Riesenmaschine

21.02.2006 | 21:30 | Alles wird besser | Sachen kaufen | Papierrascheln

Oh Boy!


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Im letzten Jahr sorgte ein Fanzine namens Lecker während der c/o pop Messe in Köln für Furore, handelte es sich doch bei besagter Publikation weder um ein Elektro-Musik-, noch um ein Gourmetheftchen. Vielmehr verbirgt sich hinter "Lecker" ein Porno-Heft für Mädchen. Die recht schlecht ausgeleuchteten Photographien dürrer Kerle und unscharfer Schwänze versprühten soviel Sexappeal wie Kölner Minimal House beim Karneval in Rio. Doch ein Artikel über das urbanen Frauenschreck-Phantom namens "Wimpster" entpuppte sich als ultimative Bestandsaufnahme dysfunktionaler Beziehungen von Grossstädtern um die Dreissig und erregte prompt Tita von Hardenbergs Aufmerksamkeit. Da einige vernünftige Frauen "Lecker" trotz Schrumpelschwänzen liebten, kauften und unterstützen, kommt nun, nach kreativem Hin und Her, sowie einem Rechtsstreit mit der Heinrich Bauer Verlagsgruppe Glück, die zweite, verbesserte Ausgabe des rude, cute, nude Pornohefts für Mädchen an den Start. Wie auch sein Vorläufer finanziert sich "Glück" ganz und gar aus dem Online-Verkauf und entsteht auf Basis der Privatphantasien der Herausgeberinnen Elke Kuhn und Nicole Rüdiger. Selbstverständlich kaufen wir "Glück" nur wegen der wirklich interessanten Artikel, über Charlotte Roche und Larry Clark zum Beispiel.


17.02.2006 | 16:20 | Sachen kaufen | Papierrascheln | In eigener Sache

Das nächste kleine Buch


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"Das nächste grosse Ding" erklärte ursprünglich dem toten Hasen die Bilder, nämlich den Lesern der Berliner Zeitung die Gegenwart und die Zukunft. Die gesammelten Kolumnen aus zwei Jahren sind jetzt im Verbrecher Verlag erschienen. Wer meint, er könne acht Euro sparen, indem er alle Texte hier nachliest, dem sei gesagt, dass erstens alle für die Zeitungsausgabe eingebauten Fehler wieder entfernt wurden, zweitens 20 Grafiken von Riesenmaschine- und ZIA-Hausgrafiker Martin Baaske hinzugekommen sind und das Ganze drittens auf raren "Munken gelb"-Restbeständen gedruckt wurde, die ganz normalem Papier zwar täuschend ähnlich sehen, aber der Kenner etc. Viertens enthält das Buch ein nagelneues Nachwort von Christian Y. Schmidt voll unbekannter Tatsachen aus der Arbeit der ZIA sowie eine herrliche Riesenmaschine-Anzeige. Fünftens ist hintendrauf von Bibern die Rede, was weiss Gott nicht alle Bücher von sich behaupten können. Geht also hin und kauft. Lesen ist optional.


11.02.2006 | 21:24 | Papierrascheln | In eigener Sache

Ein Jahr voller Samstage

So sehr die Riesenmaschine jeglicher Form der Vetternwirtschaft abhold ist, so wenig trifft das auf Verwandtschaftsverhältnisse ersten Grades zu. Deshalb empfehlen wir an dieser Stelle schamlos zur regelmässigen Lektüre das Weblog 52wochenenden.de, in dem das aus einer Hochbegabtenfamilie stammende Musik- und Multitalent Jens Friebe immer dienstags von seinen wochenendlichen Ausgeherlebnissen, Ausschweifungen und Ausfällen kündet. Im Stile des Roman Fleuve geht das Autobiografische fliessend ins irrlichternd Irreale über, Fakt und Fiktion wohnen einander bei, Ähnlichkeiten mit zumeist quicklebendigen Personen sind alles andere als zufällig – Genderfucking inklusive. Das Live-Experiment, das nach Ablauf des Jahres in Buchform erscheinen wird, läuft übrigens auf der Engine der Riesenmaschine. Und das unten stehende Foto ist lediglich typähnlich, das auch nur rein zufällig.

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Dieser Beitrag ist ein Update zu: In Hypnose


11.02.2006 | 18:20 | Fakten und Figuren | Papierrascheln

Helme betasten


Helm damals... (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)

... und heute (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Edward Tenner nennt man den "Philosophen der Alltagstechnik". Seit langen Jahren befasst er sich mit Dingen, ihrer Fortentwicklung, ihrer Wechselwirkung mit anderen Dingen, ihrer Macht über den Menschen und umgekehrt. Schliesslich besteht sein Lebenswerk darin, auch dem Letzten klarzumachen, dass wir nicht nur von Äpfeln, Tulpen und Marihuana gedankenlos ausgenutzt werden, sondern auch von Tischen, Brillen und Schreibmaschinen, ein extrem naheliegender Gedanke, bestehen doch alle diese Dinge aus total komplexen Kleinstlebewesen, deren tieferen Sinn wir noch überhaupt nicht verstehen. Tenners letztes Werk, "Our own devices", ist zwar schon drei Jahre alt, aber grundlos offenbar noch nicht übersetzt. Es enthält jedoch ohnehin nur ganz einfache Wörter, "shoe" zum Beispiel, das versteht ja wohl jeder.

Es ist nicht eindeutig immer ein Vergnügen, zuviel über Dinge zu erfahren, ohne die man unmöglich leben könnte, ähnlich wie es auch schädlich ist, zuviel über die Innenansichten der Ehefrau oder der Weihnachtsgans herauszufinden. Und ausserdem: Wer möchte schon 50 Seiten über die Evolution von Liegestühlen lesen? Oder über die Unterschiede in der Flipflop-Gehtechnik zwischen Amerikanern und Japanern? Ist es interessant zu erfahren, dass wir nur wegen Beethovens Taubheit heute so laute Klaviere besitzen? Dass wir noch nicht erklären können, wie afrikanische Frauen Wasser tragen? Alles Tatsachen, die, beiläufig eingeworfen, das Potential haben, jedes kultivierte Gespräch abzuwürgen. Oder ist es vielleicht nicht eher beschämend zu wissen, dass wir heute immer noch auf QWERTZ-Tastaturen schreiben, weil, weil, weil es der Tastatur so gefällt? Und sie ihre genetisch verbesserten Tastaturkonkurrenten einfach totgebissen hat? Man muss schon sehr stark sein, um an der Vielfalt an Informationen nicht zugrunde zu gehen, bzw. sich in eine Erdhöhle zurückzuziehen und von Maden zu leben.

Andererseits gibt es durchaus Dinge, über die man nie genug erfahren kann, und dazu gehört ganz eindeutig der Helm, vielleicht die erste Körpermodifikation überhaupt. Durch die Jahrtausende sahen Helme immer hässlich aus, keinen einzigen Trend machen sie mit, wohl weil sie so unflexibel hartschalig sind. Helme führen ein seltsam autarkes Eigenleben in ihrem Helmuniversum, und trotzdem haben sie überlebt, vielleicht weil viele denken, dass Trends ohne intakte Hirnschale auch keinen Sinn ergeben. Tenners Helmkapitel, vollkommen kostenlos an diesem Ort einsehbar, enthält unter anderem den Befund, dass nicht etwa Helme die Reaktion auf neue Wunderwaffen waren, sondern umgekehrt Waffen erfunden werden mussten, um mit neuen Helmen klarzukommen. Leider nicht sehen kann man hier den legendären Helmstammbaum des Fischforschers und Paläontologen Bashford Dean. Dafür muss man entweder ins Metropolitan Museum of Arts in New York oder sich eben doch das Buch kaufen.


08.02.2006 | 04:05 | Alles wird schlechter | Was fehlt | Papierrascheln | Vermutungen über die Welt

Alles, was der Ball ist


Nie wieder witzig finden: Hauptsache Italien! (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)


Früher auf dem Pausenhof schrien die Kinder "Nachmacher, Nachmacher", wenn einer offensichtlich am Distinktionsgewinn eines anderen teilhaben wollte. Heute sind diese Nachmacher-Kinder von Beruf Werber und betiteln ihr Erfolgsprinzip mit einem schick klingenden Namen: Ambush Marketing. Klingt besser als Trittbrettfahrerei, meint aber genau das. Wer sich darunter nichts vorstellen kann, der schaue in den Briefkasten, in die Zeitungen, auf die Plakate und die Leuchtreklamen der Stadt. Am Sprung auf den Zug der Fussballeuphorie führt in diesem Jahr offenbar kein Weg vorbei. Neben dem an sich schon dämlichen Coca-Cola-Claim "It's your Heimspiel" wird auch anderer Schwachsinn dafür sorgen, dass die Werbewirtschaft boomt:
Der süddeutsche Discounter Lidl etwa umwirbt Jugendliche neuerdings mit der verführerischen Aussicht, Teil des "Lidl-Dreamteam 2006" zu werden, während der Baumarkt Obi die Fussballfans für ein WM-Special "Ooobi ist das schön" skandieren lässt. Spiegel Online hingegen fand offenbar Gefallen daran, von der "Roten Karte für vier WM-Stadien" zu fabulieren, als Sicherheitsmängel an den WM-Spielstätten bekannt wurden. Und im Neuen Deutschland wurde eine Oper über Hartz IV gar zum "Soundtrack zum sozialen Endspiel" – wie immer dieses ausgehen mag.

Demnächst, so darf man vermuten, wird Angela Merkel "den Ball weit vorlegen", wenn sie die Leitlinien ihrer Politik skizziert, werden linke Demonstranten "die Räume dichtmachen", wenn sie Naziaufmärsche vereiteln und ebenso wird von einem "traumhaften Doppelpass" die Rede sein, wenn die christdemokratische Union ihre Politik mit den Sozialdemokraten abstimmt. Man sollte die Medienschaffenden nicht zu hart angehen: Ja, im WM-Jahr muss man diese Chance einfach, eh, reinmachen.


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Plus: 14, 23, 24, 33, 34, 38, 80, 84, 89, 112, 132, 156
Minus: 7, 43, 99, 118, 138, 166, 183, 184, 202, 214 doppelt
Gesamt: 1 Punkt


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