Riesenmaschine

17.06.2006 | 16:42 | Alles wird besser | Essen und Essenzielles

Das grösste Loch Europas


Typisch Rheinländer: Immer am Baggern (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Knapp 20 Jahre hat das juristische Hickhack um das umstrittene Tiefbauvorhaben Garzweiler II gedauert: Verglichen mit der Zeit, die es braucht, bis aus Dinosauriern und Gestrüpp Braunkohle wird, ein historisch kurzer Zeitraum. Heute endlich beginnen die Bauarbeiten zum "grössten Loch Europas" (nicht zu verwechseln mit dem tiefsten oder kleinsten). Bis 2045 sollen laut Rheinbraun (was für ein schön versauter Firmenname!) auf einer Fläche von sumasummarum 48 Quadratkilometern (das entspricht nach heute gängiger Einheit ca. 6.800 Fussballfeldern) ca. 1,3 Milliarden Tonnen von dem braunen Gold, auch "Naturkaviar" genannt, aus dem Boden gelöffelt werden. Da kann sich der halsabschneiderische Araber mit seiner schwarzen Plörre getrost mal gehackt legen. Auch wenn wir die Bedenken von Umweltschutzverbänden durchaus ernst nehmen und Zwangsumsiedlungen grundsätzlich nicht für die feine bürokratische Art halten, so begrüssen wir doch das Projekt. Schon allein wegen der Bagger. Und um den Chinesen wenigstens irgendwas entgegensetzen zu können. Ausserdem: Wenn zur Mitte des Jahrhunderts die Löcher geflutet und die Bagger auf einer Insel in der Mitte zusammengezogen werden, verfügt endlich auch die bis dahin vermutlich wieder errichtete Bundesrepublik über eine so schöne Festival-Location wie die DDR sie schon längst hat. So muss man das auch mal sehen.


17.06.2006 | 13:04 | Alles wird besser

Leben mit Gelb


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
In Northeim hat man unlängst zur Verkehrssicherheit überall gelbe Füsse angebracht. Im Harz also, nicht im Badener Raum, deren Bewohner man Gelbfüssler nennt, weil im 17. Jahrhundert Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden-Baden, der legendäre Türkenlouis, seine zum Teil in gelben Strumpfhosen bekleideten Truppen in die Schlacht führte. Vermutlich aus Sicherheitsaspekten. Eine neue Studie hat nämlich ergeben, dass sich das Gelb gelber Autos auf die Fahrsicherheit auswirkt, gelb mache fröhlich, rot aggressiv. Diesen Beweis erbrachte aber schon Anfang der siebziger Jahre Eckhardt Henscheid in seinem Roman "Die Vollidioten": Jedesmal, wenn ein gelber oder grüner Lieferwagen eilig um die Ecke kurvt, so dass die Reifen quietschen, muss Herr Domingo lachen. Offenbar kann er ganz gut davon leben. Und in Bockhorn in Ostfriesland ist Gelb allumfassend Gesunde Ernährung und Lebensführung. Von Gelb kann sich Grün also noch eine Scheibe abschneiden. Das sagt auch Markus Radkopf, Kreissprecher der FDP-Viersen: "Grün wirbt mit Pessimismus und Angst vor der Freiheit".

Und was macht blau? Die Liebe macht blau. Zumindest wenn man ein Moorfrosch ist. Und wenn man jetzt allenorts ein leises Glucksen wie "uog ...uog ... uog..." (ähnlich dem Blubbern der aus einer untergetauchten, leeren Flasche entweichenden Luft) hört, ist das nur der Balzruf der blauen Froschmänner.

Tex Rubinowitz | Dauerhafter Link | Kommentare (3)


17.06.2006 | 03:12 | Essen und Essenzielles

Weizen zu Worten


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Mit dem Weinbau kennt sich der Mensch geschätzte 7.000 Jahre aus, mit dem Bierbrauen eher nur 6.000 Jahre. Trotzdem werden rund um die beiden Getränke immer noch munter Erfindungen gemacht. Beim Wein schlug zuletzt der Rüdesheimer Weinbrand im Jahr 1892 massiv ein, beim Bier gilt seit 1996 der Unterländer Bierathlon als letztes grosses Ding der Branche, und beim Weinbier führen spätestens seit den 80er Jahren die Belgier. Dabei ist es gut möglich, dass unsere Wahrnehmung 2006 neu geeicht werden muss. Denn eine noch relativ junge Anwendungsmethode für Wein und Bier rollt seit Anfang des Jahres aus der Eifel auf die Menschheit zu. Die Verwandlung von Terroir und Tanninen in Tinte bzw. das Konzentrieren von Hopfen und Malz zum Zweck des Verschreibens auf Papier. So ähnlich verspricht es zumindest die Tintenmanufaktur Jansen. Ungefähr 20 füllhaltertaugliche Rotweintinten mit Merlot-, Chianti- oder Spätburgunder-Kulör und 3 Biertinten in den Farbschattierungen Pils, Kölsch und Weizen bietet Jansen an. Jede Tinte verströmt beim Schreiben ihren eigenen Duft nach Kneipe um 6 Uhr früh und entwickelt erst auf dem Papier ihre satte Rotbraun- oder Beige-Tönung. Zur Zeit bestellen vor allem Winzer individuelle Werbegeschenke. Aus einer Flasche Roten fertigt die Manufaktur nach eigenen Angaben genau zwölf Gläschen alkoholfreie Tinte. Ein unverfänglicher Werbeslogan ist auch schon gefunden: Mit Wein schreib "Bier", das rat ich dir.

Jörg Meyerhoff | Dauerhafter Link


16.06.2006 | 17:25 | Essen und Essenzielles | Vermutungen über die Welt

Undank für den Fisch


So hatten sich die Yuppies die von ihnen selbst ins Rattern gebrachte Globalisierung nicht vorgestellt (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Die Fast-Essen-Kette Nordsee bastelt als Erweiterung ihrer beliebten Fischbrötchen Sushi. Eventuell hat das damit zu tun, dass Eigentümer Heiner Kamps mit Systembäckerei gross geworden ist, bei der straffe Waren- und Arbeitslogistik zum Erfolg führte. Im Fischbereich nun ist es schwierig, Gerichte zentral vorzubereiten und dann tiefgefroren zu transportieren – bei Sushi aber eben nicht. Um jetzt den Niedergang des Sushi als Speise der Besservertilgenden auszurufen, ist es geschätzte zehn Jahre zu spät. Auch Herrn Kamps sollte man mit Respekt begegnen, denn er hat nicht nur ein Unternehmen aufgebaut, eine Gewerkschafterin hat ihm vor einigen Jahren sogar bescheinigt, die fairsten Pachtverträge für seine Filialisten angeboten zu haben. Eventuell entgeht er deshalb sogar dem wegen der Erfindung des Schoko-Wuppis sicher geglaubten Höllenaufenthalt. Ausserdem essen wir den ganzen Tag Industriefrass und bisher hat das nur 3587 Menschen in Deutschland interessiert, was soll da an Industriesushi so schlimm sein? Woher rührt jetzt aber das Unwohlsein, das der mündige Passant angesichts der Nordsee-Sushi-Werbefahne empfindet? Nicht leicht zu erklären, denn auch der Seeteufel steckt im Detail, und das ist hier auch noch kulturübergreifend, deshalb muss ich etwas ausholen.

Globalisierung ist eigentlich eine gute Sache, und sie zu verdammen, weil die herrschende Konzernkaste damit Unfug anstellt, ist so, als würde man gegen das Feuer sein, weil damit Urwald verbrannt wird. Nein, der weltweite Austausch von Waren, Werten und Wissen ist notwendig und gut. Das gilt auch für Kulturgüter, denn Kultur ist Vermischung und Bereicherung und das Geschrei, Multikulti sei gescheitert, ist dumm und unerträglich, denn die Beispiele, die dafür beweisähnlich angebracht werden, handeln in den meisten Fällen von einem Milieu, wo alles Mögliche ist ausser Kultur; aber das völlig unüberraschende Scheitern des Nulltikulti ist nicht so leicht zu instrumentalisieren. Nordsee-Sushi krankt aber an etwas ganz Profanem. Die Addition aus deutschem Fischflair und anjapanisierter Esskultur wirkt so appetithemmend künstlich wie Kaffee-Senf-Schokolade. Manchmal ist das Ganze weniger als die Summe seiner Teile.


16.06.2006 | 11:35 | Alles wird besser | Fakten und Figuren

Lob der Wissenschaft


"Contrary to the impression given by the picture (...) this research is not entirely carried out in the nude." (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Was wären wir ohne die Wissenschaft! Schon heute ist sie aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Und jeden Tag kommen neue, aufsehenerregende Entdeckungen hinzu: Berge erscheinen uns steiler, wenn wir müde sind! Bzw. von oben betrachtet steiler, wenn wir Angst haben, von ihnen herunterzufallen und uns weh zu tun! Man kann auch aus Beton Boote bauen, die schwimmen! (Obwohl die Studenten in der Frage, warum das so ist, vielleicht noch ein bisschen forschen müssen, denn ihre Begründung ("verwendeter Beton leichter als Wasser"), wirkt im Angesicht ganz anderer, z.T. viel grösserer Schiffe aus Metall nicht wasserdicht.) Selbstmordattentaten wohnt "a certain irrationality" inne! Männer unterstellen schneller sexuelles Interesse als Frauen! Und wenn ein Mann und eine Frau zusammenziehen, ernährt sich der Mann ab jetzt gesünder, die Frau aber ungesünder als vorher! Fast Food macht gar dick! All das und noch viel mehr wurde gerade herausgefunden von fleissigen Wissenschaftlern, die dabei manchmal sogar vollständig bekleidet waren.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Kleine Lochkunde


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