Riesenmaschine

16.03.2006 | 03:29 | Anderswo | Supertiere

Maul offen feilhalten


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Nach der Roboterqualle, die man schon vor Jahren nicht zum Geburtstag bekam und dem Roboterforschungsfisch, der ebenfalls nie auf dem Gabentisch landete, nun ein weiteres Ergebnis biomimetischer Bemühungen, das offenbar ganz auf die Zielgruppe extrem wohlhabender Aquaristen zugeschnitten ist und deshalb erst recht nicht in unseren längst leer bereit stehenden Roboterteichen landen wird: Ryomei Engineering aus Hiroshima stellt den Koi-Roboter bzw. Roboter-Koi vor. Er kann fies aussehen, ferngelenkt herumschwimmen und Fotos machen und wirkt dabei, dank seines dumm glotzenden Karpfenmauls, ebenso kuschelig wie der seinerzeit monatelang durch die Medien gereichte Roboterhund Aibo.

Gerüchte, es handle sich bei dem Koi lediglich um eine rasierte, mit Duschpflaster wasserdicht gemachte und anschliessend aufgepustete Version des mechanischen Meerschweins Gupi, blieben bislang allerdings unbestätigt.


15.03.2006 | 17:38 | Anderswo | Supertiere

They Are the Beaver


Wasserdichtes Nationaltier (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Von einem Land, das nicht den doofen Adler, sondern den Biber zum Nationaltier hat, darf man zu Recht erwarten, dass es sich um ein hervorragendes Land handelt. Ja, man geht eigentlich davon aus und müsste nicht noch durch schamlose Propagandafilme wie Escape to Canada darauf aufmerksam gemacht werden. "What if there was a place where marijuana was legal, where gay people can get married, women go topless and war is a last resort?", wirbt der Film und zeigt in der Folge mehr Hochzeitsszenen als jede Hollywoodkomödie, unendlich viele Kiffer, Jongleure und Stelzenläufer sowie US-Deserteure, die gerührt davon berichten, wie ihnen Kanada als das wahre "Land of the Free" erschienen sei.

Na gut, Marijuana ist in Kanada zugegebenermassen ein kleines bisschen legaler als in Deutschland, hat eine eigene Partei und bringt dem Land jährlich zwischen 5,6 und 7,1 Milliarden kanadische Dollar ein (so das informative Werk Bud Inc. – Inside Canada's Marijuana Industry), na gut, die kanadische Homoehe ist eine echte Ehe und nicht nur so eine Art Verbandelung wie in Deutschland, aber damit waren die Kanadier schliesslich auch weder die Ersten noch die Einzigen. Oben ohne herumlaufen und den Irak-Krieg schwänzen dürfen wir auch und würden daher nur ein patriotisches "Gähn!" erwidern. Wäre da nicht andererseits eben der Biber, von dem die kanadische Band Arrogant Worms im Abspann des Films nur Gutes zu berichten weiss:

We are the beaver, we're furry and we're free
Yeah, we are the beaver, we got two big front teeth
Yeah, we are the beaver, we can chew right through small trees
We are the beaver, we are the beaver, we are the beaver.

You might think a rodent is a pretty lame choice
For a national animal, but don't you listen to that voice.
No, cause all them birds and predators just take from the land
But the beaver always gives a dam.


Ok, Kanada, du hast gewonnen.


15.03.2006 | 14:21 | Supertiere | Alles wird schlechter

Igel in Gefahr


Die Igel auf der besprochenen Seite sind allerdings noch viel niedlicher (Foto: oli / Lizenz)
Auf den ersten Blick sieht sie aus wie eine freundliche unkommerzielle Institution, die auf ihrer Homepage zudem Igel-Bilder von einer Niedlichkeit versammelt, die selbst die Tiere aus dem Cute Overload-Blog wie Fangzahnfische erscheinen lässt: The International Hedgehog Association.

Doch der äussere Schein trügt und je tiefer man in die Seite vordringt, desto deutlicher werden die Ausmasse des Grauens: Hier sind keine Igelfreunde am Werk, sondern verachtenswerte Igeltechnokraten, -vermesser und -zurschausteller. Statt über die Gefahren des furchtbaren Wobbly Hedgehog Syndrome aufzuklären, brüsten sie sich damit, in den letzten 10 Jahren über 100 Igelausstellungen abgehalten zu haben. Igelausstellungen! Mit Preisen! Als wäre für solche Zwecke nicht der Hund erfunden worden. Damit nicht genug: Im Color Guide werden die Igel in 92 Farbklassen eingeteilt, deren Namensgebung sich die schmierigste aller Marketing-Agenturen nicht hätte schlimmer ausdenken können: Von Salt & Pepper über Ruby-Eyed Cinnicot, Champagne und Chocolat Chip bis hin zu Algerian Apricot Snowflake.

Der Gipfel ist allerdings der Igel-Registrierungsservice. Der Igeldatenschutz wird mit Füssen getreten und der Hinweis "Dedicated to Preserving the Quality of the Species" zeigt die eigentliche Absicht der Hedgehog Association: Die Züchtung einer Igelherrenrasse, die Schaffung einer Welt, in der für den einfachen Wald- und Wiesenigel kein Platz mehr ist.


15.03.2006 | 05:43 | Anderswo | Fakten und Figuren

Minstrel 2006


Minstrel, früher (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Minstrel nennt sich eine eigentümliche und zutiefst rassistische Kulturform, die im 19. Jahrhundert und frühen 20. Jahrhundert vor allem in den USA sehr populär war. Dabei schminkten sich Weisse im Blackface-Stil als Schwarze und boten Tanz-, Musik- und Varietéeinlagen, natürlich unter Zuhilfnahme aller verfügbaren Nigger-Klischees. Das positivste an Minstrels war noch, dass sie erstmals auch schwarzen Künstlern Auftritte ermöglichten, sofern diese bereit waren, sich ebenfalls im Blackface-Stil zu verkleiden.

Der Einfluss der Minstrels auf die US-amerikanische Populärkultur ist enorm: Namhafte Entertainer wie Al Jolson, Bing Crosby oder Bob Hope performten im Blackface-Stil. Selbst nach dem Zweiten Weltkrieg erreichte die BBC mit The Black and White Minstrel Show noch 20 Jahre lang hohe Quoten und gewann 1961 die Goldene Rose von Montreux. Es gibt natürlich auch kritische Referenzen: Spike Lee erzählt in der Mediensatire Bamboozled (2000) vom schwarzen Mitarbeiter eines TV-Senders, der seinem weissen Chef ein Minstrel-Show-Konzept vorlegt, um den eigenen Rausschmiss zu provozieren und mit ansehen muss, wie das Konzept umgesetzt wird und auch noch höchst erfolgreich ist. Und im Video zu Public Enemies Burn Hollywood Burn von 1990 sieht man Ice Cube und Chuck D Minstrels gucken, woraufhin die beiden das dazugehörige Kino anzünden.

Ebenjener Ice Cube ist nun Co-Produzent der Reality-Show Black. White., die seit 8. März auf dem US-amerikanischen Fox-Ableger FX Networks läuft. Auch hier werden weisse Menschen zu Unterhaltungszwecken schwarz geschminkt, dieses Mal allerdings im Rahmen einer Art politisch korrekten Sozialstudie: In sechs Folgen tauschen eine schwarze und eine weisse Familie die Hautfarbe, um zu erfahren, wie sich der Alltag und die Behandlung durch andere Menschen dadurch verändert. Ob das Konzept Erfolg hat und vielleicht, in welcher Form auch immer, sogar nach Deutschland kommt, wird sich zeigen. Die Leistung der Maskenbildner ist aber auf jeden Fall schon mal ziemlich beeindruckend (wie diese Vorher-Nachher-Galerie zeigt.


14.03.2006 | 17:33 | Berlin | Alles wird schlechter | Fakten und Figuren

The DJ is dead

Als die fantastischen Pet Shop Boys im Oktober 1991 die Single "DJ Culture" veröffentlichten, fing offiziell die DJ-Dekade an, die 90er Jahre, in denen bootgeleggt und regemixt wurde, was einem unter die Nadel kam – nicht nur in der Musik. Der DJ wurde eine Ikone, ein Superstar, die Musiker hinter ihm zur Staffage. Er schaffte es sogar bis in die Fernsehwerbung von Persil und Sparkasse. Womit eindeutig sein Niedergang eingeleitet worden sein dürfte.

(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)

Und heute eröffnet in einer ehemaligen Sparkassenfiliale am Berliner Hackeschen Markt Puma einen Flagship Store und stellt einen DJ ins Schaufenster. Das ist die Möbelhaus-Eröffnung des 21. Jahrhunderts, der DJ ist toter als tot, er kann sich ab sofort gemeinsam mit Wolfgang Lippert beim Zange klauen im Baumarkt erwischen lassen, er würde keinen Ansehensverlust erleiden.

Das war es also mit dem DJ, ein trauriger Tod, eingerahmt von einem Ampelmännchensymbol und einem abgestellten, aber nicht abgeschlossenen Damenrad, umringt von 60jährigen Zufallspassanten, die vor dem Schaufenster nicht einmal hören, was aufgelegt wird. Die coolen Kinder werden inzwischen VJ, das geht bestimmt noch drei Jahre, und dann kommt etwas Neues. Vielleicht Klingelton-Jockey oder gleich Tastenton-Jockey. Man weiss es nicht. Und will es irgendwie auch nicht wissen.


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"Ex Drummer", Koen Mortier (2007)

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