Riesenmaschine

04.06.2007 | 12:22 | Alles wird besser | Alles wird schlechter | Was fehlt | Zeichen und Wunder

Kommentier die Welt


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Wer sich die meiste Zeit seines Lebens im Internet aufhält, dem fallen bei Ausflügen in die analoge Welt deren Defizite besonders deutlich auf. Wieso kann man beim Radio nicht einfach weiterskippen, wenn Nu Pagadi läuft? Warum lässt sich hier nirgends die Werbung abschalten? Und vor allem: Welcher Trottel hat schon wieder die Kommentarfunktion deaktiviert? Anmerkungen, Fragen, Empfehlungen zu den Dingen da draussen ("Das soll eine Hose sein?" "Diesen alten Wäscheständer kann man übrigens mitnehmen, er ist auch nur ein bisschen kaputt." "Wo kann ich das kaufen?" "Auf gar keinen Fall die Zwiebelsuppe bestellen!") kann man zwar leise vor sich hinmurmeln, aber nirgends werden sie festgehalten, niemand geht darauf ein. Nun gibt es immerhin die (bei Boing Boing gefundenen) Graffiti Report Cards. Ein erster Schritt hin zu einer umfassenden Kommentierbarkeit der Welt – bleibt zu hoffen, dass parallel auch endlich etwas erfunden wird, das die durchschnittliche Qualität von Kommentaren auf ein erträgliches Level hebt.


04.06.2007 | 01:01 | Was fehlt | Listen

Wohldefinierte Tage


12. Oktober: Tag der gefallenen Soldaten, die eigentlich nur den Bruder besuchen waren und dann ging der Alarm los und alle rannten in die Flugzeuge. (Foto: takomabibelot) (Lizenz)
Das Weltdingsbumstag-Business gehört zu den härtesten der Welt, ständig ist irgendwas, und nur mit einer klaren Positionierung findet man überhaupt noch Beachtung. Larifari-Tage wie der Internationale Tag der Umwelt (morgen) haben auf lange Sicht nur geringe Marktchancen – viel besser, und da sehen wir auch über das wenig einprägsame Naming gnädig hinweg, ist der heutige Tag der Kinder, die unschuldig zu Aggressionsopfern geworden sind. Die ganzen Petzen, Loser und Nervensägen, die sich auf die Fresse redlich verdient haben, können sich nämlich mal gehackt legen bzw. ihren eigenen Tag veranstalten.

Unverbindliche Vorschläge für weitere Gedenktage: Der "Tag der Schlaganfallopfer, die nicht fettleibig oder Raucher sind", der "Tag der Minenopfer, ausser denen, denen ihre Eltern HUNDERTMAL gesagt haben, dass sie kein Spielzeug vom Boden aufheben sollen", der "Tag der Kurzsichtigen, die nie das Buch zu nah vor die Augen gehalten haben" und der "Tag der Lawinenopfer, die aus Sicherheitsgründen im Tal geblieben sind und dann voll viel Pech hatten".


26.05.2007 | 12:59 | Was fehlt | Sachen anziehen

Heiligendamm leichter gemacht


Dank Mithril: In Zukunft weniger Staatsmasse. (Bild: Wikimedia, Lizenz)
Für G-8-Gegner ein Reizsymbol, für den Staat keine Zier: Die klobigen beschusshemmenden Westen, die Polizisten in kniffligen Situationen tragen müssen. Bis zu 30 kg Schlagschutzkleidung schleppt der Amtmann bisweilen am Oberkörper mit sich herum – bei den sommerlichen Temperaturen in Heiligendamm sicher keine Freude, und nicht jeder kann sich eine kugelsichere Weste in Form eines klimatisierten Papamobils leisten oder lässt wie der ugandische Diktator Idi Amin Bomben an seinem Brustkorb abprallen. Noch unfairer: Für Staatsoberhäupter ist das Risiko, vom aufmüpfigen Pöbel eins abzubekommen, ohnehin wesentlich geringer als bisher vermutet: Die Wahrscheinlichkeit eines Anschlags beträgt lediglich 0,3 Prozent. Also wäre doch eigentlich alles easy, Herr Schäuble, warum dann dieses Aufgebot? Jedoch, die Leichtigkeit, mit der Staatsleute durchs Leben flanieren, könnte nun auch dem Schutzpersonal zuteil werden, denn jetzt stehen leichtgewichtige Nanotube-Textilien in den Startlöchern des technischen Fortschritts, so leicht wie eine Feder und so hart wie ein Drachenpanzer. Um Humanität zu demonstrieren also sofort vorbestellen, Innenministerium!

Ruben Schneider | Dauerhafter Link | Kommentare (1)


22.05.2007 | 00:50 | Was fehlt

Über den Prozess der Zivilisation des Fahrradfahrens


Kommunikationsgerät aus dem Fahrrad-Neolithikum (striatic) (Lizenz)
Wenn man Norbert Elias Glauben schenken möchte, dann tritt zwischen spontanem emotionalem Impuls ("aus dem Weg, Trottel!") und tatsächlicher Handlung (Betätigen der Fahrradklingel) im Laufe der Menschheitsgeschichte immer mehr ein Zurückhalten dieses Impulses und ein Überdenken der (Rück-)Wirkungen des eigenen Handelns ein. Zum Beispiel könnten sich die so angesprochenen Fussgänger erschrecken, zudem ist man ja als Fahrradfahrer oft gar nicht im Recht, sondern befährt vorschriftswidrig einen reinen Fussgängerweg, in der falschen Richtung und ohne Licht noch dazu. Es fehlt daher eine neuzeitliche Möglichkeit, den Fussgänger höflich zu bitten, doch einen Schritt beiseitezutreten, wenn es ihm gerade keine Umstände bereitet. Es fehlt die höfliche Fahrradklingel. Sie dürfte gar nicht erst Klingel heissen, sondern vielleicht Anklopfe oder Schnurre, und ihr Geräusch sollte an Unaufdringlichkeit etwa einem zarten Handy-Vibrationsalarm gleichkommen: "Hinter mir schnurrte entschuldigend ein Fahrradfahrer". Wir bitten die Hersteller von Fahrradzubehör, diesen Wunsch bei Gelegenheit zu berücksichtigen, wenn es gerade keine Umstände bereitet. Die extra laute chinesische Fahrradklingel und das druckluftbetriebene Air Zound III Bike Horn dagegen sollen Ländern vorbehalten bleiben, in denen man noch auf den Bäumen Rad fährt.


14.05.2007 | 20:51 | Anderswo | Was fehlt | Essen und Essenzielles

Es gibt Reis!

"Du warst das erste Mal bei mir, ich hatte immer noch keine Sitzgelegenheit" singen Tocotronic auf einer ihrer zumindest bis zur Jahrtausendwende doch sehr guten Veröffentlichungen in dem Lied "Vier Geschichten von Dir".


Mohn in Potenz (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Ähnliches könnte das sich derzeit wieder einmal die Lenden gürtende und zur Welthauptstadt der zeitgenössischen Kunst rüstende Kassel singen, wenn es denn eine Musikgruppe wäre. Nachdem nämlich auf der Wiese vor der Orangerie in den Karlsauen, auf der bei vergangenen Ausstellungen die Besucherinnen und Besucher Erholung suchten, zwischenzeitlich die Bürgelschen Gewächshäuser erfolgreich errichtet wurden, fallen nach und nach die paar weiteren Rasenplätze weg, auf denen man sich bei früheren documenten kostenlos niedersinken lassen konnte: Vor ein paar Tagen wurde berichtet, dass die grosse Wiese vor dem Fridericianum von der kroatischen Künstlerin Sanja Ivekovic komplett mit rotem Klatschmohn eingesät wurde, und jetzt kam raus, dass Sakarin Krue-On aus Thailand vor Schloss Wilhelmshöhe Reisterrassen anlegen wird.

Irgendwas müssen Ai Weiweis 1000 Chinesen ja auch essen, über die der Künstler bislang lediglich verlauten liess, dass es keine Nackten zu sehen geben wird, womit sich ein zweifelhafter Bogen vom Eingangssatz dieses Beitrags schlagen liesse zu den Tocotronic-Vorgängern S.Y.P.H., die bereits 1985 "Tausend nackte Neger" am Strassenrand nicht erkannten.


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