Riesenmaschine

01.12.2005 | 14:10 | Alles wird schlechter | Fakten und Figuren

Benutzen Sie Ihre Serviette, Sie Ferkel


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
John Waters war, ist und wird immer eine wichtige und moralische, nicht aber künstlerische, und schon gar keine massenkompatible Instanz für das amerikanische Kino sein. Sein Problem ist nämlich, dass ihm mit seiner kindlichen Freude am Bös- und Abartigen, am Dreck und Kitsch im Gegensatz zu seinem Kollegen David Lynch, der das dem Perversen immanente Unheimliche so stehenlässt und mystifiziert, bedauerlicherweise nichts anderes einfällt, als das Ganze zur Klamotte und Freakshow gerinnen zu lassen. In Dirty Shame, seinem neusten Film, stellt er ein prüdes (aha) Amerika dar, das durch einen Sexgott (Johnny Knoxville) mittels Schlägen auf den Kopf den unterdrückten Trieben freien Lauf lassen kann. Der Film ist langweilig und vorhersehbar, weil er letztlich nur noch zur reinen Fetischisten-Menagerie verkommt, zur satirischen. Zumindest kann man hin und wieder lachen, etwa wenn in einem Gottesdienst für bekennende Sexsüchtige eine kleine Dame gesteht: "Ich heisse Dora, ich bin masturbiersüchtig, und seit 2 Wochen trocken". Der Film wird es schwer haben, bei uns einen Verleih zu bekommen. Wenn man von derben Witzchen also nicht genug bekommen kann, empfiehlt sich das Ausleihen der DVD, weil im eher selbstgefälligen Bonusteil unter reichlich Gegiggel Felching (auch Braune Sahne genannt), der Plate Job (unterm Glastisch masturbieren, während oben einer die Platte poliert), das Eintopfen (eine Kotwurst im Klospülkasten verstecken) und das römische Duschen erklärt werden. Letzteres (gegenseitiges Ankotzen als Vorspiel) veranlasste die Oma in dem Film den Satz zu sagen, der in der Überschrift steht.

Tex Rubinowitz | Dauerhafter Link


30.11.2005 | 16:20 | Alles wird schlechter | Sachen kaufen

Design von Flaschen für Flaschen


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Wie kleine Kinder im Werkunterricht unweigerlich Aschenbecher töpfern, so können sich Designer dem Lockruf des originellen Weinflaschenaufbewahrungsregals nicht entziehen. Monat für Monat gehen Weinflaschenaufbewahrungsregale in Form von Puzzleteilen, halben Gummiweinflaschen, Emmentaler Käse, Feuerlöschern oder für nur eine Flasche durch die Designermedien – es ist ja nicht so, als hätten wir kein Verständnis für den Wunsch nach ostentativem Weinbesitz oder für die schwierige Lage ausgebrannter Designer, aber wir weisen noch einmal darauf hin, dass andere Alltagsobjekte ein Neudesign erheblich dringender nötig haben als ausgerechnet das Weinregal. Ausserdem kann man Weinflaschen einfach und platzsparend auf ihrer praktischen abgeflachten oder konkav geformten Seite abstellen (z.B. im Kühlschrank, im Keller oder auf dem Tisch).

Bieraufbewahrungsregale gibt es übrigens in vielen schönen Farben aus dauerhaftem, bruchfesten Polypropylen im Fachhandel schon ab drei Euro. Ohne Aufpreis kann das Bier-Regal beliebig oft gegen ein anderes Modell umgetauscht werden (z.B. farblich passend zur neuen Designerküche). Ähnlich wie auch bei neueren Weinflaschenmodellen verhindern zeitgemässe Schraub- oder Kronkorkenverschlüsse dabei, dass das Bier korkt, falls der Verschluss lagerungsbedingt etwa nicht ständig benetzt werden sollte. Nur so zur Info!


29.11.2005 | 16:42 | Alles wird schlechter

Waxed off


(Foto: oxborrow) (Lizenz)
Pat Morita, der den Spinner weisen Sonderling Miyagi in den Karate Kid-Filmen spielte, ist tot. Zwar kannten wir den Herrn nicht persönlich, aber ein paar Sekunden besinnliches Erinnern sind immer drin, zum Beispiel indem wir eine der Schlüsselszenen aus Karate Kid buchstäblich nachspielen, und Fliegen mit Esstäbchen fangen. Denn "man who catch flies with chopsticks can accomplish anything" (Miyagi).

Der vorläufige Riesenmaschine-Besinnungsrekord liegt übrigens bei 10 Fliegen.


28.11.2005 | 03:16 | Anderswo | Nachtleuchtendes | Alles wird schlechter

Strassenstrich oder "The World's Largest Timepiece"


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Ok – sie ist neu, und bei der feierlichen Eröffnung ist ein Satz gefallen, der so gut war, dass er auch aus der Riesenmaschine hätte stammen könnte: Innovation ist die Poesie unserer Zeit. Also haben wir sie uns angeschaut, die neue Weihnachtsbeleuchtung der Zürcher Bahnhofstrasse. "The World's Largest Timepiece" (wie sie von Gramazio & Kohler, den verantwortlichen Architekten, etwas grossspurig genannt wird) ersetzt die 1971 von Willi Walter und Charlotte Schmid installierte Weihnachtsbeleuchtung. Diese bestand aus einer zweieinhalb Meter hohen, aus gut 20.000 einfachen Glühbirnen gebildeten Lichtschicht, die ungefähr auf Traufhöhe die rund 1,4 km lange Bahnhofstrasse nachzeichnete. In ihre Simplizität, Abstraktion und Sinnlichkeit war sie genauso wirkungsvoll wie einleuchtend und sie schaffte den schwierigen Spagat zwischen Bedürfnisbefriedigung der Benutzer (der Weihnachtsdeppen aus aller Welt der Gäste und Kunden) und dem Anspruch der Fachwelt (Lichtplaner, Architekten) – beide Welten waren gut 30 Mal, jedes Jahr aufs Neue, begeistert. Und tatsächlich war es etwas vom Besten, wenn nicht sogar das einzig Gute, was Weihnachten zu bieten hatte, wenn man in der Adventszeit, nachts um elf, wenn die Geschenke kaufenden Weihnachtsd Kunden längst in ihre Vorstädte zurückgekehrt waren, unter dem monumentalen Lichtbaldachin zu gehen oder mit dem Velo betrunken nach Hause zu fahren.
Und jetzt also die Neue: 275 Stangen von 7 Meter Länge hängen in regelmässigen Abständen über der Strassenmitte und leuchten neonartig. Perspektivisch bietet das einigen Reiz, besondern dort, wo die Strasse leicht geknickt ist und es vermag zuweilen an Arbeiten Walter de Marias zu erinnern. In der dieser Arbeit eigenen Kühle und Klarheit könnte man sogar etwas typisch Zürcherisches entdecken und man ist im ersten Moment angenehm überrascht von so wenig Sentimentalität. So weit, so gut. Unschwer fällt aber auf, dass hier die Kunst ihr Publikum nicht finden wird. "Wenn das eine Weihnachtsbeleuchtung sein soll, bin ich ein Emmentaler Misthaufen" so der O-Ton eines Besuchers bzw. vom Fachmann vornehmer ausgedrückt: "Zwischen abstrahierender Kühle und der Erwartung festlicher Verzauberung liegen gerade in vorweihnachtlicher Gestimmtheit natürlich emotionale Hürden, die beträchtlich sind", so Guido Magnaguagno, Direktor des Jean-Tinguely-Museum in Basel und Jurymitglied des vorhergegangen Architektur-Wettbewerbs. Die Installation verweigert sich also ihrem eigentlichen Zweck, dem Erzeugen einer weihnachtlich-festlichen Stimmung. Den urbanen, kunstsinnigen Weihnachtsverächter mag dies freuen, doch es stellt sich auch ihm die Frage, welchen Sinn die ganze Aktion dann haben mag. Auch Gramazio und Kohler muss dies aufgefallen sein, also haben sie ihre Installation noch etwas aufgepimpt und dazu den 'Xmas Generator' erfunden – eine Software, die unter Berücksichtigung der Besucherfrequenz der Bahnhofstrasse und 'dem Näherrücken der Festtage' (O-Ton Gramazio & Kohler) die LEDs in den Leuchtstäben steuert und zum Beispiel eine wellenförmige Bewegung in die Leuchtstäbe zaubert. Ein Gimmick, das die Weihnachtsbeleuchtung nicht etwa besser macht, sondern sie verdächtig in die Nähe der in den angrenzenden Geschäften feilgebotenen Spielzeuge rückt – und wahrscheinlich in wenigen Jahren bereits so altbacken wirken wird, dass es fast schon rührend sein dürfte.
(Weihnachtlicher wird die ganze Chose dadurch natürlich auch nicht – deutlicher könnte eine gestalterische Bankrotterklärung kaum formuliert werden)

Bleibt die Frage, warum die alte Beleuchtung überhaupt weichen musste. Es werden Sätze vorgeschoben wie: "Als die Vereinigung Zürcher Bahnhofstrasse 1971 den Lichterbaldachin über der Bahnhofstrasse installieren liess, war sie ihrer Zeit weit voraus. Vieles hat sich seither geändert", auch das Argument der Stromersparnis wird ins Feld geführt. Tatsächlich dürfte der Grund aber in der Zurückhaltung liegen, die die alte Installation den angrenzenden Kaufhäusern aufzwang. Neben ihr konnten bunte Nikoläuse, blinkende Sterne und opulent geschmückte Tannenbäume einfach einpacken – unbeabsichtigt vielleicht der wichtigste Beitrag zur Einzigartigkeit der Zürcher Bahnhofstrasse in der Weihnachtszeit. Da sich die neue Beleuchtung auf die Mittelachse der Strasse beschränkt und sich durch die kühle Lichtfarbe vom üblichen Weihnachtstand abhebt, kann jetzt jedes Haus – wie in anderen Städten auch – ein paar Wochen im Jahr seinen Nachbarn an nuttigenm Gehabe zu übertreffen versuchen: The World's not so largest Strassenstrich of Xmas Bitches.


25.11.2005 | 21:47 | Alles wird schlechter | Sachen kaufen | Essen und Essenzielles

Ein schöner Tag in der Firma


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Als aber die Diskussion um das Dosenpfand wieder ein bisschen abgeebbt war, da warf irgendwer einen Blick ins Gesetz und sagte: "Scheff! Wenn wir in die Dose gar kein Getränk füllen, sondern irgendwas anderes, sagen wir Katzenstreu, oder Klopapier oder meinetwegen belgische Pralinen, dann kostet das gar kein Dosenpfand! Das wäre zwar kompletter Blödsinn, aber ich sag ja nur: theoretisch!" Und jemand anders schneuzte sich in ein Robbenbaby und sagte: "Die Dosen stellen wir dann total sinnlos ins Kühlregal, das wir mit Atomstrom aus der Ukraine kühlen, weil: ist ja eh schon egal!" Und schon bekamen die beiden lustig blinkende rote Leuchthörner zum Aufsetzen und die Goldene Mitarbeitergabel des Monats. Herzlichen Glückwunsch!

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Ein Plakat entsteht


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