Riesenmaschine

07.02.2006 | 05:39 | Alles wird besser | Papierrascheln

Fälschungsforschung


Verwandlungskünstler Oktopus
(Foto: marissa b. / Lizenz)
Das Fälschen, Lügen und So-tun-als-ob sind bei Mensch, Tier und Pflanze weit verbreitete Beschäftigungen. Stammzellenforscher und Raelianer täuschen Klonerfolge vor, Raupen geben sich als Blätter aus, E-Mail tut, als käme sie von der Postbank und der Rolex-Taucheruhr aus Bangkok fallen schon beim ersten Mal Duschen die Zeiger ab. Es ist Zeit, dass sich die Wissenschaft dieses Feldes nicht nur von der mitmachenden, sondern auch von der beschreibenden Seite her annimmt: "Plagiary: Cross-Disciplinary Studies in Plagiarism, Fabrication, and Falsification" heisst eine neue wissenschaftliche Zeitschrift, die sich schönen Themen wie "Textual Re-Use in Journalistic Domains", "Plagiarism and Identity Theft", "Government Intelligence Communities and 'Sexed Up' Dossiers" und "Case Studies in Religious Plagiary" widmet. Aber Vorsicht, das Mitmachen ist nicht so einfach, wie es erst mal klingt: "In submitting articles for consideration to Plagiary, authors and co-authors affirm that they are the author(s) (...) of such articles".

Diese Information wurde vorübergehend ausgeborgt beim Improbable Research Blog.


03.02.2006 | 14:35 | Fakten und Figuren | Papierrascheln | Vermutungen über die Welt

Postialische Zustände


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
In den 80er und 90er Jahren kam es in den USA zu einer Reihe von Amokläufen, die eines gemeinsam hatten: bei den Tätern handelte es sich um Mitarbeiter des United States Postal Services, die die eigenen Mitarbeiter am Arbeitsplatz hinrichteten. Die Taten wurden so berüchtigt, dass sich bald eine neue Sprachwendung fand, "Going Postal" (auf die sich unter anderem auch das Videospiel "Postal" bezieht).

In Deutschland scheint das Risiko eines amoklaufenden Postbeamten eher gering zu sein, weil die Beamten ihren Dampf einfach am Kunden ablassen können. Doch in den USA wurde vor wenigen Tagen, am 30. Januar dieses Jahres, die Serie um einen weiteren Amoklauf verlängert. In Goleta, Kalifornien erschoss ein ehemaliger Postangestellter sechs seiner Ex-Kollegen, bevor er sich selbst mit einer Pistole das Leben nahm. Schaut sich man diese beiden Kundenrezensionen von Postarbeitern eines 1997 erschienen Buches an, dass das Postal-Phänomen zum Thema hat, so scheinen die Postamokläufe in den USA kein Zufall zu sein.

Diese Meinung vertritt auch Mark Ames, einer der Herausgeber und Gründer des Satiremagazins Exile, der mit seinem Buch "Going Postal" eine gründlich recherchierte Analyse der Amokläufe in amerikanischen Postämtern und Schulen geschrieben hat. Ames zieht Parallelen zwischen den Zuständen, die zu den amerikanischen Sklavenaufständen im 18. und 19. Jahrhundert führten und den Arbeitsbedingungen im heutigen Corporate America, deren Trostlosigkeit er in allen deprimierenden Details beschreibt. Schliesslich, so Ames, sollte man nicht versuchen, Profile der potentiellen Täter zu erstellen, denn: "It is the workplaces and schools that need to be profiled."


27.01.2006 | 01:04 | Papierrascheln

Anti-Kontextsensitive Werbung

Erfahrung – ein kaum zu schlagender Wert, auch wenn die jungen Wilden mit dem Strohfeuer ihrer Ideen protzen und klotzen. So, wie Online-Werbung nicht nur boomt, sondern gegenüber Printanzeigen auch eine Menge technischer Vorteile mit sich bringt. Zum Beispiel die allgegenwärtige Kontextsensitivität, von der Google lebt und ein Aktienfeuerwerk nach dem anderen zündet. Aber manchmal zeigt das erfahrene, gute, alte Medium Zeitung den Webkindern doch noch, wo der Hammer hängt. Und erfindet im Vorbeiflanieren Anti-Kontextsensitivität. Die mit Sicherheit um ein Vielfaches mehr Aufmerksamkeit bekommen wird als die popelige kontextsensitive Werbung, die letzlich ja auch nur interessenangeglichene, also arschkriechende Reklame ist.


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)


Quelle leider unbekannt & ungeprüft, Übermittlungsdank an Cornelis Stettner.
[Nachtrag: Eventuell Lüneburger Landeszeitung 21./22.01., siehe Komment.]


26.01.2006 | 15:24 | Alles wird besser | Papierrascheln

Bullshit II: Bullshit Castle wird geschleift


Bullshit Castle bei Stuttgart (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Nachdem es lange bei deutschen Verlagen herumlag, und keiner es wollte, hat sich nun Suhrkamp entschlossen, Harry G. Frankfurters bestechenden 1988er Essay On Bullshit auf Deutsch herauszubringen. Als gehirnwaschende Lektüre und probate Vorbereitung für die nächste Ausgabe der Powerpoint Karaoke sei der mit einem Preis von 8 Euro human kalkulierte Band hiermit wärmstens empfohlen.
Dazu passt eine Meldung von vorgestern, wonach DaimlerChrysler-Chef Dieter Zetsche einen massiven Stellenabbau, diesmal vor allem in den Managementetagen, angekündigt hat. Unter anderem soll die Verwaltungszentrale in Möhringen nahezu komplett aufgelöst werden, die Zetsches Vorgänger Jürgen Schrempp einmal – und vermutlich treffend, denn wer, wenn nicht er, konnte das beurteilen? – als "Bullshit Castle" bezeichnet hatte. Vielleicht kein Sieg, aber immerhin eine gewonnene Schlacht im fortwährenden Kampf gegen den Bullshit.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Bullshit I: Bullshit


07.01.2006 | 06:11 | Papierrascheln | Vermutungen über die Welt

Vielleicht mehr Chaos


Deutschland 2100 (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Auch 2006 gibt es wieder den Entrümpelungskalender von Frau Rita Pohle, von amazon derzeit passend mit der Bannerwerbung "Alles muss raus" kombiniert. Nun ist Wegwerfen wirklich kein neue Volksbewegung, vor allem nicht, wenn man auch seine unmittelbaren Verwandten Wegschliessen, Ausrotten und Ausräuchern miteinbezieht, die in der Weltgeschichte sehr regelmässig für Aufsehen sorgen. Frau Pohles Engagement fürs Entrümpeln jedoch verdient immerhin beiläufiges Kopfnicken, sowohl wegen seiner Konsequenz (ihr neuestes Werk heisst "Weg damit: Die Liebe befreien") als auch wegen seines Einfallsreichtums (Aufräumen mit Feng-Shui und Räucherstäbchen). Nun können wir leider nichts zum Inhalt des Entrümpelungsbuchs sagen, denn hätten wir es bestellt, es wäre am Ende doch nur wieder weggeworfen worden. Nichtsdestotrotz ist, was das Gesamtkonzept angeht, grosse Skepsis angebracht: Angeblich besitzt der Durchschnittsmensch heute, so Frau Pohle, etwa 30000 Gegenstände, während es im vorletzten Jahrhundert nur 150 waren. Das ist eine Steigerung um Faktor 200, eine galoppierende, epidemische Gegenstandsvermehrung, die auch Frau Pohle nicht aufhalten wird. Noch zu unseren Lebzeiten wird jeder, der nur drei geräumige Lagerhallen voller Unrat hat, als Asket gelten, und Umzüge werden aus praktischen Gründen vollkommen unmöglich sein. Wir werden alle in unseren Mittelgebirgen aus Müll sitzen und per ebay unseren Quatsch gegen neuen eintauschen. Erst wenn die Erde durch Unratsakkumulation so gross ist wie Jupiter, ist eventuell eine Trendwende in Sicht, und dann, ja dann könnte man vielleicht nochmal über Feng-Shui nachdenken. Bis dahin regiere Chaos.

Aleks Scholz | Dauerhafter Link


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