Riesenmaschine

29.04.2007 | 10:50 | Anderswo | Essen und Essenzielles

Zwischen Biermilchbärten und Bierkreiszeichen


Die Museumsmeile in Nieheim
Das Westfalen Culinarium in Nieheim ist verspielt. Wenn man etwa einer Speise ein Getränk gegenüber stellt – ähnlich wie bei einarmigen Banditen – zeigt ein grünes oder rotes Licht, ob sie zueinander passen. Zum Beispiel: Weinbrand mit Rotkohl oder Lauchknust, Milch mit Pfefferpotthast mit Nieheimer Goldklumpen oder Herforder Pils mit Blutwurst vom Weideschwein gebraten. Dabei zeigt sich, dass Herforder Pils zu allem passt. Es passt zu: Kabeljau, Leberwurst, Sülze, Mettwurst, Knochenschinken, Holzofenbrot und Butter, zu Westfälischem Streusel- und Apfelsandkuchen. Herforder Pils passt auch zu Molke aus Menne's Schaukäserei natur oder zu Milchkaffee mit Söppkes, dem Sonntagsfrühstück der Westfalen.

Allgemein sind die Mitarbeiter des Westfalen Culinarium von Herforder Pils begeistert. Denn die gefühlvollen Dokumentarfilme, die das Museum zu Musik von Jan Garbarek und dem Hilliard Ensemble (Kirchenmusik mit irgendwelchem Sopraninosaxophonkram drüber) vorführt, weisen lange Einstellungen mit Herforder Pils-Plakaten auf. Es werden auch alte Herren gezeigt, die genüsslich Herforder Pils verdrücken und den Biermilchbart (gibt es das?) von der Oberlippe wischen.

Kurzum: Eigentlich könnte das Westfalen Culinarium auch Herforder Pilsianum heissen. Es bleibt nur noch, auf die Implementierung der Herforder Bierkreiszeichen zu warten.

Malte Borsdorf | Dauerhafter Link | Kommentare (5)


27.04.2007 | 07:10 | Anderswo | Was fehlt | Zeichen und Wunder

Wofür?

Warum gibt es Plattentektonik nur auf der Erde? Wieso haben Joghurt-Gums ohne Fett trotzdem so viele Kalorien? Weshalb sind alle Führhunde kastriert? Das sind alles Fragewörter, die andere benutzen mögen. Wir fragen stattdessen: Wofür? Wofür steht zum Beispiel dieser Easy Cheque Deposit-Automat unter der Pacific Plaza in Hongkong, wo doch der Scheck dabei ist auszusterben? Nun, letzteres trifft zwar für Europa zu, aber nicht für Südostasien (inkl. Hongkong und Macao). Die haptisch orientierten Menschen hier misstrauen der abstrakten Überweisung, weshalb man in der Region Scheck -Deponierautomaten allenthalben findet. Bleiben noch: Was, Wozu, Wieso. Was also ist mit dem am Automaten aufgeklebten Taschenrechner? Gewiss, es ist ein stolzer Casio HS -8VE Two Way Power, der für den Preis von 3,99 USD vertrieben wird, aber wozu soll man ihn benutzen? Ausrechnen, um welchen Betrag man vom Scheck-Aussteller über den Tisch gezogen wurde? Mutters Telefonnummer eingeben? Nachschauen, wie spät es ist? Und wieso ist in den Rechner die Zahl 4.000 – schwer zu erkennen, aber wahr – bereits eingegeben? Wir wissen's nicht, aber wahrscheinlich ... Sie!

Christian Y. Schmidt | Dauerhafter Link | Kommentare (8)


25.04.2007 | 01:08 | Anderswo | Nachtleuchtendes

Leute, sie haben uns


What a bloody disgusting planet (Credit: E. De Jong and S. Suzuki, JPL, NASA)
Wie wir in diesem Moment erfahren, haben sie uns jetzt. Sie – die Bewohner von, wie sie es nennen, Planet Erde, nach unseren Studien ein Fels-Wasser-Derivat, etwa zwei Drittel so gross wie unser Planet, den sie idiotischerweise Gliese 581c nennen. Es war irgendwann auch nur noch eine Frage der Zeit. Immerhin sind sie nur 20 Lichtjahre weg und jede mittelgute Zivilisation kommt irgendwann auf die Idee, Dopplerverschiebungen von Sternen zu messen, und so Planeten zu finden. Sie waren relativ schnell, 12 Jahre nur von der ersten Planetenentdeckung 1995 (was die Leute auf 51 Peg ganz schön verwirrt hat) bis zur Entdeckung unseres "habitablen" Planeten. "Habitabel" nennen sie es, ha, wenn sie wüssten, was man alles habitabilisieren kann, wenn man nur will. Aber jetzt sind sie ganz aufgeregt, weil es bei uns genauso warm ist wie bei ihnen, und das, obwohl wir gerade unter globaler Erkältung leiden. Nach unseren Erfahrungen wird es jetzt nur noch ein paar Jahre dauern, bis sie unsere Atmosphäre finden, dann unser Meer, dann unser Radio hören und schliesslich Pläne schmieden, unsere kargen Sandvorräte zu rauben. Verdammt, ausgerechnet jetzt, wo wir kurz davor stehen, herauszufinden, wie man Diamanten in dieses preiswerte schwarze Heizmaterial umwandelt.


24.04.2007 | 11:44 | Berlin | Anderswo | Zeichen und Wunder

Ewige Jugend in Peking


Die Jugend wird immer älter, aber nicht unbeweglicher
Was kann man eigentlich daraus schliessen, wenn eine Bandikone des 20. Jahrhunderts in der mutmasslichen Hauptstadt des 21. Jahrhunderts auftritt, diese Band immer noch Sonic Youth heisst, ihre Mitglieder aber einen Altersdurchschnitt von genau 49 Jahren haben, und einem durchschnittlich 35 Jahre alten Publikum, das es sich leisten kann 35 Euro Eintritt zu zahlen, was ungefähr dem Monatsgehalt einer Pekinger Kellnerin entspricht, "Teenage Riot" vorspielen? Wahrscheinlich gar nichts, weil zu viele Variablen. Genauso unmöglich ist es im Moment noch zu bestimmen, ob Peking bereits Berlin voraus ist, was Auftrittstermine internationaler Bands angeht, oder immer noch zurück. Wer den gestrigen, übrigens sehr, sehr guten Auftritt von Sonic Youth im Pekinger Star Live Club verpasst hat, muss bis zum 27. Juni warten, bis er die Band in der Columbiahalle sehen kann. Oder er war im Dezember letzten Jahres da.

Christian Y. Schmidt | Dauerhafter Link | Kommentare (2)


24.04.2007 | 03:03 | Anderswo | Alles wird besser

Bienenschwund


Macht's gut und nehmt die Wespen mit (Foto: OK-59, Lizenz)
Wenn eines fernen Tages die Menschheit eine höhere Entwicklungsstufe erreicht haben wird als die gegenwärtige, und zum Beispiel in der Lage sein wird, die vierdimensionalen Verwicklungen, die uns so unglücklich machen, klar und deutlich zu sehen, dann werden wir wohl auch in der Lage sein, die Tür zu einer dieser neuen Dimensionen aufzustossen und die verwurmte Geröllhalde Erdball für immer zu verlassen. Die Kakerlaken oder Hamster werden dann ratlos in der Gegend stehen und in ihren wissenschaftlichen Zeitschriften das rätselhafte Verschwinden der doofen Affen diskutieren. In der Zukunft wird es so sein, heute aber sind es erst mal die neunmalschlauen Bienen, die uns ein kleines Stück vorausgehen und grade nämlich weltweit spurlos verschwinden. Die Wissenschaft steht bislang vor einem Rätsel, aber vermutlich folgen die Bienen einfach dem kürzlich verstorbenen Kurt Vonnegut durch die 4D-Tür ins Nirvana, damit die dort Einsitzenden reichlich Honig vorfinden. Und das ist doch nett von den Bienen.


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