Riesenmaschine

17.11.2005 | 14:59 | Sachen kaufen

Call My Löffel


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Wohl kaum ein Gebrauchsgegenstand führt ein traurigeres Dasein als der Schuhlöffel. Er teilt seine selten benutzte Existenz mit dem Teppichklopfer oder der Fliegenklatsche (die wenigstens töten darf) und liegt meist versteckt in ungelüfteten Garderobenschränken.
Schuhlöffelbenutzer haben Brillenputztücher und befeuchten ihre Finger beim Umblättern der Zeitung. Man steht im Ruche kompletter Günther Strackness, gibt man sich als Besitzer eines Schuhlöffels zu erkennen.

Selbst sein grosser Bruder, der Stiefelknecht, hat es geschafft, noch etwas Glamour abzubekommen und geistert als beliebter Nickname in einschlägigen Chatrooms umher. Er scheint fast verschwunden zu sein, dieser treue Freund des Menschen, was jedoch nicht etwa dem Verlust seiner eigentlich nicht wegrationalisierbaren Notwendigkeit geschuldet sein kann, sondern wohl eher auf die Unzeitgemässheit solch körperlicher Bewegungsabkürzungen zurückzuführen ist, im Gegensatz zum Trend zu Geräten wie Nordic Walking Spazierstöcken, die den Körper völlig sinnlos zu mehr Verrenkungen zwingen.

Dennoch gibt es gestalterische Resozialisierungsversuche des Schuhlöffels, die aber alle als gescheitert zu betrachten sind, wenn sie z.B. Sportlichkeit suggerieren, traditionelle Schweizer Präzision vermitteln wollen oder völlig schrillo sind, wie der von Manolo Blahnik vergewaltigte Löffel.

Überzeugen kann allein diese Lösung (Abbildung). Man schmunzelte beim Fön im Gewand eines Revolvers, man gähnte beim USB – Stick in Sushiform, aber wir halten inne bei einen Schuhlöffel mit der Zusatzfunktion einer Kleiderbürste, der nebenbei auch noch aussieht wie das eleganteste derzeit am Markt befindliche Handy. Die Leute von Motorola können sich schon mal warm anziehen. Für die nächste Generation ihres beliebten RAZR Handys fordern wir, die Bruchfestigkeit entsprechend zu erhöhen und es am oberen Ende noch sehr viel runder und flacher zu gestalten.

Christoph Albers | Dauerhafter Link | Kommentare (1)


16.11.2005 | 16:36 | Alles wird besser | Sachen kaufen

Mein Dank an die Firma Henkel


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Seit geraumer Zeit komme ich – aus nicht restlos geklärten Gründen – in den Genuss, mit den jeweils jüngsten Produkten der Firma Henkel versorgt zu werden. Offenbar bin ich in den Entscheidungsträgeradresssatz der Marketingabteilung gerutscht, und am liebsten stelle ich mir vor, dass es die Adresssatzverwaltungsbeauftragte selbst war, die mich bei einem der halbjährlich erfolgenden Adresssatzerweiterungsmeetings für Osteuropa in einem gediegenen, aber nicht übermässig schicken Hotel in Wien, Prag oder Budapest auf die Liste reklamiert hat – offiziell, weil ich als stellvertretender Chefredakteur einer polit-hedonistischen Stadtpostille eine zielgruppenrelevante Position einnehmen, in Wahrheit aber, weil sie meine Kolumnen so gern liest. Es vergehen keine zwei Wochen, in denen nicht eines der sofort identifizierbaren Henkel-Pakete eintrifft, denen ich dann unter unterschiedlich dichten Begleitgestöbern von Verpackungsmaterial die neuesten Hervorbringungen dieses Konzerns entberge. Während ich die Körperpflegeprodukte sofort der freien Entnahme der Kollegenschaft anheim stelle (Metrosexuelle zeichnen sich durch eine leicht affige Abneigung gegenüber kommunen Drogeriemarktartikel aus), trage ich die Dingreinigungsmittelchen sofort freudig nach Hause, selbst wenn ich mich persönlich vom Silan Weichspüler mit Wild-Rosen-Essenz jetzt genderdesignmässig nicht restlos abgeholt fühle. Umso entzückter war ich, als Opti mit pflegendem Bienenwachs und Opti Holz-Reiniger mit Leinöl just zu der Zeit auf den Markt kamen, als ich meine neue Wohnung mit Tischen und Einbaukästen versorgen liess. Auch mit dem Sil Oxijet perfect Fleckengel habe ich schon manch schönen Erfolg erzielt, und Fewa Black Magic mit Schwarzfixierer ist ohnedies im Dauereinsatz – ein Produkt, auf das Heavy Metal Fans, geistliche Würdenträger, Architekten, Ausstellungskuratoren und Kunstkatalogvorwortschreiber schon seit Jahrzehnten bzw. -tausenden gewartet haben. Bevor ich das nächste Mal dann auch die ein oder andere kritische Anmerkung machen möchte, wollte ich mich doch zunächst einmal bei der Firma Henkel und ihrer Adresssatzverwaltungsbeauftragten freundlich bedanken.

Klaus Nüchtern | Dauerhafter Link | Kommentare (8)


16.11.2005 | 12:46 | Alles wird besser | Sachen kaufen | Essen und Essenzielles

Lob des Schlabberfrühstücks und des Internets


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
In weiten Teilen Deutschlands essen die Menschen zum Frühstück gerne Brot/Brötchen mit was drauf und dazu ein Ei. Das klingt zwar erst mal nicht so schlimm, kann aber unter Umständen auch mal nerven. Man wacht auf und weiss schon: So, und jetzt wieder Brot oder Brötchen mit was drauf und ein Ei. Diese Aussichten sind einfach nicht oft genug der super Kick, den man braucht, um überhaupt das Bett verlassen zu wollen.
Der Engländer isst zum Frühstück traditionell ein Porridge, vulgo Haferschleim. Klingt erstmal schlimm, aber über die Jahre und die kolonialisierten Kontinente hinweg hat sich daraus eine beachtliche, vielleicht sogar wahnsinnige Variationsbreite an Flockenartigem zum in ein Schälchen schütten, mit Milch begiessen und dann zum Frühstück essen entwickelt. Darunter ganz leckere Sachen, die einen schon abends beim Einschlafen sich darauf freuen lassen, in paar Stunden endlich wieder aufstehen und zur grossen Pappschachtel mit den leckeren Dingern greifen zu können, die erst knusprig sind und dann bisschen aufweichen und dabei die Milch ganz süss machen! Jedenfalls, zu den allerleckersten ihrer Zunft gehören die himmlischen Golden Grahams (Bild). Und jetzt der Haken: Gibt's hier nicht in den Läden. Jahrelang musste man Amerika-Reisende bitten, ein paar Packungen Golden Grahams in einem Extra-Koffer mitzubringen, oder man musste gar ohne Golden Grahams auskommen! Damit ist endlich Schluss, dank Internet, wo man die nämlich einfach bestellen kann. Danke, Internet!


16.11.2005 | 08:36 | Alles wird besser | Sachen kaufen

Meta-Neuigkeiten


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)

(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Wenig auf der Welt ist besser als Neues, es sei denn neues Neues. Bei IKEA gibt es seit neuem die Rubrik "Neues" von unübersehbarer Neuigkeit (siehe Abbildungen). Noch schöner wäre nur ein kleiner "NEU!"-Stern direkt am schliesslich ja seinerseits neuen Hinweis "NEU!".
Neu in dieser neuen Rubrik ist ein preiswerter farbloser Pappkarton mit Deckel namens Reta, dessen Neuigkeitswert jedem auffallen wird, der schon einmal versucht hat, Kartons zur Aufbewahrung von Papier zu erwerben. Bisher gab es diesen wichtigen Haushaltsgegenstand nur in schlimm gemusterten (IKEA, weniger neu) oder unbezahlbaren (Fotobedarf) Versionen zu kaufen. Andere, weniger vernünftige Publikationen werden diese Verbesserung unserer Lebensqualität mit keiner Silbe erwähnen und sich stattdessen mit eitlem Tand wie Freelining befassen, aber dafür gibt es ja die Riesenmaschine. Neu und jetzt ganz neu!


15.11.2005 | 16:04 | Alles wird besser | Sachen kaufen

The difficult second album


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Wer schon immer mal sehen wollte, wie Kate Winslet als katholische Nonne, die sich in atemloser Stille in einem Keller mit einer Gruppe Juden vor den Nazis versteckt hält und im letzten Augenblick durch ein unabsichtliches Husten verraten wird, schreiend vor Lachen zusammenbricht, weil Regisseur Ricky Gervais in dem Moment, als sich der Spürtrupp im Gang wieder entfernt, in einem Wiederholungstake die Anweisung ausgibt "This time, someone is going to fart", der bestelle sich "Extras" auf DVD, die Nachfolgeserie von "The Office" des britischen Autorenduos Ricky Gervais / Stephen Merchant.

Deren grossartiges, als Pseudodokumentation (mockumentary) über den Büroalltag konzipiertes Erstlingswerk "The Office" hat auch hierzulande einige Berühmtheit erlangt, nicht, weil die Serie im Fernsehen ausgestrahlt worden wäre, sondern vielmehr als Gegenstand eines angedrohten Rechtsstreits zwischen der BBC und Pro Sieben; die Schreiber von Pro Sieben hatten von der Idee bis zur Kameraeinstellung nahezu alles sehr schamlos (und schlechter) für die Serie "Stromberg" plagiiert.

Weil es oft vorkommt, dass die gesamte Kreativität und Innovation im Erstling verballert wird und man die bekannten Erfolgskonzepte nur neu aufwärmt, war man beim Nachfolger aufs Schlimmste gefasst – und wird angenehm überrascht: "Extras" braucht sich hinter "The Office" kaum zu verstecken. Gervais gibt erneut den Hauptdarsteller, diesmal den im Vergleich zum Office-Boss David Brent deutlich weniger widerlichen Schauspieler Andy Millman, der als Statist ("Extra") an diversen Filmsets erfolglos versucht, eine Sprechrolle zu ergattern und dem es schliesslich in der letzten Folge gelingt, das Drehbuch für eine Sitcom über seinen ehemaligen widerlichen Boss bei der BBC unterzubringen.

Der grosse Erfolg von The Office auch in den USA (man bekam sogar den Golden Globe für die Beste Sitcom) hat es Gervais/Merchant ermöglicht, diverse Grössen für Gastrollen zu verpflichten, unter anderem karikieren Ben Stiller, Kate Winslet, Samuel L. Jackson und Patrick Stewart sich selbst (oder sind nur sie selbst, was dann allerdings schlimm wäre, man weiss das nicht so genau).

Höhepunkte im Bonusmaterial ("Extras") sind neben dem oben erwähnten Winslet-Outtake sicherlich die etwa zwanzigminütige Videodokumentation, in der Gervais seinen Schnittassistenten mit immer neuen Masken und Tesabändern in entwürdigendster Art und Weise zupflastert und ihn dabei filmt sowie der vergebliche Versuch, in einem trostlosen Hotelzimmer die Telefonnummer der britischen Auskunft zu ermitteln, die eventuell über die Telefonnummer der Auslandsauskunft verfügt, die eventuell über die Telefonnummer des Managements von Leonardo di Caprio verfügt, das eventuell die Telefonnummer von Leonardo di Caprio rausrücken könnte.


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- Andy Warhols Factory

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- gegen Missstände ankomponieren

- Kleidermotten, die Studentenfutter fressen

- Igel im Auge

- irgendein pilzy Office


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"C.R.A.Z.Y.", Jean-Marc Vallée (2005)

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