31.05.2006 | 15:01 | Alles wird besser | Alles wird schlechter | Sachen kaufen
 Getränke, die lauthals herummeinen, sind nicht jedermanns Sache. (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.) Nicht jeder Pilz ist ohne Schnörkel, das haben die Forscher der Riesenmaschine längst bewiesen und besprochen. Und auch bei der Gestaltung von Pilsverkaufsgefässen wird zur Verzierung gerne mal kräftig in die Lamettaschatulle gegriffen, manchmal wird sogar Gold draufgeschrieben, um ganz sicher zu gehen. Eichblätter, Frakturschriften, kastrierte Rindviecher, ewig wildgeredete Mitteljungschauspieler und andere landgasthofästhetische Elemente zieren Flaschen und Dosen, dass einem oft schon schlecht wird, bevor man noch halbwegs anständig betrunken ist.
Freudig, wenn auch mit Dosenpfandgewissen wahrgenommen wurde deshalb zunächst die Pilsvariante "5,0 Original", kommt sie doch in schwarz und weiss daher, ganz ohne Bauernhof- und Waldhornschnickschnack. Leider währt die Freude nicht lang, denn es wird zwar – theoretisch bescheiden – auf "keine aufwendige Prägung" und "ohne Schnörkel" hingewiesen. Allerdings konnte man sich vor lauter Sparen wohl auch keinen dieser irrsinnig kostspieligen Punkte am Ende des Satzes leisten. Nur so ist zu erklären, dass der sparwillige Neunundzwanzig-Cent-Trinker es sich gefallen lassen muss, von seinem Bier angebrüllt, ja, angebrüllt zu werden – und das noch vor dem ersten Schluck. Da kann man ja gleich heiraten, denkt der geneigte Alkoholkonsument, wohl zu Recht.
Die kurzfristig anberaumte Verkostung – eine ausführlichere, riesenmaschinenunabhängige findet sich bei Frank Sesselmann – ergab übrigens, dass "5,0 Original" tatsächlich auch mit Goldaufdruck nicht besser schmecken würde.
27.05.2006 | 19:25 | Alles wird besser | Sachen kaufen
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Kein fühlender Mensch wird ableugnen können, dass der Dudelsack der König unter den Musikinstrumenten ist. Dass er in einer Gegend entwickelt wurde, in der auf jedem Quadratkilometer ein halbes Schaf und null Menschen leben, kann nur daran liegen, dass Dudelsackisten den lieblichen Klang ihres Instruments ganz für sich behalten wollen. Der letzte, konsequente Schritt in diese Richtung ist mit dem bei OhGizmo! gesehenen sacklosen Dudel vPipes jetzt getan: vPipes kann man in dichtbesiedelten Gebieten nach Mitternacht kopfhörertragend betätigen, in menschenleeren Einöden aber natürlich auch an einen Verstärker anschliessen. Leider scheint es sich um einen Prototypen zu handeln, der endgültige Preis soll wohl, wie anderswo im Web berichtet wird, knapp 1.000 Euro betragen. Hark hear the pipes not calling!
Allgemein geschätzt würde es nebenbei, wenn derselbe Hersteller sich nach Vollendung der vPipes der Produktion einer lautlosen Blockflöte widmen würde, die nicht mehr als 50 Euro kosten dürfte. Die Entwicklungskosten werden eventuell anteilig von Eltern und Anrainern von Grundschulkindern übernommen.
23.05.2006 | 18:42 | Anderswo | Sachen kaufen | Papierrascheln
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)"Ein Freund erzählte mir kürzlich, er habe anhand eines Londoner Stadtplans, dessen Anweisungen er blindlings gefolgt sei, den Harz in Deutschland durchquert", so der Situationist Guy Debord 1955 in "Einführung in eine Kritik der städtischen Geographie". Der Lonely Planet Guide to Experimental Travel versammelt 40 Vorschläge für experimentelle Reisen im Geiste des Situationismus und geht im Vorwort ausführlicher auf die schöne Wissenschaft der Psychogeographie ein. Unter den Reisevorschlägen, die man in Kurzform auch hier einsehen kann, sind ausgezeichnete Pläne wie die "Expedition zum K2" (in jeder Stadt wird das Planquadrat K2 erforscht) oder "Backpacking at Home" (vom Flughafen der eigenen Stadt in ein beliebiges Hostel, dort Abhängen mit australischen Rucksacktouristen, zurück zum Flughafen und nach Hause). Hässliche Gegenden verlieren ihren Schrecken, denn "when it comes to Experimental Travel, one place is as worthy as any other". Was wahrscheinlich beweist, dass es keine öden Orte, sondern nur öde Touristen gibt.
21.05.2006 | 13:38 | Was fehlt | Sachen kaufen
 Auf dem offiziellen Nokia-Pressefoto sieht das N70 eigentlich ganz zivilisiert aus (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Nachdem sich mit Siemens das letzte heimische Unternehmen aus dem Handymarkt verabschiedet hat und künftig vorrangig das Segment der Vakuumdrehtrommelfilter aufmischen wird, bleiben dem Verbraucher hierzulande nurmehr Mobiltelefone mit Migrationshintergrund. Doch die Riesenmaschine weiss: Produkte von woanders helfen gegen geistige Heimatlosigkeit – ihr Verhalten mag bizarr sein, doch gibt uns ihre Andersartigkeit Orientierung. Zum Beispiel das Handyradio: Mit dem Handy Radio hören ist einfach, vorausgesetzt man schliesst ein Headset an. Hat man keins angeschlossen und ruft die Radiofunktion dennoch auf, wird man Zeuge eines produktphänomenologisch bemerkenswerten Outings. Sony-Ericsson-Modelle zum Beispiel geben sich in diesem Fall konziliant: Es erscheint die Meldung "Schliessen Sie das Headset an, das als Antenne dient." Das Nokia N70 hingegen ist, nun ja, anders: Es verfärbt sich das gesamte Display, ein Symbol beginnt nervös zu blinken und das Telefon herrscht den arglosen Verbraucher an: "Zubehör anschliessen!" Dass beim Handy-Weltmarktführer ein derart schroffer Ton herrscht, gibt Anlass zur Besorgnis. So viel Andersartigkeit ist eindeutig zu anders.
Doch Hoffnung ist diesmal keine warme Seekuh, sondern das Produktmanagement von T-Mobile: Bevor man das N70 nämlich seinen Kunden anbot, musste das Telefon durch die Rebranding-Abteilung. Und dort tunkte man das User Interface nicht nur ins konzerneigene Magentabad, sondern lehrte es auch noch angemessene Umgangsformen. Das wiedergeborene N70 rät dem Nutzer nun: "Bitte schliessen Sie das nötige Zubehör an." Den Netzanbietern sei für weitere Weltverbessungsmassnahmen das V3 RAZR ans Herz gelegt, das nach dem klassischen Motorola-Prinzip "aussen irr, innen wirr" gestaltete wurde. Wenngleich die Benutzeroberfläche des V3 dem Benutzer keine erlebnispädagogischen Fingerübungen mehr bei der Suche des Telefonbuchs abverlangt (wie noch beim dem so genannten Katastrophenhandy P7389), so wurde in das User Interface etwa soviel Hingabe investiert wie das Gehäuse dick ist.
Es bleibt zu hoffen, dass die Wiedergeburtenrate im Mobilfunkbereich künftig steigt. Zu viele Handys erscheinen in ihrem ersten Leben als vor der Zeit in die Welt Geworfene; Frühgeburten eines Produktlebenszyklus, der schneller vorbei ist, als man Reinkarnationstherapie sagen kann.
20.05.2006 | 07:06 | Supertiere | Sachen kaufen
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Gummitiere werden allmählich wirklich zur Plage. Man denke zum Beispiel an das hässliche Gummihuhn, im Besitz jedes halbwegs unoriginellen Zauberers und jedes halbwegs unorthodoxen Hobbykochs. Dieses Höllentier wurde vermutlich vor 20 Jahren von Gottlieb Wendehals ausgebrütet, der mittlerweile für Motorland Südharz auftritt. Um dem absurden Kautschukspuk endlich ein Ende zu bereiten, muss man wie so oft erst ein wenig übertreiben. Denn die Luxusgummitiere von Cabela's, Ausrüster der längsten Hundeschlittenrennens der Welt, bestehen gar nicht so richtig aus Gummi, sondern aus flexiblem, selbstheilendem Schaum, und sind daher ideal, um totgeschossen zu werden (zum Beispiel mit der TenPoint Pro Elite Armbrust), was auch ihr einziger Daseinszweck ist. Leider sind Gummiwaschbär, Gummistachelschwein und Gummimurmeltier so niedlich geraten, dass man sie lieber mit ins Haus nimmt und sich vor dem Kamin an sie schmiegt. Zum Glück aber ist auch ein Elite Full Strut Turkey im Angebot, der noch widerwärtiger als ein beliebiger Zauberer aussieht und angeblich sogar im Südharz vorkommt (dann vermutlich aus anderen Substanzen gefertigt).
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IN DER RIESENMASCHINE
ORIENTIERUNG
SO GEHT'S:
- Kofferworte und Kofferwörter
- Einem Negermann Lebertran andrehen
- Fahrgemeinschaft mit Mr. Burns
- hochpreisige Verrohrung (hält)
SO NICHT:
- Laffer-Kurve
- Psychopompen
- Schlüpferstürmer (Spirituose)
- Leidenschaft im Fuss (juckt)
AUTOMATISCHE KULTURKRITIK
"Bite", Chad Archibald (2015)
Plus: 3, 11, 74, 137 Minus: 2, 7, 38, 51, 59, 118, 132, 163, 192, 209 Gesamt: -6 Punkte
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