eskapaden der Gastwissenschaftler zu schützen, beugen sie vor. Alkoholische Getränke, Pay-TV und auswärtige Telefonate, heisst es kalt und feierlich beim Einchecken, sind aus eigener Tasche zu bezahlen. Die roten Köpfe, wenn am Abreisetag vor den Augen von heimlichen Mitwissern absurde Rechnungsüberschüsse zu begleichen sind, gehören zum Spiel. Nur: Es bleiben Schlupflöcher, kleine abgabenfreie Oasen, die findet, wer das Knabbern liebt. Heureka!

Philipp Felsch | Dauerhafter Link | Kommentare (2)


30.09.2006 | 06:27 | Anderswo | Alles wird schlechter | Sachen anziehen

Kopfgesteuert


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Schon seit Urzeiten sind Videospiele nicht bloss auf die klassischen Steuermöglichkeiten Steuerkreuz/-knüppel plus Knöpfe beschränkt. So gab es Pistolen, Bongotrommeln, Kameras, Tanzmatten, und einiges mehr.
Bald steht allerdings ein weiterer Schritt ins Haus, die meisten werden davon schon gehört haben, Nintendo veröffentlicht demnächst die Wii (nein, nicht das hier) mit einem Controller, der aussieht wie eine Fernbedienung (und nebenbei noch einen eigenen kleinen Lautsprecher hat). Hier ist nun nicht nur das Gedrücke auf dem Controller entscheidend, sondern auch, wie man ihn in der Luft bewegt. Man schwingt beim Golf also wirklich mit dem Arm und fuchtelt beim Schwertkampf mit dem Wiimote wild vor sich in der Luft rum. Das klingt so, als würde Videospielen in Zukunft ein bisschen albern aussehen? Genau so ist es.

Aber es geht natürlich immer noch alberner: Bei einem neuen japanischen Plug&Play-Telespiel (wie gehabt via Kotaku) muss man, um Spielfigur Doraemon zu steuern, lustig mit dem Kopf hin- und herwackeln. Ein Heidenspass. Und ein zweites Spiel für diese Technologie ist auch schon in Planung: Es handelt sich um die Speed-Metal-Variante von Dance Dance Revolution.


Nominiert für die Infografik des Jahres, Kategorie Niedliches (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)


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