Riesenmaschine

19.04.2010 | 16:48 | Zeichen und Wunder

Lieben nach Zahlen


Am Schnittpunkt von Gefühl hoch Herz und Anstrengung hoch Herz liegt das sentimentale Gleichgewicht. (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Der menschliche Geist ist schon ein tolles Gerät. Schüttelt man ihn, fallen aus ihm Goldbach-Konjekturen, Goldberg-Variationen, und Goldstein-Schwartz-Rohre heraus, wie Geschenke aus dem Sack eines Weihnachtsmannes, der nicht ganz dicht ist. Ein funkelndes Juwel funkelnder Originalität ist unser Kopf. Und was tun wir damit? Wir sexen rum, den lieben langen Tag.

Zugegeben, auch das Rumsexen kann unterhaltsam sein, aber überwiegend sind all die Verirrungen und Verwirrungen, die das Geschlechtliche in die Welt trägt, von minderer Ästhetik und wenig produktiv. Das ist insofern erstaunlich, als die evolutionäre Psychologie uns unterjubeln will, dass wir all die tollen Sachen nur können, um beim Rumsexen abzuräumen – aber dass es in einer regelhaften Welt Widersprüchlichkeiten gibt, ist ja nun kein Widerspruch.

Und ohnehin gibts seit Mittwoch eine Synthese, eine Vermählung abstrakter Schönheit mit den Niederungen irdischer Liebe, eine chymische Hochzeit der Mathematik mit dem Gefühl zu vermelden: Im wundersamen Artikel "A Mathematical Model of Sentimental Dynamics Accounting for Marital Dissolution" nämlich, und seinen tausendschönen Abbildungen. Darin geht es um den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik der Ehe, um die globalen Differentialgleichungen der Sentimentaldynamik und einen ersten Ansatz zur Scheidungsmechanik. Scheidungs-Lagrangefunktionen und die Quantentheorie der menschlichen Bindungsorbitale stehen vor der Tür! Ein tolles Gerät, dieser Geist.


17.03.2010 | 16:07 | Nachtleuchtendes | Zeichen und Wunder

Fernsehen wie noch nie


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)

Silent Küche-Saubermaching (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Die erste Webcam war bekanntlich die Trojan Room Coffee Machine, die von 1991 bis 2001 den Füllstand der Kaffeemaschine aus dem alten Computerlabor der Universität Cambridge ins Netz funkte. Danach wurde sie in den verdienten Ruhestand geschickt, und das Prinzip Webcam geriet in Vergessenheit, bzw. wanderte ins 3sat-Fernsehen ab, wo, wenn man Glück hat, zu nachtschlafender Zeit mitunter Live-Bilder von Skiliften übertragen werden. Nur ein paar Prolls schauen noch anderen Prolls im Big-Brother-Container zu – und die paranoiden Superreichen auf Fisher Island haben es sich zur Gewohnheit gemacht, Überwachungskamerabilder aus anderen Teilen der Villa auf ihrem Fernseher laufen zu lassen. Dieser Idee nun wiederum huldigt das ansonsten in Webdingen unbeleckte bzw. gewohnt abzockerische Mariott Hotel Köln, indem es den ersten Fernsehkanal per Default mit einer Live-Übertragung aus der Küche des hauseigenen Restaurants Fou belegt hat. Was dem müden und beladenen Gast im ersten Moment anmutet wie die Nachtschleife des aserbaidschanischen Fernsehens, entpuppt sich als faszinierend hautnahes Reality-TV, wenn um 2:30 wie aus dem Nichts eine fremdländisch vor sich hin schimpfende Reinigungskraft die Szenerie betritt und unbekümmert den Dienst versieht. Wie im Wachkoma bleibt man gebannt den Rest der Nacht am Rohr in der Hoffnung, doch noch einer Ratte, ein paar ortstypischen Heinzelmännchen oder dem heimlichen Interkursus der Nachtportiers teilhaftig zu werden. Warum hat man noch keinen Fernsehkanal für die eigene Küche, das Bad oder den Fahrradkeller? Eigentlich möchte man nur noch so fernsehen – und würde dafür im Zweifel sogar endlich die GEZ-Gebühr bezahlen.


12.03.2010 | 19:27 | Zeichen und Wunder

Überschrift mit billigem Wortspiel


Abb. ähnlich (Quelle) (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Man fragt sich manchmal, was einen Riesenmaschinenbeitrag von einem x-beliebigen Blindtext unterscheidet. Die Antwort ist vermutlich trivial, unterbleibt hier aber zunächst zugunsten der Erwähnung einer grossangelegten wissenschaftlichen Theorie, deren Relevanz für das Thema leichthin behauptet wird. Jedenfalls wird weitschweifig die Plattentektonik und der Hase Gottes mit einer hanebüchenen Interpretation des Urknalls in Verbindung gebracht, und zwar unter Zuhilfenahme der üblichen Tools der Branche (krude Logik, Wischiwaschi, metaphorisches Aufstampfen). Soziokulturelle Implikationen des Ganzen wurden von Holm Friebe notdürftig eingepflegt. Die fürs Verständnis wesentlichen Links zum eigentlichen Thema des Beitrags verbergen sich hinter einem Satz, der von etwas ganz anderem handelt. Dieser jetzt schon haltlose Scheiss wird natürlich zusätzlich untergraben mit Hilfe eines Stahlgewitters aus billigem Scherzgut, es kommt einem manchmal so vor, als hätte jedes Wort eine rote Nase. Der Beitrag endet mit noch einer total überraschenden Wendung, irgendwas Selbstreferentielles zum Beispiel.


14.02.2010 | 09:21 | Zeichen und Wunder | Papierrascheln | Vermutungen über die Welt

Breitstreckeinrichtungen in sozialen Netzen

Absetzer, Blindgreifer, Abstandshalter oder Spritzgerät? Spreader ins Deutsche zu übersetzen gestaltet sich so schwierig wie Browser. Mit solchen Problemen lassen einen Hernán Makse und Kollegen natürlich allein, wenn sie sich in Identifying influential spreaders in complex networks über die Verteiler in Verbreitungsnetzen auslassen. Gemeinhin nahm man an, dass die kritischen Knoten für die Weitergabe von Infektionen oder Informationen die mit vielen Verbindungen sind. In dieser Arbeit wird jedoch gezeigt, dass es wohl wichtiger ist, zentral im Netzwerk zu sitzen und unterschiedliche Regionen zu verbinden als nur Verbindungen zu haben. Da werden sich die Viren und viralen Vermarkter freuen, endlich zu wissen, wie man jemanden bei buzz oder Facebook als Multiplikator identifizieren kann.


Blindgreifer bei der Arbeit. Quelle (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)


Anmerkung für den wirklich interessierten Leser: Die verlinkte Arbeit ist in Wirklichkeit Makses Entropy of jammed matter. Die richtige verbirgt sich in diesem Satz. Wir wollten es den Werbern nicht zu leicht machen und die lesen ja nie weiter als bis zum ersten Link. Ausserdem ist der Titel viel besser.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Wasser kennt nur 5,6 Freunde


23.01.2010 | 10:47 | Berlin | Zeichen und Wunder

Horror vacui in Aktion


Das schneebeglänzte Feld als Leinwand (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Wir als elende Skribenten und Zeilenschinder gingen bislang immer davon aus, bei unserem täglichen writers block, der allmorgendlichen Angst vor dem weissen Blatt resp. der Bildschirmoberfläche, die Douglas Adams ins Bonmot goss, Schreiben sei eigentlich ganz einfach, man müsse nur so lange auf ein blankes Stück Papier starren, bis einem die Stirn blute, handele es sich um nichts anderes als den sprichwörtlichen horror vacui. Nun klärt uns die Wikipedia darüber auf, dass mit der nämlichen "Abscheu vor der Leere", das exakte Gegenteil gemeint ist, sprich: "die Neigung des unerfahrenen Künstlers, leere Räume (des Papiers oder der Leinwand) mit Bild oder Text zu überdecken." Demnach erklärt der horror vacui nicht nur das Europep-Dekor auf Wohnmobilen, sondern "wird auch als spontane Motivation genannt, an leere Wände Graffiti anzubringen." Das wiederum würde erklären, warum eine jungfräuliche Schneefläche, die auf unsereins eine nachgerade perhorreszierende Abstossungswirkung hat, weil sie uns an unser unbewältigtes Schreibpensum erinnert, auf unerfahrene Graffitisprüher im Gegensatz magische Anziehungskraft ausübt. Eigentlich erstaunlich, dass nicht viel öfter, wie hier in Berlin-Niederschönhausen, das Schneekleid der Stadt als Maluntergrund benutzt wird. Und genau so wie die namenlosen Schneesprüher haben wir es auch gemacht: einfach irgendwas hingeschrieben, um den Weissraum um das Foto herum zu füllen.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Konservative Wände


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