17.11.2005 | 17:04 | Anderswo | Supertiere
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Man kann nicht gerade behaupten, dass die österreichische Stadt Wien nicht freundlich zu ihren Pflanzen ist. Jetzt in der kalten Jahreszeit z.B. werden die Millionen Blumenzwiebeln in den öffentlichen Rabatten winterfest gemacht und mit einem schön polierten Schild versehen, auf dem der nette Hinweis "Vorsicht, hier schlafen Blumenzwiebeln!" steht. Nun hat die Stadt anlässlich des 250-jährigen Bestehens ihres Botanischen Gartens vom Staat Australien eine Pflanze geschenkt bekommen, die etwas weniger häufig auftritt als die Blumenzwiebel, nämlich nur ca. vierzig Mal weltweit. Die Rede ist natürlich von der australischen Wollemia, einem der ältesten Gewächse auf Gottes Scholle, das bis zu seiner zufälligen Wiederentdeckung 1994 als ausgestorben galt. Ihr Standort wird geheim gehalten, nur wenige wissen, wo die Wollemia wächst. Ausserhalb dieser geheimen Stelle in Australien gibt es auf der Erde nur fünf Dependancen, eine davon im Disneyland vor den Toren Tokios, allesamt hinter Gittern vegetierend. Und jetzt hat Wien auch eine. Der Transport hatte nach vorhergehenden, höchst komplexen diplomatischen Vorbereitungen bei den Austrian Airlines die grösste logistische Unruhe nach den Pandabären ausgelöst. Jetzt steht das Bäumchen in einem schnöden Blumentopf auf einer kleinen Insel, beschützt von auch nicht eben jungen Kolleginnen, nämlich den besonders aggressiven Schnappschildkröten, die noch dazu ein stinkendes Sekret absondern. Ein Bullterrier könnte damit zwar auch dienen, böte dann aber doch eher eine ungünstige Optik. Auch wenn er gerade für Wien an Authentizität geradezu ideal für diesen Job wäre, gilt dieses lustige Städtchen ja bekanntermassen als die zugeschissenste Kapitale der Welt.
13.11.2005 | 13:56 | Anderswo | Supertiere
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Wer in Mittelchile, dem so genannten Kleinen Süden, unterwegs ist, wird sich wundern, warum die Hitchhiker dort flach auf der Strasse liegen, und nur ab und zu, wenn sich mal ein Auto nähert, matt den Daumen heben. Sind sie zu faul oder nur so unendlich müde? Den Grund erfährt man dann nicht sofort, man muss ihn sich ein wenig erarbeiten. Steigt man aus dem Bus in die wunderschöne Landschaft hinein, ist man plötzlich von einer Wolke tief brummender ca vier cm fetter Pferdebremsen umgeben, Tabano genannt, hier für unsere japanischen Freunde als Faltbremse. Man rennt in ein schützendes Haus, denn in das trauen sie sich offenbar unangemeldet nicht. Es gibt allerlei Tipps, wie man sie sich vom Leib hält, einige sagen, nichts Buntes anziehen, andere wiederum nichts Helles, dritte warnen vor Dunklem. Auch reagieren sie wie die Wespen nicht auf Geruch, sondern nur auf Bewegung. Ganz falsch ist also dem ersten Impuls nachgeben und rennen und wild fuchteln. Einfach wie in Zeitlupe gehen, sich auch mal für ein Viertelstündchen an einen Baum lehnen, oder eben wie die Autostopper auf die Strasse legen, beste Fortbewegungsmethode: sich rollend auf dem Boden bewegen. Auch sind sie gar nicht so schlimm, wie sie tun. Weil ihnen das blutgerinnende Sekret fehlt, mit dem z.B. unsere Mücken ihren Stich nach der Nahrungsaufnahme ordnungsgemäss verschliessen, der dann den Juckreiz auslöst, lassen ihre chilenischen Kollegen die Wunde einfach offen, aus der dann ein dünnes Blutrinnsal rieselt. Peinigender Juckreiz entfällt also. Und das beste an der ganzen Geschichte ist, dass sie nur exakt einen Monat aktiv sind, sie tauchen wie von Zauberhand jedes Jahr am 19.12. auf, und verschwinden wie sie gekommen sind am 19.1., keine Ahnung, was sie den Rest des Jahres so treiben, bzw. wie sie sich ernähren. Vielleicht stechen sie ja Bäume im Wald, und saugen das Harz der Zimtbäume. Jedenfalls zündet der Chilene dann die Knallbremse.
Dieser Beitrag ist ein Update zu: Politik ohne Ziel
04.11.2005 | 13:03 | Supertiere | Papierrascheln
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Die Riesenmaschine war Tieren bisher wohlgesonnen. Wir versuchten, die Andersartigkeit ihrer oft bizarren Lebensweisen zu respektieren, von ihnen zu lernen, ja, oft zogen wir ihr absurdes Sozialverhalten den komplizierten Mechanismen des menschlichen Miteinanders vor. Dabei verloren wir leider etwas aus den Augen, dass Tiere immer noch die grössten Feinde des Menschen sind. Nichts ist besser geeignet, diese These zu belegen, als "Bitten" von Pamela Nagami, eine gerade erschiene, hyperinformative Sammlung von medizinischen Fallstudien über Tierbisse und -stiche. Es steht jetzt unzweifelhaft fest: Alle Tiere sind grausame Monster. Alle, ausnahmslos. Wir wussten, dass Ratten gemein sind, aber muss man unbedingt Leprakranken die Zehen abfressen? Wir ahnten etwas von giftigen Schlangen, aber mehrere Tausend Tote pro Jahr? Vom Komodowaran hört man Grauenvolles, aber muss er zusätzlich 57 Krankheitserreger in seinem Mund herumtragen? Viel schlimmer ist, dass kein Mensch weiss, was für Monster Kegelschnecken sind, die ihre Opfer mit hochgiftigen Harpunenzähnen erdolchen. Knochenhechte sind in der Lage, aus dem Meer herauszuspringen und den arglosen Angler im Flug abzustechen.
Das ist kein Spass mehr, Freunde, und es hilft euch auch nicht, dass ihr euch untereinander nicht besser benehmt: Ein brasilianische Fliegenart etwa legt ihre Larven in die Körper von Feuerameisen (die wiederum Menschen problemlos umbringen können, also kein Mitleid). Wenn die Larve schlüpft, "borgt" sie sich den Kopf der Ameise und setzt dort Enzyme frei, die zum Abfallen des Kopfes führen. Das geht nicht, Leute, so nicht. Bei heise.de lesen wir von einer Assel, die zuerst die Zunge eines bestimmten Fisches isst, um dann selbst die Rolle der Fischzunge zu übernehmen (siehe Bild). Das ist so pervers, dass Auto-Tuning im Vergleich dazu wie eine harmlose Schrulle aussieht. Nein, das muss alles weg, Hechte und Hähne, Makaken und Moskitos, Frettchen und Fiebererreger, Hund, Katze, Pferde natürlich, ach. Zecken, Spinnen! Aber schweigen wir von Spinnen, das ist, also, unerträgliche Alpträume, gar nicht daran denken. Quallen, formlose Killer, weg damit. Kamele, Todesmaschinen, alles weg. Ein blutiger Kampf steht uns bevor, aber sie lassen uns keine Wahl; vernichten muss man sie, diese Tiere, wofür haben wir diese ganzen Bomben denn gebaut, ausrotten, mit Stumpf und, ähm, Beinen, ein für allemal. Naja, Eichhörnchen könnte man eventuell begnadigen.
30.10.2005 | 22:35 | Supertiere | Fakten und Figuren
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)In der Wiener Michaelergruft freut sich Pater Peter und meint händereibend: "Sie werden an Kälte und Trockenheit sterben", gemeint sind die Heerscharen der Rüsselkäfer, die ihm die Mumien im Keller auffressen, leider nicht die von Kaiser Karl, den die "Kaiser-Karl-Gebetsliga" vom Papst unlängst hat selig sprechen lassen, nicht wegen der hunderttausend Kriegs- und Hungertoten des ersten Weltkriegs, sondern weil ihn vor 40 Jahren eine brasilianische Nonne angerufen hatte, damit er sie von ihren Krampfadern befreien möge, also eine Art Drainage aus dem Jenseits. Aber "Giftgas-Charlie" liegt in der benachbarten Kapuzinergruft. Hier in der Michaeler wäre in 3 bis 4 Jahren alles bis auf die ungeniessbare Farbe der Särge aufgefressen worden, wenn nicht Pater Peter den Klimatechnikexperten Wolfgang Hacker angerufen und um weltlichen Beistand gebeten hätte. Der kühlte die Luft mittels Wärmeaustauscher von 18 auf 10 Grad runter und senkte die Luftfeuchtigkeit von 100 auf 60%, die Käfer schlafen ein und vertrocknen. In 12 Tagen hat er bereits 466 Liter Wasser aus der Luft abgeleitet. Das kostet natürlich alles und soll durch eine "Devotionalie" finanziert werden, eine Eprouvette voller Staub, es handelt sich dabei um den Sarg mit der Inventurnummer S/N 220, aus der Arme-Seelen-Gruft, der vom Rüsselkäfer vollständig zerstört wurde. Wie die Drainage woanders geht, zeigt das Bild: Handschuhfön im mumienlosen Finnland.
30.10.2005 | 03:50 | Supertiere | Alles wird besser
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Ständig wird man heute darauf hingewiesen, sich doch mal in den "anderen" hineinzuversetzen, etwas mit den Augen des "anderen" zu sehen, wobei dieser anonyme "andere" alles sein kann, schwul, obdachlos, Kinderschänder, Reh, Fussballprofi, Hannelore Kohl, Zeuge Jehovas oder sogar blind. Das Argument kommt vornehmlich von Toleranzfaschisten und ist zum Glück extrem leicht angreifbar. Aus Amerika jetzt immerhin ein ernsthaftes, wenn auch indirektes Angebot: Man versieht den "anderen" mit öffentlich zugänglichen Zusatzaugen, die es jedem erlauben, zumindest genau dasselbe zu sehen wie der "andere", wenn auch nicht mit dessen Augen. Das Team um Joshua Millspaugh rüstete Angehörige der benachteiligten Minderheit "Reh" mit einer Art Kamerahelm aus, und liess sie so wochenlang durch die Wälder Missouris eilen. Wenn die Rehvideos, wie versprochen, im Netz erhältlich sind, werden wir endlich verstehen, was diese fremden Wesen antreibt, was sie interessiert, wo sie hinsehen und wo sie wegsehen – und wie wir ihnen helfen können, zum Beispiel im jahrzehntelangen blutigen Konflikt mit dieser anderen Minderheit "Auto". Eine wirklich nachahmenswürdige Idee, wie wir finden: Millspaugh liefert nicht nur endlich die empirische Grundlage für rassen- ja artübergreifendes Verständnis und Toleranz, nein, er hat auch die Zukunft des Testbildes erfunden. Stundenlange Übertragungen aus trostloser Wildnis vom Äsen, Schlafen, Wegrennen, possierlich Aussehen, Brunftschreie ausstossen, und wieder von vorne – alles vom Kopf eines Rehes aus gefilmt. Nichts würden wir schlafgestörte Duracellhäschen uns nachts lieber ansehen.
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IN DER RIESENMASCHINE
ORIENTIERUNG
SO GEHT'S:
- weiße Pfauen
- Am besten gleich zwei kaufen
- Traumarbeit (auch wichtig)
- Purzel heißen
SO NICHT:
- Parfümiertes (ausser Parfum)
- Kloss im Hals ohne Grund im Kopf
- Begemann-Paraphrasen (real life!)
- Lagerfeuerromanik
AUTOMATISCHE KULTURKRITIK
"No one lives", Ryuhei Kitamura (2012)
Plus: 32, 35, 42, 48, 80, 96, 101, 104, 135, 143, 144 Minus: 209 Gesamt: 10 Punkte
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