Riesenmaschine

24.08.2007 | 22:00 | Anderswo | Nachtleuchtendes | Supertiere

Riesenmaschine auf Reisen – heute in Romanshorn


Uralt und sieht trotzdem aus wie ein Pokémon: der mocmoc in seinem natürlichen Lebensraum. Bild: Comcom
Wer als Reisender dieser Tage nach Romanshorn kommt, begegnet dort einem Rätsel. Beim Baden am See, beim Eiskaufen und in der Pizzeria hört er immer wieder vom "Slouöp", das ganze Dorf am Bodensee ist im Banne des Slouöps. Ältere Romanshorner scheinen ihn eher zu fürchten oder zu verachten, die jüngeren aber scheinen sich auf ihn zu freuen. Und es scheint, als erwarte man seine Ankunft für dieses Wochenende.

Unwillkürlich erinnert sich der Reisende an den mocmoc, jene Ente, die Romanshorn vor drei Jahren in grosse Aufregung versetzte, es zum Gespött der ganzen Schweiz machte und für kurze Zeit in den Fokus der heimischen Kunstszene rückte. Damals präsentierte das Künstlerduo Comcom der Presse im Rahmen eines ausgeklügelten Kommunikationskonzeptes eine angeblich im Gemeindearchiv entdeckte Urkunde, auf der die Legende des Mocmocs verzeichnet war. Das Fabelwesen Mocmoc sollte demnach der Gemeinde zu ihrem Namen verholfen haben, was aber in Vergessenheit geraten sei.

Der ganze Gemeinderat, die Kunstkommission und die wenigen Eingeweihten spielten das Spiel mit, die Künstler präsentierten kurz darauf das Fabelwesen als gehörnte gelbe Polyesterfigur, halb Ente, halb Fisch, mit einem Schuss Einhorn und einem nachts rot leuchtenden Herzen. Als der Schwindel aufflog, war die Bevölkerung entsetzt, es bildeten sich Bürgerinitiativen, der Gemeinderat entschuldigte sich und es wurde die in der Schweiz obligate Volksabstimmung durchgeführt. Die von den Mocmocbefürwortern erstaunlicherweise knapp gewonnen wurde.

Der Mocmoc durfte an seinem Standort auf dem Bahnhofsplatz bleiben – und jetzt kommt also der Slouöp. Mocmoc und Slouöp, Romanshorn gibt sich wirklich alle Mühe, seinen Besuchern etwas zu bieten. Aber erst, wenn der Reisende Romanshorn wieder verlässt, wird ihm dank einer Werbetafel am Strassenrand ernüchtert klar, worum es sich beim Slouöp eigentlich handelt. Um eine Art autofreien Sonntag also, den die Einheimischen lediglich nicht richtig auszusprechen wissen. Beachtenswert ist daran dann leider nur noch dieses PDF, das erklärt, wie man mit dem Auto zum autofreien Slouöp anreisen kann.


19.08.2007 | 12:49 | Anderswo | Alles wird schlechter

Gesetze schnell erklärt


An China verstorbenes Kloster (Foto, Lizenz)
China, neumodischer Zwergstaat am Rande Afrikas, macht wieder von sich reden und mischt sich in die Auferstehung seiner Bürger ein. Ab 1. September sind alle Reinkarnationen gesetzlich reguliert und wer glaubt, einfach so sein Geld als Dalai Lama verdienen zu können, nur weil er als einer gestorben ist, hat sich gründlich geirrt. Pro: Wenn man tot und staatsfeindlich ist, darf man genausowenig Führungsrollen übernehmen wie im lebenden Zustand, wo kommen wir da hin. Sonst wäre das Exekutieren von politischen Häftlingen ja auch komplett sinnlos, eine Verschwendung von Energie und Munition. Contra: Wer früher mal tot war, sollte schon heute bevorzugt behandelt werden, und nicht wieder ganz von vorne im ersten Level anfangen müssen. China verdirbt einem echt den Spass am Sterben. Synopsis: Ein lamaverachtendes Gesetz, das man anprangern muss, schon aus Sympathie mit orangenen Gewändern.

(via Technovelgy)


18.08.2007 | 02:53 | Anderswo | Alles wird besser

The Great Climb


Foto, Lizenz
BBC ist dort, wo es wehtut, und entdeckt das Bergsteigen als Live-Spektakel. Klar, in Zeiten von gedopten Radhelden, schwulen Basketballern und verletzten Fussballern bleibt kaum ein anderer Ausweg. Warum nicht Bergsteigen. Den kompletten Samstag nachmittag, heute also, sechs Stunden lang, wird der Sender mit grossem Elan The Great Climb übertragen, live und gestreamt aus den Cairngorm Mountains in Ostschottland. Seien Sie dabei, wenn Weltstar Dave MacLeod in Regen, Schnee und Sturm eine neue superschwere Route in Hell's Lum ausprobiert, einem Felsmassiv zwischen Cairn Gorm und Ben MacDui. Hier schonmal sein Eindruck von der Strecke, Dave: ... "E11" popped into my head. But yesterday I got stuck into it and found that I could actually pull on those holds. That was quite a surprise, and after a while I linked it in one go at hard 8a+. Thing is, falling from the hard part or the sustained moves above would mean certain death, no question. So where Indian Face is 7b with bad pro, this is top end 8a+ with even worse pro. Hmmm E10 for sure... Soweit Dave. No questions asked, whatever it takes, sechs Stunden Hardcore-Fernsehen. Endlich Rache für die ausgefallene Tour de France.

Update: Verschoben auf Sonntag, "adverse weather conditions". Schönwettersportler.

Noch ein Update: "The Great Climb" fällt reluctantly aus. Sportklettern scheint nicht unmittelbar geeignet zu sein für schottische Berge. Achwas, Berge, zur Zeit, an einem Sonntag im August, 10 Grad in den schottischen Niederungen, so geht das nämlich, Klimakatastrophe.


16.08.2007 | 14:43 | Anderswo | Essen und Essenzielles

Man schmeckt nur mit den Augen gut

Über grüne Getränke zu berichten, das ist seit jeher eine der Hauptaufgaben der Riesenmaschine. Gern würden wir auch über blaue Getränke berichten, aber erstens eins nach dem anderen und zweitens hat sich auf dem Blaue-Getränke-Sektor seit dem stuhlgrünfärbenden Fanta Berry Blue nicht viel getan, was vielleicht an der mangelhaften Lichtbeständigkeit von Brillantblau FCF liegt.

Wenn alle wieder vom Studium von "The Implications of Food Dye on Poop Color" zurückgekehrt sind, kann es weitergehen. Und zwar mit "Grøn Sport", einem Produkt der dänischen Bryggeriet Vestfyen. Das Sodavand erinnert in der Farbe an Manufactums Pine Cleaner, schmeckt aber nicht so gut. Die vom Hersteller angestrebte Geschmacksrichtung ist weder durch Etikettlektüre noch durch Verkostung zu identifizieren, es dominieren rauchige Synthetikaromen mit einer dezenten Legosteinnote. Farbgebung allein ist eben nicht alles, schliesslich trinkt der Mund mit.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Durst? Grünwein!


15.08.2007 | 15:45 | Anderswo | Effekte und Syndrome

Lonely old Slogan


Weil es geht (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Die Mutter aller Slogans, Nikes "Just do it", war noch echte abendländische Wertarbeit. Erfunden wurde die pointiert anstifterische Botschaft angeblich 1988 in einem Meeting von Dan Wieden von der Agentur Wieden & Kennedy. Noch immer erfreut sich die Tagline hoher ungestützter Bekanntheit, obwohl Nike sie längst nicht mehr benutzt und statt dessen heute das deutlich blassere "Quick is deadly" im Schilde führt, wenn es darum geht, die World-of-Warcraft-Generation mit Carl Schmitt'schen Ideen noch vertrauter zu machen.

Ein internationaler Gassenhauer jüngeren Datums, das impertinente "I'm loving it" bzw. "Ich liebe es" von McDonald's, wurde bereits neumodisch in China gefertigt, und das nicht nur aus Kostengründen, sprich: weil die Werbetexter im Land der aufstrebenden Mitte so billig wären, dass man kurzerhand Legionen auf ein Thema ansetzen kann, in der Erwartung, dass nach dem Infinite Monkey Theorem am Ende schon was Brauchbares dabei sein wird. "Die Chinesen haben uns einfach umgehauen, so ausdrucksstark und fröhlich waren die", sagt Marketingchef Larry Light, und der muss es wissen, schliesslich klingt schon sein Name gut ausgedacht.

Allerdings birgt diese Art der global distribuierten Billigproduktion von Marketing-Ideen die gelbe selbe Gefahr wie die von Plastikspielzeug: dass am Ende Makulatur herauskommt. Diese Erfahrung musste kürzlich etwa der Eistee-Weltmarktführer Lipton machen, dem man das nur von weitem und im Dunklen an Nikes Geniestreich erinnernde, dagegen aber bei Licht besehen total abkackende und tatsächlich nahezu geschäftschädigende "Can do that" angedreht hat. Eiskalt wird das nun weggelächelt, was bleibt ihnen anderes übrig? Der eigentliche Favorit auf dem Zettel, der aus dem chinesischen Texter-Sweatshop übermittelt wurde, lautete "Because we can", war aber leider schon vergeben als Name einer Designwerkstatt aus Oakland, Kalifornien.


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"Wolf Creek 2", Greg Mclean (2013)

Plus: 13, 14, 21, 22, 32, 33, 42, 48, 96, 122, 130 doppelt, 132, 137
Minus: 8, 59, 89, 174, 207 doppelt
Gesamt: 8 Punkte


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