Riesenmaschine

28.11.2005 | 11:47 | Anderswo | Fakten und Figuren

Flickrmap und andere

Die hier beschriebene Idee, selbst keine Fotos mehr zu machen, sondern mit einem geeigneten Gerät nur noch die Fotos abzurufen, die am derzeitigen (oder gewünschten) Ort bereits gemacht worden sind, ist verhältnismässig naheliegend. Die für die Umsetzung benötigte Technik (GPS, mobiler Datenbankzugang etc.) existiert bereits. Dementsprechend tastet man sich langsam aber sicher an die Realisierung heran. Der letzte uns zu Augen gekommene Versuch ist Flickrmap.com, eine Firma, die zwar nur erbärmliche Kenntnisse über die Kompatibilität von Flash, Macs und Firefox hat, dafür aber gut mit Mut und/oder Markenrechtsanwälten ausgestattet scheint, denn sie hat trotz des Namens wohl nichts mit der Firma Flickr zu tun. Das Konzept ist simpel, auf einer zoombaren Weltkarte sind sehr viele (im Moment noch: sehr wenige) Punkte eingezeichnet, die bei Mouseover ein Thumbnail enriched mit Written Content showen. Gespeist wird die Flickrmap über Ortstags und spätestens bei der flächendeckenden Ausrüstung von Kameras und Handys mit GPS (Prognose: Next Big Thing im Herbst 2006) kann man sich hier ordentliche Fotolandschaften zusammenstellen und vielleicht sogar sinnvolle Features miteinbinden, etwa wirre Tag-Statistiken auf der Karte zu visualisieren (Anzahl der fotografierten Wäscheständerruinen je Stadt).


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)


Gefunden haben wir diese mehr oder weniger neue Flickranwendung beim ebenso specialinterestigen wie spannenden kanadischen Blog der Canadian Cartographic Association aus Kanada. Dieses Blog lohnt sich übrigens in unregelmässigen Abständen zu besuchen, schon allein, weil man dort so schmuckes Zeug wie Radical Cartography (Karten zu unterschiedlichen Themen wie Postleitzahlenentwicklung, Bostoner Bebauungsverlauf von 1630 bis 1995) serviert bekommt; oder auch die famose Conflict Map (alle bewaffneten Konflikte auf einer interaktiven Weltkarte) der Nobelpreis-Stiftung.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Fast wie dabeigewesen


26.11.2005 | 18:19 | Berlin | Fakten und Figuren

Pixel 2.0


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Das Web 2.0 – unendliche Weiten, grasende User, leider die meisten noch vom Typ User 0.7, aber man ahnt, alles könnte schön werden, dereinst. Doch letzlich besteht das Web 2.0 wie auch schon das Web 1.0 aus den gleichen visuellen Bausteinen, nämlich den Pixeln, diesen Atomen der virtuellen Welt. So recht konnte das das Web 2.0 nicht auf sich sitzen lassen. Und weil der Pixel 1.0 ebenso flexibel einsetzbar wie für seinen Zweck perfekt war, entwickelte sich mit dem Pixel 2.0 ein absolut baugleiches Produkt mit einer Menge neuer Marketingpsychologie drumherum (im Bild leicht links untermittig ein Original Pixel 2.0!).

Mit der hinlänglich bekannten Million Dollar Homepage fing die Pixelmanie zwar keineswegs an, erreichte jedoch einen (wirtschaftlich erfolgreichen) Höhepunkt in der Idee, einen Pixel Werbefläche für einen Dollar zu verkaufen. Die deutschen Nachahmer der erbärmlichen Eine Million Euro Homepage versuchten zunächst, das Konzept identisch zu kopieren. Nun wird die Werbefläche verschenkt, was offenbar über eine Pageranksteigerung refinanziert werden soll. Besonders putzig ist die Warnung vor Trittbrettfahrern, herausgehoben "ehemalige Geschäftspartner", die "geringe Online Marketing Erfahrung" hätten. Gemeint ist vermutlich die vergleichbar erbärmliche Kreditvermittlungsseite Eine Million Euro Page, die ihre Seriösität instantan erkennbar durch Textlinks illustriert: "200€ – 4500€ pro Monat durch das Bearbeiten von Umfragen verdienen", "500€ pro Monat OHNE grossen Aufwand verdienen", "20€ – 120€ pro Monat durch E-Mail`s verdienen", "Geld verdienen durch Smiley`S & Cursor" – wollten wir nicht alle schon so Geld verdienen?

Doch es braucht mehr Anhaltspunkte für den Pixel 2.0 als nur ein paar lauwindige Geschäftemacher ohne tiefergehende Rechtschreibkenntnisse. Und bitte: Die Stadtverwaltung in Berlin hat sich, vermutlich inspiriert durch Google Maps, von irgendeiner Agentur ein Pixelkonzept aufschwatzen lassen. Dabei sollen sich die Bürger jeweils den Pixel auf einem Satellitenfoto von Berlin reservieren, auf dem sie wohnen. Dann kann man draufklicken und mit ihnen Kontakt aufnehmen. Wahrscheinlich aus Scham hat Friedrichshain-Kreuzberg den Link zwar noch in der Navigation, aber deaktiviert. Auf der Seite von Berlin-Mitte hingegegen ist das konzeptionelle Projektvorstadium zu besichtigen. Oder die Projektruine. Wer kann das schon sagen.


23.11.2005 | 13:40 | Berlin | Fakten und Figuren

Die Wahrheit über die Riesenmaschine-Party


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Da es unseren hauptberuflichen Partyberichterstattern Friebe und Lobo seit Samstag nicht gelungen ist, über die Riesenmaschine Release Party zu berichten, hier das Nötigste in Kürze: Es waren Menschen anwesend. So, so und so sahen sie aus. Es wurden Getränke eingenommen, solche, aber auch solche und solche. Es gab Musik- und Tanzdarbietungen, so gegen sieben Uhr kam man jedoch überein, Blogs seien "auch nur so eine Art Internet" und ging nach Hause.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Blog Release Party


21.11.2005 | 17:39 | Alles wird schlechter | Fakten und Figuren | Essen und Essenzielles

Gib dir die Kugel, Howard!


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Erinnert sich noch jemand an den Marquis de la Grange? Nein, nicht den frühneuzeitlichen französischen Adelsmann (1639 – 1692), der es mit der Beobachtung, dass, wenn wir jemanden um Rat fragen, wir lediglich auf der Suche nach Begleitung sind, ins kollektive Gedächtnis der Menschheit geschafft hat. Die Rede ist von jenem Marquis de la Grange, der als verschmitzter Lebemann mit bonvivantistischen Anwandlungen Mitte der 1990er Jahre eine fiktive Hautevolee auf deutschen Bildschirmen zu foppen pflegte. Als Verschnitt aus James Bond-Parodie, Fürst Rainier und Roger Whittaker entführte er seinerzeit junge Adelsdamen per Privathubschrauber oder versetzte noble Festgesellschaften in Aufruhr mit der unvermittelten Ankündigung, er gebe sich nun die Kugel. Wogegen freilich niemand der Zuschauer je etwas einzuwenden gehabt hätte. Gemeint war jedoch der unter dem Slogan "Adel verpflichtet" brachial auf Premium getrimmte kugelförmige Unterschichtkonfekt aus Haselnusssplittern und Nutellarestbeständen namens "Rocher" aus dem Hause Ferrero. Eben jener Ferrero-Konzern im Übrigen, der auch mit seinen anderen Produktlinien regelmässig demonstriert hat, dass ihm in punkto Werbung ("Wenn der Milch-Jieper kommt...", "Als wären die Cerealien gerade erst in die Milch gefallen", "Der Snack im Handyformat") niemand das Wasser reichen kann. Irgendwann verschwand der Marquis de la Grange ohne Abschied vom Bildschirm und leider nicht aus unseren Köpfen; über seinen weiteren Verbleib ist nichts bekannt. Zwischenzeitlich fungierte der echte James Bond-Darsteller Pierce Brosnan als Werbeträger für die internationale Kampagne von Ferrero Rocher. Zwischenzeitlich sah es sogar mal so aus, als hätte Ferrero das hohe Nerv-Potenzial der eigenen Werbung erkannt und mit Beauftragung der Berliner Agentur Aimaq.Rapp.Stolle einigermassen wirksam gegengesteuert.
Im neuen TV-Spot für Ferrero Rocher agiert ein gewisser "Howard" als Wiedergänger des Marquis und bespielt dasselbe pseudofeudale Yellow-Press-Fantasy-Setting. Auf einer dekadenten Sommerparty im Garten eines Stadtpalais wird nämlicher Howard zunächst vermisst, und die Frage "Wo ist Howard?" verbreitet sich wie ein Lauffeuer unter den alarmierten Partygästen. Dann taucht Howard, eine verjüngte Mischung aus Robbie Williams und Kai Pflaume, wie aus dem Nichts auf und wird stürmisch gefeiert. Offensichtlich hat er etwas arrangiert, denn auf seine Ankündigung "It's time for gold" hin regnen Rocher-Kugeln an goldenen Fallschirmen aus dem Nachthimmel. (Man muss sich mal vorstellen, wie das im Script steht: "... regnen Rocher-Kugeln an goldenen Fallschirmen aus dem Nachthimmel"!) Wir wissen nicht genau, was es mit diesem Howard auf sich hat, was er zukünftig noch aushecken und im Schilde führen wird. Wir möchten nur vorsorglich darauf hinweisen, dass die Kampagne, für die die relativ frisch gegründete Hamburger Agentur Kempertrautmann des einstigen Branchenprimus André Kemper verantwortlich zeichnet, bei uns schon jetzt ein ähnliches Gefühl verursacht, wie es seinerzeit nur dem deprimierend bescheuerten Marquis de la Grange gelang.


21.11.2005 | 11:02 | Alles wird besser | Fakten und Figuren

Filterhouse


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Vor ziemlich genau 20 Jahren schuf der Produzent Larry Heard mit "Can you feel it" gleichsam die Discomutter aller nachfolgenden House Tracks. Dass House immer wieder auch in den Hitparaden eine fröhliche und wichtige Rolle spielt, beweist machtvoll momentan eine andere Mutter, nämlich die Mutter vom ganzen, Madonna.
Wer ihren neuen Hit "Hung up" nur aus dem Radio kennt, oder mit dem sprichwörtlichen halben Ohr gehört hat, wird unter Umständen nur das sehr dominante ABBA Sample von "Gimme Gimme Gimme" dort abspeichern. Dabei ist es auf eine so geschickte Weise integriert, dass das überhaupt nie penetrant ins Gewicht fällt. Und wenn man dazu auch noch das sensationellste und stimmigste Video (Real hi/lo, WMV hi/lo) seit sehr langer Zeit gesehen hat, oder zumindest seit Jay Zs "99 Problems" mit Cameoauftritten von Rick Rubin und Vincent Gallo, ist, muss man für diesen zwingenden Song, muss man für Madonna restlos eingenommen sein. Omar Sharif als genervter Taxifahrer, die kleine Tanzszene in der Sushibar mit dem Fisch, das alles unterlegt mit dem vom von Daft Punk entwickelten so genannten Filterhouse, bei dem also einzelne Elemente verschwinden, um dann später zunächst dumpf, und dann immer präziser wieder auftauchen (Siehe Daft Punks "One more time"). Absolut massstabsetzend und killend!
Und da interessiert es bis auf Salvatore Acquaviva momentan wohl eher niemanden, dass ihr sieben Jahre alter Hit "Frozen" in Belgien ab sofort nicht mehr gespielt werden darf.

Tex Rubinowitz | Dauerhafter Link | Kommentare (3)


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