Riesenmaschine

10.02.2006 | 13:48 | Alles wird schlechter | Sachen kaufen

Armbanduhr: Fluch oder Fluch


Geht einmal täglich richtig (in Amerika zweimal) (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Vor dem Aussterben eines Dings produziert es meist noch rasch eine Reihe besonders schillernder Features, vergleiche etwa Dinosaurier (Übergrösse, Rückenplatten) oder Kirchen (Gotik, Barock). So verhält es sich auch mit der Armbanduhr: Eigentlich braucht man sie nicht mehr besonders dringend, da man die Taschen voller Geräte hat, die alle nebenbei die Uhrzeit kennen. Eine Uhr am Handgelenk ist noch etwas unnützer als, sagen wir, ein Barometer um den Hals oder ein Babyschnuller mit Betriebstemperaturanzeige. Trotzdem vergeht kein Tag, an dem man uns nicht in an sich vernünftigen Publikationen auf neue Armbanduhren aufmerksam macht, die alle eins gemeinsam haben: Sie sind – in Anerkennung der grundsätzlichen Nutzlosigkeit einer Armbanduhr – vollkommen unbrauchbar. Ihre binäre, hexadezimale, ungefähre, unpraktische, zeigerlose, verwirrende Mäusekino-Anzeige mit jetzt noch mehr LEDs verliert vermutlich selbst für den Besitzer ihren Reiz binnen weniger Minuten. Wer ein solches Gerät in seiner einzigen Funktion als Gesprächsanlass trägt, dem sei das deutlich preiswertere "3G"-Konzept eines bekannten Riesenmaschine-Autors ans Herz gelegt: "Gurke, Gesprächsanlass, Geschlechtsverkehr". Nebenbei hat so eine Gurke mehr Vitamine als so manche Uhr (vgl. Abbildung).


08.02.2006 | 18:54 | Alles wird schlechter

Sag mir, wo die Würmer sind


Saisonales Symbolfoto (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Es gibt Vögel, die mag man und es gibt Vögel, die mag man mehr, und dann gibt es noch Tauben, aber die nicht zu mögen, ist mittlerweile folkloristischer Konsens von Leuten, die es lustig finden, Marcel Reich-Ranicki nachzumachen und ein Titanic-Abo zu haben. Spatzen findet man ganz gut, weil man sie als allererste Kulturfolger ja immer schon kennt. Sie gehören einfach zu uns wie die Stubenfliegen und die Milbendivisionen im Kopfkissen. Und auch wenn die Bibel die Spatzen miesmacht, indem sie behauptet, sie würden ohne väterliche Hilfe auf die Erde fallen, so kann man sie doch nicht NICHT mögen, weil der Unterschied zu ihnen ein einfach zu geringer ist: Sie und ihre Nester sind relativ ungepflegt, sie lärmen gern, wälzen sich im Staub, schlafen lang und essen genau das, was wir auch essen, also in erster Linie Körner und Abfälle. Selten dreht mal ein Mensch durch und exekutiert einen von ihnen, aber das steht nicht im Entferntesten in Relation zu seinem Hinrichtungsverhalten unter seinesgleichen. Nun haben die Spatzen aber ein echtes Problem, weil sie, auch hier wieder die Parallele zum Menschen, sich und ihre Nachkommen zu einseitig ernähren. Sie finden immer weniger tierisches Protein, oder sind sie einfach nur zu faul, um Insekten und Würmer zu suchen? Und dass Würmer aus dem Internet nicht unbedingt schädlich sein müssen, ist in ihre struppigen Behausungen bis jetzt wohl noch nicht vorgedrungen.

Tex Rubinowitz | Dauerhafter Link


08.02.2006 | 04:05 | Alles wird schlechter | Was fehlt | Papierrascheln | Vermutungen über die Welt

Alles, was der Ball ist


Nie wieder witzig finden: Hauptsache Italien! (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)


Früher auf dem Pausenhof schrien die Kinder "Nachmacher, Nachmacher", wenn einer offensichtlich am Distinktionsgewinn eines anderen teilhaben wollte. Heute sind diese Nachmacher-Kinder von Beruf Werber und betiteln ihr Erfolgsprinzip mit einem schick klingenden Namen: Ambush Marketing. Klingt besser als Trittbrettfahrerei, meint aber genau das. Wer sich darunter nichts vorstellen kann, der schaue in den Briefkasten, in die Zeitungen, auf die Plakate und die Leuchtreklamen der Stadt. Am Sprung auf den Zug der Fussballeuphorie führt in diesem Jahr offenbar kein Weg vorbei. Neben dem an sich schon dämlichen Coca-Cola-Claim "It's your Heimspiel" wird auch anderer Schwachsinn dafür sorgen, dass die Werbewirtschaft boomt:
Der süddeutsche Discounter Lidl etwa umwirbt Jugendliche neuerdings mit der verführerischen Aussicht, Teil des "Lidl-Dreamteam 2006" zu werden, während der Baumarkt Obi die Fussballfans für ein WM-Special "Ooobi ist das schön" skandieren lässt. Spiegel Online hingegen fand offenbar Gefallen daran, von der "Roten Karte für vier WM-Stadien" zu fabulieren, als Sicherheitsmängel an den WM-Spielstätten bekannt wurden. Und im Neuen Deutschland wurde eine Oper über Hartz IV gar zum "Soundtrack zum sozialen Endspiel" – wie immer dieses ausgehen mag.

Demnächst, so darf man vermuten, wird Angela Merkel "den Ball weit vorlegen", wenn sie die Leitlinien ihrer Politik skizziert, werden linke Demonstranten "die Räume dichtmachen", wenn sie Naziaufmärsche vereiteln und ebenso wird von einem "traumhaften Doppelpass" die Rede sein, wenn die christdemokratische Union ihre Politik mit den Sozialdemokraten abstimmt. Man sollte die Medienschaffenden nicht zu hart angehen: Ja, im WM-Jahr muss man diese Chance einfach, eh, reinmachen.


04.02.2006 | 16:54 | Anderswo | Alles wird schlechter

Knülle Vögel


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Nachdem übertragbare Vogelkrankheiten in Kerneuropa nicht so recht zu greifen scheinen, assimilieren sich Zugvögel aus Russland wie der Seidenschwanz lieber gleich, indem sie die hiesigen krank- und totmachenden Gepflogenheiten aufgreifen, gegorenes Obst zu sich nehmen, gegen eine Fensterscheibe fliegen und an Genickbruch sterben, noch bevor die Leberzirrhose sie einholen kann. Nun sind besoffene Tiere nichts Ungewöhnliches, jeden Herbst kommt aus Skandinavien die Meldung vom beschwipsten Elch im Supermarkt. Die Biene hingegen ist so knülle, dass sie es weder schafft zu randalieren, sich umzubringen, noch nach Hause zu torkeln, sie rutscht einfach mit den Kumpels unter den Tisch. Wie aber ergeht es eigentlich dem Insekt, das sich sich ausschliesslich von faulem, vergorenen Obst ernährt, z.B. der Fruchtfliege? Kracht sie gegen die Fensterscheibe und bricht sie sich das Genick, oder bricht sie in Supermärkte ein, wird sie schweigsam, wird sie aggressiv?
Weil sie offenbar, wie Herbert Grönemeyer einst krähte "schon als Baby blau" ist, ist ihre Alkoholtoleranz so gross, dass sie, wie Tests im Inebriometer ergaben, schon beim zweiten Gelage vollkommen nüchtern blieb. Aber ist das erstrebenswert? Ist der Sinn des Betrinkens nicht das Besoffensein? Kann die Fliege auch ohne Alkohol fröhlich sein? Aber WAS macht sie dann fröhlich? Meldungen über sterbende Seidenschwänze? Sie wäre dann das erste und einzige Tier, das schadenfroh ist.

Tex Rubinowitz | Dauerhafter Link | Kommentare (2)


03.02.2006 | 15:57 | Berlin | Alles wird besser | Alles wird schlechter

BVG goes Ballermann


Ilona & Peter wünschen den Berliner Verkehrsbetrieben
viel Erfolg bei der Neugewinnung von Kunden und
den Hörern des Titels viel Freunde bei diesem "Ohrwurm". (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Wer für einen gummierten Fetzen Papier 650 Euro ausgibt, ist entweder Briefmarkensammler oder BVG-Kunde oder bescheuert, manchmal auch alles auf einmal. Wie um letzteres zu bestätigen, gibt die BVG ihren hochgeschätzten Abonnementkunden 2006 noch ein Geschenk obendrauf: einen Gutschein für eine CD mit dem BVG Abo-Song, einzulösen in jedem Servicecenter, solange der Vorrat reicht.

Der Song ist – wie nicht anders zu erwarten – absolut unterirdisch, der Text gleisbetterschütternd:

Willst du ins Hardrock-Café gehn / oder brauchst du Fitness pur
Im Revuetheater 'ne Show ansehn / ins Museum zur Kultur
Ob Grossereignis und Event / das ist ganz einerlei
Mit deinem Abo der BVG / bist du überall mit dabei

Refrain:
Da kannste fahren, sparen und noch vieles mehr
Und wenn du willst, dann steppt für dich sogar der Berliner Bär
Da kannste fahren, sparen, und was nicht jeder weiss
Du bekommst die ganze Stadt zum Sonderpreis

Musikalisch muss man sich das Ganze in etwa so vorstellen, als ob Mickie Krause eine U-Bahn von Berlin nach Arenal baut. Das durch Corporate Hymns verbreitete Grauen mag grenzenlos sein, doch da ist Licht am Ende des Tunnels: in England, wo man traditionell in praktisch allen Bereichen immer ein paar Schritte weiter ist, gibt es bereits erste Customer Hymns.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Drama Firmensongs geht weiter

Natascha Podgornik | Dauerhafter Link | Kommentare (9)


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