Riesenmaschine

14.11.2007 | 20:53 | Nachtleuchtendes

Schwindsucht obenrum


Da geht es hin, das All (Foto,Lizenz)
Das Universum sei jetzt "etwas leichter" als bislang angenommen, so meldet wissenschaft.de. Genauer gesagt sogar bis zu 20% leichter, was Astronomen für a little bit halten. Ein Fünftel eines ganzen Universums auf einmal weg! Wie dem auch sei, erklärt wird es auf brutale Art und Weise in einem längeren Paper aus Alabama: Offenbar gibt es in einem Haufen aus Galaxien statt stattlicher, leuchtender Gaswolken nur einige armselige, aber auch leuchtende Elektronen, was die leuchtende Masse im Haufen um einiges reduziert. Dies wiederum bedeutet, dass er auch deutlich weniger dunkle Materie zum Überleben braucht, was dem Fachmann sofort sagt, dass dies überall so ist. Als würde man das Gewicht eines Menschen anhand der Dicke des Ringfingers messen – beim Universum zumindest klappt das so ungefähr.

Eines ist in diesem Zusammenhang jedoch besorgniserregend: Ein paar Tage ist es erst her, da wurde das Weltall auf einmal 15% grösser und dadurch automatisch zwei Milliarden Jahre älter. Jetzt also ist es womöglich auch noch 20% leichter. Ist das ein Trend? Wo mag er enden? Eine Welt, die rapide altert und dabei immer mehr abmagert? Dafür haben wir jedenfalls keinen Eintritt bezahlt.


12.11.2007 | 02:28 | Nachtleuchtendes

Intelligenter Massenselbstmord

Spätestens seit Blockbuster-Filmen wie Deep Impact und Armageddon weiss jedes Kind, dass die Menschheit irgendwann durch einen Felsbrocken aus dem All zu Tode kommen wird, so wie damals die Dinosaurier und noch früher eine besondere Art elfbeiniges Supereinhorn. Um zumindest rechtzeitig über unser nahendes Ende Bescheid zu wissen, scannen gewissenhafte Menschen jede Nacht mit Dutzenden von Teleskopen den Himmel ab, auf der Suche nach dem grossen Knallerzeuger. Letzte Woche war es wieder mal soweit: Ein neu entdeckter PHA ("potentially hazardous asteroid") sollte die Erde, den Berechnungen zufolge, nur um knapp 6000 km verfehlen – weniger als ein Erdradius, und damit wäre 2007 VN84 einer der gefährlichsten aller je entdeckten Asteroiden. Aufregung unter den Weltrettern, Alarm an alle Einheiten, nach draussen jedoch Ruhe bewahren: Niemand soll sich seine letzten Tage von Panik vermiesen lassen.

Erde, nach dem Einschlag (Foto, Lizenz)

Gestern dann die erfreuliche Entdeckung: Ein Experte aus Moskau mit dem enigmatischen Namen Denis Denisenko stellt fest, dass die Bahn von 2007 VN84 überraschend so ähnlich aussieht wie die der künstlichen Sonde Rosetta. Wie es der Zufall so will: Auf ihrem Weg zum Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko kommt Rosetta Mitte November tatsächlich knapp an der Erde vorbei, und zwar, weil es ganz genauso geplant war. Wenige Stunden später dann ist es offiziell: 2007 VN84 ist niemand anderes als Rosetta. Natürlich hätte man das schneller wissen können, wenn nur verschiedene Organisationen mehr miteinander kommuniziert hätten.

Alarm also abgeblasen, nochmal Glück gehabt. Wenn, dann wäre es ohnehin Selbstmord gewesen und nicht Totschlag aus dem All; dafür ist eine andere Behörde zuständig. Akte wird Montag überstellt.


08.11.2007 | 10:27 | Nachtleuchtendes | Alles wird besser

Reiten gen Sonnenaufgang


Wir müssen trotzdem alle sterben.
Foto, Lizenz
Aus Protest wird hier kein Wort über die Entdeckung wieder eines neuen Planeten stehen. Schnauze voll von einer Planetenfinderei, die wie chinesische Wasserfolter funktioniert, alle paar Tage mal ein Tropfen, zum Wahnsinnigwerden. "Jetzt so ähnlich wie die Erde!", "Jetzt noch erdähnlicher als zuvor!", "Kaum ein Unterschied noch zur Erde (vielleicht)!", wie Waschmittelwerbung prasseln die Schlagzeilen auf uns ein. Derart angewidert, verzichten wir diesmal sogar auf einen Link auf die neueste Meldung, waren ohnehin Amerikaner. Linkstreik, der neue Hungerstreik.

Stattdessen verlinkt und empfohlen sei die enthusiastische Auseinandersetzung mit Gegenwart und Zukunft der Planetensuche, abgedruckt am Dienstag im Guardian. Der Report, im wesentlichen entstanden im Staff Commons Room der School of Physics & Astronomy in St. Andrews, belegt anschaulich, wie froh man sein muss, in Zeiten zu leben, in denen bodenständige Wissenschaftler sich mit Fragen befassen, die Leuten wie, sagen wir, Isaac Asimov zu spekulativ gewesen wären. Wir sind nur ein paar Jahre davon entfernt zu wissen, wieviele Erden es in der Galaxie gibt und noch ein paar Jahre von der Möglichkeit, diese Erden auf Lebensvoraussetzungen zu überprüfen. Die ersten Pfeiler der Drake-Formel, jahrzehntelang umkämpft, werden fallen. Die Tatsache, dass dies alles real ist, die Industrie, die mittlerweile an der Planetensuche hängt, die lauernden Satelliten, die Armada an Helfershelfern, Millionen Zeilen Code, nur um sie zu finden, macht es soviel besser als Raumschiff Enterprise.

Dann wieder jedoch: Warum der Aufwand? Warum können wir nicht einfach hier rumsitzen, Bier trinken und warten, bis sie uns finden?


05.11.2007 | 00:34 | Berlin | Nachtleuchtendes

Bis der Brand-Doctor kommt


Viel hilft viel – aber nicht immer. (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Man muss es prinzipiell begrüssen, dass nun in Deutschland neben Ärzten, Anwälten und Steuerberatern auch Apotheker jenseits der Apothekenrundschau Werbung schalten und lauthals auf sich aufmerksam machen dürfen. Dass sie im Zuge dessen ihren gesamten Markenauftritt gründlich renovieren, findet gleichermassen unsere ungeteilte Zustimmung. Gehören nicht blinkende "Pharmacie"-Kreuze in den Strassen Frankreichs zu den stärksten und pittoreskesten Erinnerungen an Interrail-Urlaube? Und auch dass hierzulande eine Apotheke in der Berliner Kastanienallee in die Vorhand geht und besondere Energien freisetzt, ist angesichts der Nachbarschaft von Hipster-Läden wie Fresh'N'Friends, Kwikshop und 103 nur naheliegend und nachvollziehbar. Trotzdem kann man sich des Eindruckes nicht erwehren, dass die Sanimedius-Apotheke, die in der Gegend gleich mehrere Filialen unterhält, diesbezüglich ein bisschen dick aufträgt, um nicht zu sagen: übertreibt. Der Name – nun gut, kann man machen. Auch das dreigestrichene "E" mag als subtile Anspielung an das Esprit-Logo der 80er Jahre noch angehen, selbst wenn es damit gleichzeitig und unfreiwillig als leicht prätentiöses Binneninitial fungiert. Ebenso das direkt vom Mobilfunkanbieter E-Plus entlehnte hochgestellte grüne "+", das immerhin als schwache Reminiszenz an die eingangs erwähnten französischen Apotheken durchgehen kann. Spätestens aber beim unmotiviert auf den Kopf gestellten "i", das dadurch zum Ausrufezeichen mutiert, wird der schmale Grat überschritten, der subtiles und wirkmächtiges Branding von Kirmes und Karneval trennt. Das ist einfach "too much", beziehungsweise "over the top", wie man in der Branche sagt. Oder mit anderen Worten: Hier wäre eine Dosis Homöopathie angezeigt gewesen.


01.11.2007 | 01:31 | Nachtleuchtendes

Heisse Habichtshauben


Südpol des echten Jupiter
Credits: NASA/JPL/Space Science Institute
Hot Jupiters sind sowas ähnliches wie Jupiter, nur heisser, also so wie heisse Pflaumen, nur grösser. Heisse Jupiter sind hauptsächlich das, was bisher rausgekommen ist beim Versuch, eine zweite Erde zu finden. Was nicht schlecht ist, andere haben beim Finden schon wesentlich schlimmer danebengelegen (Grüner Knollenblätterpilz). Heisse Jupitere, die hiermit erfundene Mehrzahl von Jupiter, sind nicht nur grösser als Erden, sondern auch näher an ihren Sonnen, mit Jahreslängen von nur ein paar Tagen, so dass sie sich zügig bemerkbar machen. Niemand hat Zeit, so lange zu warten, wie ein Jahr auf der Erde dauert, nämlich so etwa ein Jahr. Bisher jedenfalls nicht, aber auch das wird sich natürlich in Zukunft ändern, so wie sich alles in Zukunft ändert. Was eigentlich die Neuigkeit ist: Seit gestern ist es offiziell, drei Heisse Jupitere mehr, und zwar vom englisch/schottisch/nordirischen Projekt Super-WASP. Übrigens gibt es in unserem Sonnensystem keinen einzigen heissen Jupiter, stattdessen haben wir Merkur, eine Art Fliegendreck.


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