24.01.2007 | 12:02 | Anderswo | Alles wird schlechter | Zeichen und Wunder
 Gleich kann es Leben rettenEs ist passiert. Nach einer Kampfabstimmung wurde das komprimierte Handtuch heute Nacht um 0:38 Pekinger Ortszeit ins Wasser geworfen. Vorher hatte eine Minderheitenfraktion ihre Einwände gegen das Experiment zu Protokoll gegeben. Es fand dann wider Erwarten keine Explosion statt, noch ass "der Teufelssamen" "uns alle" "auf" (aus dem Protokoll). Im Wasser entfaltete sich die Handtuchtablette vielmehr quälend langsam. Gegen 0:51 nahm sie die Form eines Pac Man an, etwas später wurde daraus ein zu spät abgetriebener Embryo. Schliesslich hatte der Versuchsleiter selbst Hand anzulegen. Das Endergebnis war ein 60 mal 28 Zentimeter grosses, weisses Baumwollhandtuch. Es war triefend nass, das heisst, zum Abtrocknen denkbar ungeeignet.
Damit handelt es sich beim Magischen Handtuch aber keineswegs um eine ähnlich nutzlose Erfindung wie bei der selbstleuchtenden, klebrigen Hand mit Plastikgriff, dem japanischen Heuschnupfenhut oder der CSU. Im Gegenteil. Ein nasses Handtuch braucht jeder Mensch überall und dauernd: Zum Kopfkühlen in der Wüste oder zur Abwehr von Moskitos im Regenwald, für nasse Handtuchschlachten in der Umkleidekabine oder zum Spargelaufbewahren im Kühlschrank. Als fiebersenkender Wadenwickel kann es sogar lebensrettend wirken, oder vor Mund und Nase, wenn im Haus ein Feuer ausbricht. Das sollte man allerdings etwa 15 Minuten vorher wissen, weil das Handtuch die Vorlaufzeit braucht, um seine Wunderkräfte zu entfalten.
Dieser Beitrag ist ein Update zu: Magic Towel Ride
19.01.2007 | 18:37 | Anderswo | Alles wird besser | Zeichen und Wunder
 100% magischSonder Zahl sind die verschiedenen Arten, in denen das Magische Handtuch vorkommt. Es gibt es als Pokemon-Kinderpartyknüller, in Golfball- oder Tennisschlägerform, mit Astronautenaufdruck oder als magisches Handtuch "School Day" aus dem Gestüt Hello Kitty. Wie die Spatzen oder die Ratten sind die "MaHas" (Fachchinesisch) über den ganzen Planeten verbreitet, denn kein Lebensraum ist ihnen zu unwirtlich. So wurden sie selbst in Ariel-Grossgebinden gesichtet, in Nemo-Form. Woher das magische Handtuch ursprünglich stammt, ist allerdings noch nicht genau erforscht. Heute jedenfalls kommen die meisten aus Fabriken in China.
Im äussersten Südwesten dieses Landes, in Kunming, der Hauptstadt der Provinz Yunnan, stiessen nunmehr Forscher der Riesenmaschine im Badezimmer des YunDa-Hotel auf einen Vorfahren der farben- und formenprächtigen magischen Handtücher der Jetztzeit. Das Compressed Towel ist von schlichter weisser Färbung, sieht aus wie eine sehr, sehr grosse Schmerztablette und kostet erstaunlich viel, nämlich den Gegenwert von zwei grossen Nudelsuppen. Wie alle Magischen Handtücher verlangt auch das komprimierte Tuch explizit danach, vom Menschen ins Wasser geworfen zu werden. Was dann passiert, soll in diesen Stunden im Keller des Riesenmaschinenlabors erforscht werden. Wir zögern allerdings noch, das unschuldige Handtuch ins kalte Wasser zu schmeissen; es sieht so niedlich aus. Was meinen Sie? Sollen wir?
17.01.2007 | 15:18 | Anderswo
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Die Wissenschaft hat jetzt endlich die lange vermisste Verbindung zwischen dem Land der Finnen und dem der Japaner gefunden: Chile. Eine schöne aallange Nation, mit einem wunderlichen, erfinderischen Volk, Weltlieferant von Lachs und Lithium, Diaspora für Margot Honecker und Uwe Schmidt, hier kommt zusammen, was nicht zusammengehört und feiert ein fröhlich prosperierendes Auferstehungsfest, vor allem jetzt, wo die Bestie tot ist. Dass Chile ein Land ist, in dem es irritierenderweise so gut wie keine Ameisen gibt, fällt zwar kurz ungut auf, aber dafür haben sie ja die grössten und dümmsten Pferdebremsen der Welt, die nur einen Monat (exakt vom 19.12.-19.1.) auftauchenden Tabanos. In Chile wird die weltweit ausgebrannte Genitivapostrophunsicherheit weiterhin liebevoll gehegt, so gibt es z.B. in Santiagos Stadtteil La Recoleta eine Bar namens Luca´ss und eine namens "Don Quijote"s. Und nun findet dieses Volk auch noch auf einen Schlag die Lösung für eines der fiesesten Probleme unserer Zeit. Ein fröhlicher Bärtiger verkauft auf der Avenida Maximo Humbser gebogene Strohhalme mit einem Drahtkern. Was man damit macht? Die Löcher verstopfter Salzstreuer putzen natürlich.
17.01.2007 | 09:57 | Anderswo | Was fehlt
 Bodenskulptur in Potenz"Zeitgenössische Kunst kann nicht in still gelegten Fabrikgebäuden gezeigt werden." So oder so ähnlich der Wortlaut, mit dem der aktuelle künstlerische Leiter der documenta 12, Roger M. Bürgel, vor Journalisten den Umstand rechtfertigte, dass letzte Woche eine Spezialfirma zur Grasnarbenentfernung aus Bielefeld den Rasen vor der Kasseler Orangerie abschälte, um Platz zu schaffen für eine Aufschüttung mit Schotter, auf der ab dem 26.6., dem Start der documenta 12, ein an ein Gewächshaus gemahnendes, 10.000 Quadratmeter grosses Konstrukt transparenter Ausstellungshallen stehen soll, das etwa drei Viertel der Exponate enthalten wird.
"Zeitgenössische Kunst kann nur in still gelegten Fabrikgebäuden gezeigt werden", so Okwui Enwezor wahrscheinlich vor 5 Jahren zur Begründung, warum die ebenso still gelegten wie abgelegenen Lagerhallen der Binding Brauerei als Hauptausstellungsfläche für die d 11 ausgebaut werden mussten, während die eigens dafür irgendwann mal errichtete Documenta-Halle wie immer weitgehend unbespielt blieb.
Zu grossem Grummeln unter den lokalen Leserbriefschreibern führt allerdings diesmal der Umstand, dass die mit ca. 3 Millionen Euro veranschlagte Finanzierung der Hallen noch gar nicht gesichert ist, der Baubeginn aus Zeitgründen aber trotzdem bereits stattfinden musste. Für immerhin 30.000 Euro lässt sich mittlerweile die symbolische Eigentümerschaft an einer Metallstütze in den Pavillons erwerben. Falls nicht genug Geld beisammen komme, so Bürgel, werde der Grundriss asphaltiert, die Baufläche als "negativer Raum" werde zur "Bodenskulptur", und die documenta 12 fällt halt aus.
Dieser Beitrag ist ein Update zu: Vintage cooking
16.01.2007 | 18:27 | Anderswo | Sachen kaufen
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Gegenstandgestalter haben es dieser Tage einfach: Wenn ihnen nichts Gescheites einfällt, nehmen sie einfach ein althergebrachtes Werkzeug oder anderes Ding und bauen irgendetwas aus Bronze dran. Schon schreien alle: "Toll! Neu!" und kaufen wie die Steinzeitmenschen.
Im Kulturwalhalla Griechenland kann man über solch barbarenhaftes Verhalten bloss müde lächeln. Bronze ist dort schon lange ein schnöder Alltagsgegenstand geworden, den man auf jedem Basar in der Ramschkiste findet. Stattdessen haben die Griechen den so genannten "Retrotrend" erfunden: Man setzt dort wieder voll auf alte Baustoffe (Holz) und alte Ziergegenstände (Räder), wie etwa an bei diesem Holzpferd, das in der Nähe von Troja gesichtet wurde (s. Abbildung, die Räder sind leider etwas schlecht zu erkennen). Über die Funktionsweise des Pferdes können wir nur rätseln, aber eines scheint sicher: Wenn es das in einigen hundert Jahren auch bei uns gibt, ist bei den Griechen schon wieder etwas völlig anderes angesagt. Wir tippen auf Steine. Oder Lehm.
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IN DER RIESENMASCHINE
ORIENTIERUNG
SO GEHT'S:
- Erst an die Pointe erinnern, dann anfangen was zu erzählen
- Berliner Schule
- Jahresjoggingrekord
- Grübelhormon
SO NICHT:
- Strubbel-Kaninchen
- dubiose Handelsmarken
- Beichtvaterland
- Radio am Korallenhalter
AUTOMATISCHE KULTURKRITIK
"Swiss Army Man", Dan Kwan, Daniel Scheinert (2016)
Plus: 5, 8, 9, 10, 11, 25, 41, 45, 122, 135, 155, 156, 157, 158 Minus: 26, 38, 39, 59, 138, 185, 197, 212 Gesamt: 6 Punkte
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