Riesenmaschine

26.07.2006 | 17:31 | Berlin | Fakten und Figuren

Dreisatzprobleme im Alltag


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
"Sie haben für jeden eine Kugel", so steht es am Weisbeckerhaus in Berlin, das nach dem rechts im Bild aufgeführten Thomas Weisbecker benannt ist. Dass Weisbecker und Carlo Giuliani wie auch der unten rechts als Fussnote nachgetragene Georg von Rauch von deutschen bzw. italienischen Polizisten erschossen wurden, ist zwar unstrittig. Auch dass die europäische Exekutive über genügend Munition verfügt, um jeden Bürger des Erdteils in die ewigen Nichtwählergründe zu befördern, wollen wir aus Recherchefaulheit mal einfach so annehmen. Aber, so die Hausaufgabe: Wenn das Schweinesystem in 34 Jahren drei Bürger hingemeuchelt hat, wie lange braucht es dann, um mit den übrigen 730 Millionen Einwohnern Europas fertig zu werden?


25.07.2006 | 17:46 | Alles wird besser | Fakten und Figuren

Stählerner Stahl (Stahl)


40 Tonnen dick (Vordergrund) (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Stahl ist eindeutig das beste aller Metalle. Zum einen klingt das Wort Stahl genauso, wie Stahl klingen muss – kein anderes Ding kann von sich behaupten, seinen eigenen Namen ("Stahl") als Namen zu tragen (abgesehen vielleicht von "Schrank"). Zum anderen ist Stahl derart elementar und systematisch, dass es noch nicht mal im Periodensystem der Elemente steht, diesem chemofaschistischen Blendwerk aus Zucht und Ordnung.

Flugzeuge bestehen heute zwar aus Plastik, was verstehen soll, wer kann, geraten dabei aber derart schwer, dass man wiederum Fahrzeuge aus Stahl benötigt, gewaltige Mengen Stahl, um sie vom Fleck zu kriegen (ohne gleich loszufliegen), wie man in der Werbepublikation "Faszination Stahl" des Stahl-Informationszentrums nachlesen kann. Den Airbus A380 und andere bis zu 600 Tonnen schwere Schwerbehinderte beispielsweise fährt ein massives, aber agiles Stahlding namens AST-1 X über die Flughäfen, das die Firma Goldhofer für vermutlich grössere Mengen Geld zur Verfügung stellt. Kaum möglich erscheint es dem modernen Menschen, den AST-1 X anzusehen, ohne in unbekümmerte Verzückung auszubrechen.

Und auch wenn jetzt schon zehnmal das Wort Stahl gefallen ist, man möchte gar nicht mehr damit aufhören, so ist es keinesfalls "stählerne Romantik", die das "originäre Kennzeichen" unserer Befindlichkeit ist, wie es Goebbels 1939 für die Reichsdeutschen feststellte. Im Gegenteil handelt es sich um die vollkommen unromantische Dämmerung (und zwar Morgen-) des gerade brandneu ausgedachten Postdematerialismus mit seinem stählernen Antlitz. Stahl, Stahl, Stahl, es fühlt sich an, als würde man ein glänzendes, massives Schwert aus Stahl verschlucken, einfach so.


25.07.2006 | 11:07 | Fakten und Figuren | Zeichen und Wunder

Aus dem Staub malen


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Jüngst veröffentlichte die Künstlersozialkasse, wo die meisten selbstständigen Künstler versichert sind, wenn sie versichert sind, ihre Statistiken, die sie dann noch jüngster korrigierte: Der deutsche Durchschnittskünstler verdient nicht 823, sondern 901 Euro im Monat. Künstler verdienen also etwas weniger als gar nichts, wenn man die laufenden Kosten abzieht. Das Glück, deshalb ebensoviel Steuern zu zahlen wie Daimler Chrysler in diesem und im letzten Jahr, ist aber spätestens dann zu Ende, wenn man sich die Preisstrukturen im Laden für Bob-Ross-Bedarf ansieht: Einigermassen gute Acrylfarben kosten bis zu 10 Euro je 120 Milliliter, also etwa doppelt soviel wie ein okayer Jahrgangs-Champagner.

Mit Champagner malen, das ist nicht jedermanns Sache und so entscheiden sich immer mehr Künstler, nicht mit Acryl auf Leinwand zu malen, sondern mit irgendwas irgendwo drauf. Oder, analog zum Verdienst, aus nichts etwas zu machen, so wie Scott Wade, der Bilder im Staub auf Autos malt. Das ist neu, das ist innovativ, das ist toll und wenn man so eine crazy Idee hat, fällt auch gar nicht so auf, dass die in den Staub gekratzten Bilder hässlich und belanglos sind. Nichtsdestotrotz könnte Scott Wade eine grosse Zukunft bevorstehen, und zwar als PR-Experte. Wir erinnern uns: Im Bereich PR geht es häufig darum, mit belanglosem Dreck oder mit überhaupt nichts einen Namen in die Presse zu kriegen. Und das hat Wade sogar geschafft, indem er belanglosen Dreck an den richtigen Stellen in Nichts verwandelt hat.


21.07.2006 | 10:36 | Fakten und Figuren

Am Ende sind es immer die Beatles


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Die Herrschaften, die hier zu sehen sind, also diese Mischung aus AR Kane und Milli Vanilli, sind vermutlich die Beatles. Bzw. deren Darsteller. Schon zu Zeiten als es die Beatles noch gab, mutmasste man vom Tod des einen oder anderen Mitglieds und stellte Überlegungen an, wer denn dann wohl für ihre Musik verantwortlich sei. Sechs Jahre, nachdem die Band offiziell aufgelöst wurde, reformierte sie sich unter dem Tarnnamen Klaatu, während sie aber auch parallel unter dem Namen The Residents einige musikgeschichtlich wichtige Platten (Third Reich´n´Roll) veröffentlichten. Im März 2006 benannte endlich die offizielle Homepage der Band die Bandmitglieder als "John, Paul, George and Rheingold", womit Spekulation aus den 70er Jahren endgültig bewiesen sein sollten, dass es sich bei ihnen um die Fab Four handeln muss.

Oder etwa doch nicht? Denn momentan wird gerade ein anderes Phantomkollektiv namens Lansing-Dreiden allenorts bejubelt, das all die Qualtitäten auf sich vereint, die eine Supergruppe auszeichnet. Noch nennt man sie "grauenvoll toll", vergleicht sie mit den Beach Boys, Prefab Sprout, Pet Shop Boys, Pink Floyd, Cocteau Twins, Dimmu Borgir, AR Kane und, hüstel, Kajagoogoo, wagt den Vergleich mit den Beatles aber noch nicht. Für die gerade laufende US-Minitour steht "L-D Section II" (Bild) auf der Bühne, eine vom Kollektiv gecastete Darstellerband, um den logischen Kreis von Dieter Bohlen zu den Beatles zu schliessen.

Tex Rubinowitz | Dauerhafter Link | Kommentare (1)


16.07.2006 | 04:31 | Fakten und Figuren | Zeichen und Wunder

Habemus Pulverem


Gegenpapst mit Papamobil (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Wenn vom Papst die Rede ist, denken wohl die meisten an jenen weisshaarigen Herrn Professor mit dem huschenden Gang und dem Bären im Wappen. In unserer verwirrend vielfältigen Welt ist die Identität des Papstes eine wunderbar eindeutige Sache. Unsere Vorfahren hingegen hatten es schwerer, bis zum Jahr 1449 gab es oftmals mehrere Päpste gleichzeitig, welche dann natürlich auch auf unerfreuliche Weise aneinander geraten sind. Heute hingegen scheint in dieser Hinsicht Ruhe zu herrschen.

Wenn man aber ganz still ist und ganz genau hinsieht, kann man auch heute noch Gegenpäpste entdecken. Z.B. Earl Pulvermacher aus den USA, der sich von seinen Anhängern auch gerne als Papst Pius XIII. verehren lässt. Er residiert in einer Hütte in den tiefen Wäldern Montanas, neuerdings wird offenbar auch an einer päpstlichen Residenz in Springdale gebaut. Sein ruhmreicher Werdegang zum Papst liest sich wie eine Anleitung für all jene, die auch gerne Papst sein, aber dazu bitteschön nicht von der Bildzeitung ernannt werden möchten: Man gründe mit einer Handvoll treuer Seelen eine Wahre Katholische Kirche, erkläre die restlichen 1,2 Milliarden Katholiken zur satanischen Sekte und den Heiligen Stuhl für sedisvakant. Man lasse sich kraft lateinischem Kirchenrecht aus der Zeit vor dem Papstwahldekret Nikolaus' des II. von der übriggebliebenen Christenheit (bei Papa Pulvi also die zehn eigenen Anhänger) zum Papst wählen. Und dann kaufe man sich beim Kostümhandel eine Papstsoutane und warte geduldig auf den Tag, an dem der antichristliche Usurpator unter Spott und Prügel aus Rom vertrieben wird, damit man endlich als wahrer Papst in den Vatikan einziehen kann.

Also aufgepasst: Wenn Sie sich demnächst im Wald wieder einmal vor einem Bären in Sicherheit bringen müssen und auf eine Holzhütte stossen, aus der schwarzer oder weisser Rauch aufsteigt, könnte es sein, dass Sie sich dort nicht hineinretten können, da es sich um ein Konklave handelt, d.h., insbesondere ist dann abgeschlossen.

Ruben Schneider | Dauerhafter Link | Kommentare (5)


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