18.01.2007 | 03:42 | Was fehlt | Zeichen und Wunder
Blindunterschrift (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)Suchte man Worte, deren Differenz zwischen Schönheit des Klangs und Doofnis des Inhalts so gross wie möglich sein sollte, keines käme gegen "Gebresten" an. Während einige Modegebresten hervorragend zum Partytalk geeignet sind, eignen sich andere nicht so sehr dazu. Stummheit zum Beispiel. Das Gute an der mühsam herbeigeschufteten Zivilisation ist nun, dass Gebresten nicht mehr überlebensentscheidend sind, bzw. vielmehr versterbensentscheidend. Das bedeutet aber auch, dass sich jeder Zivilisationsteilnehmer – also praktisch jeder ausser Anwälten – überlegen muss, wie man mit den Gebresten anderer umgeht. Da die eine Extremlösung dieser Frage, Menschen mit Gebresten sowohl von ihren Gebresten wie auch von ihrem Menschsein zu befreien, als gescheitert zu betrachten ist, könnte man es vielleicht mal mit dem anderen Extrem probieren, das auch eine Spur philantrophischer dahergeschlendert kommt: Alles für alle zugänglich zu machen. Und wenn es nur in kleinen Schritten ist, wie auf alle Verpackungen im Supermarkt auch in Blindenschrift draufzuschreiben, was drin ist. Eventuell braucht man zusätzlich zur Gesundheitsreform auch noch eine Krankheits-Umgangsreform.
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17.01.2007 | 09:57 | Anderswo | Was fehlt
Bodenskulptur in Potenz"Zeitgenössische Kunst kann nicht in still gelegten Fabrikgebäuden gezeigt werden." So oder so ähnlich der Wortlaut, mit dem der aktuelle künstlerische Leiter der documenta 12, Roger M. Bürgel, vor Journalisten den Umstand rechtfertigte, dass letzte Woche eine Spezialfirma zur Grasnarbenentfernung aus Bielefeld den Rasen vor der Kasseler Orangerie abschälte, um Platz zu schaffen für eine Aufschüttung mit Schotter, auf der ab dem 26.6., dem Start der documenta 12, ein an ein Gewächshaus gemahnendes, 10.000 Quadratmeter grosses Konstrukt transparenter Ausstellungshallen stehen soll, das etwa drei Viertel der Exponate enthalten wird.
"Zeitgenössische Kunst kann nur in still gelegten Fabrikgebäuden gezeigt werden", so Okwui Enwezor wahrscheinlich vor 5 Jahren zur Begründung, warum die ebenso still gelegten wie abgelegenen Lagerhallen der Binding Brauerei als Hauptausstellungsfläche für die d 11 ausgebaut werden mussten, während die eigens dafür irgendwann mal errichtete Documenta-Halle wie immer weitgehend unbespielt blieb.
Zu grossem Grummeln unter den lokalen Leserbriefschreibern führt allerdings diesmal der Umstand, dass die mit ca. 3 Millionen Euro veranschlagte Finanzierung der Hallen noch gar nicht gesichert ist, der Baubeginn aus Zeitgründen aber trotzdem bereits stattfinden musste. Für immerhin 30.000 Euro lässt sich mittlerweile die symbolische Eigentümerschaft an einer Metallstütze in den Pavillons erwerben. Falls nicht genug Geld beisammen komme, so Bürgel, werde der Grundriss asphaltiert, die Baufläche als "negativer Raum" werde zur "Bodenskulptur", und die documenta 12 fällt halt aus.
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17.01.2007 | 01:07 | Alles wird besser | Was fehlt | Zeichen und Wunder
Eines schönen Tages, vielleicht mit 16, erkennt man, dass das menschliche Leben ja nur ein biochemischer Prozess ist, alles nur Hormone und Enzyme. Der Schulhof ist ein paar Minuten schockiert. Später sieht man ein, dass zum Leben ja noch mehr gehört, zum Beispiel elektromagnetische Ströme in den Nervenbahnen. Diese lassen sich gut manipulieren, nicht nur durch scharfes Nachdenken, sondern auch durch transkranielle magnetische Stimulation (TMS) wie sie seit vielen Jahren Anwendung findet und hier schon beleuchtet wurde.
Noch wird TMS hauptsächlich zur Forschung eingesetzt. So haben beispielsweise kürzlich Schweizer Wissenschaftler Probanden mittels wiederholter TMS stimuliert und kamen zu dem Schluss, dass die rechte dorsolaterale präfrontale Kortex an der Umsetzung von Fairness-gesteuertem Verhalten beteiligt ist. Der Scientific American unkte im Zusammenhang mit der Schweizer Studie, dass die Technologie wohl noch in Verkaufsräumen installiert wird. Aber man wird ja nicht nur die Fairness des Gegenübers herabsetzen wollen, sondern hauptsächlich eigene unliebsame Hirnregionen lahmlegen, um wieder unbeschwert man selbst zu sein.
Eigentlich immer eine gute Idee. Foto: _sarchi mit UnterstrichModerne Geräte weisen bereits den Formfaktor eines Autotelefons auf, und die paar Spulen und Batteriequelle sollten sich eines Tages auch bequem im Klotz in der Hosentasche wiederfinden lassen, den die Älteren dann noch Telefon nennen.
Für den Fortschritt der Mobiltelefonerfinderbrache ist es ohnehin unabdingbar, nicht nur immer Haushaltsgeräte in die neuen Telefone zu integrieren, sondern besser tolle neue Gadgets, die es bisher nur im medizinischen Fachhandel zu erwerben gibt.
Wenn einem das zu teuer ist, kann man sich die Zeit bis dahin hoffentlich mit OpenStim verkürzen, einem Zusammenschluss von Forschern, die ein solches Gerät für nur 400$ an Materialkosten zu entwickeln suchen. Die Ziele sind hehr: Mittels TMS kann so ein jeder zu Glücksgefühlen kommen, ganz ohne Nikotin, Heroin und Saccharose. Wie es scheint sind aber noch eine ganze Reihe von Hirnverbesserungen inkl. Gedächtnisupgrade "drin".
Der Einsatz der Technologie ist ethisch-moralisch-gesetzlich nicht unumstritten, schliesslich sind selbst herkömmliche Geräte überwiegend nicht für den therapeutischen Einsatz vorgesehen. Zur Markteinführung rollt dann eine neue Welle von Regulationen auf uns zu, die uns untersagen, den Klotz auf hinten-links anzusetzen, wo man lieb und brav wird (geraten), bzw. hinten-zentral auf halber Höhe nur im Raucherlokal.
Investoren in diese Technologie sollten sich jedenfalls frühzeitig mit den juristischen Konsequenzen auseinandersetzen. Es wird schwierig werden, Geld von jemandem einzuklagen, dem man durch möglicherweise fehlerhafte Stimulation des Fairnessempfindens praktisch den Rat gegeben hat, nicht zu bezahlen.
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10.01.2007 | 22:28 | Was fehlt | Listen
Bild von hier (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)5. GUTSMUTHSPREIS Der im Jahre 1961 gestiftete "GutsMuths-Preis" kann für hervorragende wissenschaftliche Arbeiten verliehen werden, die geeignet sind, die Entwicklung der sozialistischen Körperkultur in der DDR zu fördern. Benannt nach dem Verfasser des "Katechismus der Turnkunst" und Erfinder des Baseball. Punktet vor allem mit dem Namen und dem Stifter. Immerhin 5.000 Ostmark. Ein solider fünfter Platz.
4.WALTER-FICK-PREIS Gestiftet von Reinhild Fick, wird als zweiter Preis des Bayerisch-Schwäbischen Literaturpreis ausgelobt. Neben den 1.000 Euro Preisgeld winken dem Preisträger eine Laudatio, eine Zeremonie im Rokokosaal der Regierung von Schwaben und jede Menge Googletreffer. 2003 wurde der Preis das erste Mal vergeben, und zwar an Finn Ole Heinrich, glaubt man dem Netz, ist er danach wieder spurlos aus dem Literaturbetrieb verschwunden, warum nur?
3.GRIMMPREIS (eigentlich: Jacob- und Wilhelm-Grimm-Preis der Deutschen Demokratischen Republik): Der im Jahre 1979 gestiftete Preis kann für hervorragende wissenschaftliche und pädagogische Leistungen bei der Förderung der Germanistik im Ausland verliehen werden. Der Preis wird an Kollektive, in der Regel bis zu 6 Personen, verliehen. Er kann an Bürger anderer Staaten verliehen werden, wenn sie Germanisten, Deutschlektoren, Deutschlehrer, Autoren von Lehrbüchern und Medienprogrammen sind. Erster Preis, den die junge Riesenmaschine damals gewinnen konnte. Schon daher ein Platz in den Top 5 ein Muss.
2.JEUX FLORAUX (schö floroh): Der im Jahr 1323 von den Sept Trobadors de Tolosa gegründete Poetenwettstreit gilt als der Bachmannpreis des Spätmittelalters. Ausgetragen nach den Statuten der Leys d'amour, erhielt der Sieger den Titel eines "Meisters der fröhlichen Wissenschaften" und ein goldenes Veilchen. Jahrzehnte später artete die Veranstaltung in ein reines Saufgelage aus. In was für glücklichen Zeiten wir leben: in Klagenfurt können wir diesen ganzen Prozess, der früher Jahre dauerte, jedes Jahr innerhalb von fünf Tagen komplett durchleben.
1.ROMMELPREIS – Um den 1962 vom früheren britischen Botschafter in Uruguay Sir Eugen Millington-Drake – er hat die Graf Spree auf dem Gewissen – gestifteten Rommelpreis kämpften alle Divisionen der Bundeswehr. Die Sieger erhielten eine Fahrkarte zum PRIX LECLERC-Schiessen. Kontroverser Name, ordentliches Anforderungsprofil (Pistolenschiessen, Sturmgewehrschiessen, MG-Schiessen), abseitiger Stifter. Super: Fahrkarte als Preis. Klarer 1. Platz.
02.01.2007 | 17:34 | Alles wird besser | Was fehlt | Sachen kaufen
Neu mit Solala-Energie. (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)Die gute alte Parkuhr, das macht man sich oft nicht klar, existiert nur in unserer fälschlich Erinnerung genannten Verklärungsanlage im Kopf, denn in Wirklichkeit handelte es sich um eine schlechte, alte Parkuhr. Parkgebühren sind vollkommen akzeptabel, die Strasse hat lange genug nur so herumgelegen und es höchste Zeit, dass sie sich endlich selbst finanziert. Der schmerzimpogewordene Begleitumstand zu den alten Parkuhren war jedenfalls, neben ihrem unnachgiebigen Diskussionsverhalten, die lästige, sture Münzfixierung.
Damit ist es in Berlin nun vorbei, die Parkautomaten können mit EC-Karten bezahlt werden. Karte hineinstecken, je geplanten drei Minuten Parkzeit einmal auf ein Knöpfchen drücken, fertig. Fünf Cent je drei Minuten werden vom Konto abgebucht und wenn man Anarchist ist, kann man mit seiner EC-Karte an jeden Automaten gehen, immer drei Minuten eingeben und so die Stadt pleiteparken, denn der Verwaltungsvorgang kostet sicher viel mehr als fünf Cent. Und wieder ist die Welt ein Stück schöner, schneller, automatischer und gadgetiger geworden. Wir werden nicht ruhen bis zur totalen McGyverisierung des Alltags, bis man mit einem einzigen Universaltool busfahren, einkaufen, orgelspielen, radfahren, Plätzchen backen und fliegen (endlich!) kann.
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IN DER RIESENMASCHINE
ORIENTIERUNG
SO GEHT'S:
- Maiglöckchen
- Nogo-Area im Bad
- Kranichschlafplatz
- monatelange Frisörüberfälligkeit
SO NICHT:
- spitze Schuhe (ausser in Leningrad)
- Buchten der Weisheit
- Haargelknappheit
- Schmerzmittelmässigkeit
AUTOMATISCHE KULTURKRITIK
"Der Knochenmann", Wolfgang Murnberger (2009)
Plus: 2, 21, 49, 56, 80, 118 Minus: 1, 117 Gesamt: 4 Punkte
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