Riesenmaschine

04.08.2007 | 20:02 | Anderswo | Zeichen und Wunder

Schildbürgersteig


Im Spiegelkabinett von Kunst und Kommerz – Photo und Hinweis: Thomas Weyres (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Den Wanderer, der dieser Tage nach Kassel kommt, um seinen Kunstverstand auf der zwölften documenta mittels Molekularküche und Gazagiraffe zu schärfen und neu einzunorden, stürzt die Stadt unversehens in tiefste Verunsicherung, die umstandslos in Beziehungswahn umschlägt. "Halt!" denkt er sich etwa beim Bummel durch die Kasseler Fussgängerzone, "wirbt dieser modisch gekleidete Mann tatsächlich für die Jeans-Etage oder bin ich hier als Betrachter bereits Teil eines subtilen künstlerischen Eingriffs mit historischem Querverweis, bzw. Teil dessen mutwilliger Aktualisierung – und das womöglich an einer Stelle und auf eine Art und Weise, wo und wie ich es es am allerwenigsten erwarten würde?" Eine absolut berechtigte Frage.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Vintage cooking


01.08.2007 | 12:19 | Anderswo | Alles wird schlechter | Sachen kaufen | Zeichen und Wunder

Markenprodukte


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Marktwirtschaft sollte eigentlich Markenwirtschaft heissen, so wichtig sind diese Marken inzwischen. Marken sind toll und geben dem dummen und verunsicherten Konsumenten das Gefühl von Qualität, Auswahl, Freiheit und Macht. Erfunden wurde die Marke etwa 500 v. Chr. von etruskischen Bäckern, die ihre Namen auf die Stoffbeutel der Brotlaibe mit Birkenpech aufmalten. Zweieinhalbtausend Jahre später beherrschen Marken die sichtbare Welt, weil sie die Wahrnehmung beherrschen. Und schon bilden sich Zellen des Widerstandes, streitbare Geister, die sagen "Moment! Das Produkt ist viel wichtiger als die Marke!". Das ist natürlich Unsinn, Produkte sind nutzloser Tand; der Weg dagegen zu einem Leben von Liebe und Luft ist mit Marken gepflastert, die man im Gegensatz zur dinglichen Ware auch ständig mit sich herumtragen kann (im Kopf). Insofern bekämpfenswert sind Umtriebe zur Abschaffung der Marke, wie sie auf diesen Bild aus der Schweiz nahe Zug zu sehen sind: Eine Tankstelle, auf dessen Aushängeschild nicht der Absender steht, sondern das Produkt "Benzin", freilich offenbar aus Gewohnheit noch leicht angebrandet. Wenn sich dieser gefährliche Ansatz durchsetzen wird, erleben wir eine Monomarkenwelt, bei der es je Produkt nur noch eine Marke gibt, die jeweils alle anderen vom Markt klagt, es droht die DDRifikation. Drum hört, Ihr Völker, stürmt auf die Strassen, zieht Eure logoprangendsten Klamotten an, trinkt aus gebrandeten Gefässen Markengetränke, tanzt mit Euren Markenschuhen auf Markenevents. Ja, danke, genau so.


30.07.2007 | 18:17 | Zeichen und Wunder

Googlige Sprachreform


Sechs verbotene Verwendungen
des googligen Wortes als Substantiv. (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Wir haben uns versündigt. Wir haben hier und anderswo die Behauptung zitiert, in Zukunft würden wir mit unserem Google zum Google fahren, um dort Google für unser Google zu kaufen. Dies geschah in Unkenntnis der in den Google-Genehmigungen nachzulesenden Anweisung: "Verwenden Sie die Marke immer nur als Adjektiv, niemals als Substantiv oder Verb und auch nie im Plural oder als Possessivum." Richtig hätte der Satz also lauten müssen: "In Zukunft werden wir mit unserem googligen Fahrzeug zum googligen Supermarkt fahren, um dort ein einziges und keinesfalls mehrere googlige Produkte für einen googligen Einsatzzweck zu kaufen."

Wie wir es allerdings vermeiden können, die Marke als Possessivum zu verwenden, ist uns noch nicht ganz klar. Wie soll man denn sonst vermitteln, dass die googlige Firma – nach dem vollständigen Aufrollen der übrigen Welt auf der googligen Firma ihren grossen Katamari-Ball – jetzt eben auch in Besitz der deutschen Sprache ist? Was wir natürlich keinesfalls kritisieren wollen, sicher wird schon bald alles besser. Die googlige Firma wird die drei albernen und überflüssigen grammatischen Geschlechter an die Basken verkaufen und endlich dafür sorgen, dass auch im Deutschen der Satz von Calvin & Hobbes gilt: Verbing weirds language. Nur das Googeln heisst in dieser googligen Zukunft eben "die googlige Tätigkeit".


26.07.2007 | 23:17 | Nachtleuchtendes | Zeichen und Wunder

Spiegelnde Flächen


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)

(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)

(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Bisher galten abgerundete Ecken als der untrügliche Marker für Web 2.0. Alles ist einfach und kinderleicht zu bedienen, so die Botschaft, nirgendwo kann man sich die Rübe stossen. Seit neuestem drängt sich ein anderes Designelement als State of the Art im Webdesign in den Vordergrund, das sehr viel schwieriger zu dechiffrieren ist: die spiegelnde Fläche, auf der bei so unterschiedlichen Angeboten wie der DLD-Konferenz und Youporn das Logo ruht, bei Amazon neuerdings sogar die als Karussell animierten persönlichen Buchempfehlungen. Die naheliegendste Erklärung für ein derartiges Kohärenzphänomen lautet: Weil es geht; weil irgendwer damit angefangen hat, und weil es vermutlich längst in irgendwelchen Grafikprogrammen ein Tool dafür gibt, das spiegelglatte Flächen mit ausfadenden Reflektionen zaubert. So etwas gab es schon einmal Ende der 1980er mit den Gitternetzen, die zentralperspektivisch im Horizont verlaufen. Und zwar, weil die ersten Grafikprogramme auf dem Amiga genau das besonders gut abbilden konnten. Bleibt die Frage, wer damit angefangen hat. Vermutlich nicht der Web 2.0 Logo Creatr, auch wenn dessen eigenes Logo und alle, die er ausspuckt, mit formidablen Reflexionen aufwarten. Im Zweifelsfall wohl eher Apple, nicht nur, weil schon die Aqua-Oberfläche von OS X mit dem Themen Spiegeleffekte und reflektierende Flächen arbeitete, weil sich im CoverFlow von iTunes die CD-Cover spiegeln und weil auch das iPhone auf der aktuellen Startseite auf einer Spiegelfläche steht, sondern weil Apple generell die spiegelglatte Oberfläche neu erfunden hat – weil letztlich alle Logos und animierten Gegenstände so aussehen, als stünden oder rotierten sie auf dem Deckel eines zugeklappten MacBooks.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: I've seen the futr and it wrks (in beta)


17.07.2007 | 04:18 | Zeichen und Wunder | Vermutungen über die Welt

Lederlügen


Leder Adelt, Berlin-Charlottenburg / Lederwaren Umsonst, Regensburg (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
In diesen schweren, ach was, hervorragenden Zeiten, in denen es immer schwieriger wird, konkret Vorhandenes und nicht nur rein Virtuelles zu verkaufen und nicht nur zu verleihen (wir berichteten), beschreitet der Lederhandel neue Wege. Vermutlich untersagen irgendwelche Gesetze, auf den schlecht laufenden Lederladen unverfrorene Lügen wie "Leder ist praktisch", "Lederhosen machen schön" oder "Lederkombis sind das Allergrösste überhaupt" draufzuschreiben. Ein Schlupfloch entsteht durch die Möglichkeit der freien Namenswahl – warum sich nicht einfach in "Hermann Adelt", "Klaus-Dieter Umsonst" oder wenigstens "Sarah-Louise Sommerschlussverkauf" umbenennen?


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