Riesenmaschine

11.07.2006 | 09:48 | Alles wird besser | Papierrascheln

Hier, warten Sie, meine Karte


Macht kaputt, was euch kaputt macht (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Das Leben des sogenannten Entscheiders ist ein unangenehmes. Allzuoft bekommt er Besuch von Menschen, die ihm etwas andienen möchten: Produkte, Texte, Ideen, Vorschläge, Demo-Bänder, Versicherungen, Rabatte und dergleichen mehr. Üblicherweise begint das Gespräch seitens des Bittstellers mit den Worten, "hier, warten Sie, meine Karte", gefolgt von einem mehr oder minder schwungvollen Zücken und Überreichen unklug gestalteter Visitenkarten, auf denen ungelenke Künsteleien zu sehen sind und Worte wie "fon" stehen. Es gibt wohl wenig gelungenere Möglichkeiten hierüber Missbilligung zu äussern als solcherlei erhaltene Visitenkarten ungesehen in den USB-SHREDDER gleiten zu lassen, sich am leisen Surren des Gerätes zu erfreuen und für sein Gegenüber ein freundliches, ja höfliches Lächeln anzuknipsen.


10.07.2006 | 18:32 | Alles wird schlechter | Vermutungen über die Welt

Gott furzt nicht


Wenn die Schwerkraft dreimal klingelt (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Über das Entstehen der Welt und die Entwicklung der Artenvielfalt kann man unterschiedlicher Meinung sein. Die einen liefern bestechend schöne Argumente für die Existenz omnipotenter Teigwaren, die anderen denken eher kurzfristig. Wieder andere kümmern sich erst gar nicht darum wie der ganze Schlamassel zustande kam. Sie versuchen sich wirklich nützlich zu machen und erforschen die weitaus schmerzhaftere Auswirkungen zeitigende Psychologie der Masse.


Auch die Kreationisten kochen ihr eigenes Ursüppchen und schicken Koryphäen wie Ann Coulter ins Rennen. Diese liefert ihrem neuen sogenannten Buch quasi ex nihilo eine der beklopptesten Analogien, die die junge Welt je gelesen hat: "Imagine a giant raccoon passed gas and perhaps the resulting gas might have created the vast variety of life we see on Earth. And if you don't accept the giant raccoon flatulence theory for the origin of life, you must be a fundamentalist Christian nut who believes the Earth is flat."

Möglicherweise stellen diese denkwürdig waschbärenverachtenden Zeilen bereits erste Vorboten einer beschleunigten Wiederentakademisierung der Evolutionskritik dar. Der Wikipedia-Eintrag zur Furztheorie jedenfalls wurde bereits wieder gelöscht, ernstzunehmende Plagiatsvorwürfe nagen am Image. Demontierten sich die populärpublizistischen Fürsprecher der fundamentalistischen Intelligentsia weiterhin mit solch hoher Geschwindigkeit, so dürfte man getrost glauben, dass von der Bewegung alsbald nur ein Häuflein neokreationistischer Hooligans bliebe, von denen jeder Einzelne beim Aufmarsch mit beeindruckender Vehemenz über die eigenen Argumente nicht weiter als bis ins Leere stolperten. Allein: Glauben heisst nicht wissen, kennt man ja.


10.07.2006 | 13:16 | Berlin | Fakten und Figuren

Happy Birthday, Mr. Mad Scientist


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Erfinder finden wir grundsätzlich erstmal gut, wenn sie einen gewissen Hang zum Wahnsinn und zum Visionären haben – umso besser, und wenn sie zu diesem Zweck auch noch Riesenmaschinen konstruieren – geradezu fantastisch. Da gratulieren wir auch gern zum Geburtstag, aktuell zum 150. von Nikola Tesla, dem Entwickler des Wechselstroms und Erfinder der Teslaspule (hier zum Eigenbau). Zu Teslas grössten, aber leider unvollendeten Projekten gehörte die Entwicklung einer drahtlosen Stromübertragung mit Hilfe von Riesentürmen, die Strom quasi kostenlos machen würde und deren Nichtverwirklichung bis heute gerne für Verschwörungstheorien genutzt wird, sowie die Entwicklung von Todesstrahlen, wodurch er es zum Role Model des Mad Scientist in den Superman-Comics brachte. Man könnte noch 1000 Geschichten erzählen, aber jetzt wird erstmal gefeiert: Zur Einstimmung gibt es den Film Jack Shows Meg his Telsa Coil von den bekennenden Tesla-Fans Jarmusch, White und White, dann geht's in die Hochspannungshalle der TU Berlin, Blitzentladungen einer Tesla-Spule anschauen, und schliesslich ins Podewil zur grossen Tesla-Geburtstagssause vom Labor für Mediale Künste.


10.07.2006 | 08:42 | Alles wird besser

Die Spiele der Grillen


Endlich Grillen im Rechner (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Schon lange konnte man es nicht mehr ertragen, dieses stupide, streng algorithmengesteuerte Herumgeistern von simulierten Gegenspielern in naiven Computerspielen. Viele wandten sich angeödet ab und verbrachten ihre Nächte stattdessen damit, Stechmücken oder andere Insekten, also richtige, wahrhaftig unberechenbare Lebewesen, durch das schwülwarme Schlafzimmer zu jagen. Jetzt endlich ergreift der holländische Student Wim van Eck das Problem am Chitinpanzer und entwirft ein Pac-Man-Spiel, in dem echte Insekten das Verhalten der Geister bestimmen. Mit Pac-Man gegen lebende Grillen, das ist zumindest vergleichbar, nein, vielleicht nicht ganz, aber es kommt nahe heran, an die Dramatik, Hitze und Verzweiflung des nächtlichen Kampfes mit dem Schuh gegen die Invertebraten. Warum man dieselbe Verwandlung von Echtweltplage zum Virtualgegner in Singapur aber auch den Nagetieren antun muss, bleibt vollkommen unklar.


09.07.2006 | 20:57 | Nachtleuchtendes | Zeichen und Wunder

Lumen de lumine


Physikotheolökonomie (Bild von Mark Hjandel) (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Nicht erst seit Galileo Galilei ist das Verhältnis von Naturwissenschaft und Theologie ein verkorkstes. Schon seit Philon von Alexandrien schwelt die Debatte um die richtige Regelung des nachbarschaftlichen Nebeneinanders von Glaube und Wissen. Wie überall, gibt es auch auf diesem Feld einige Extrempositionen, z.B. Fideisten und Rationalisten, sowie einige Entgleisungen wie etwa den US-amerikanischen Neokreationismus. Mit Schaudern denkt man auch an die seit Siger von Brabant durch die Hörsäle geisternde Möglichkeit einer duplex veritas, einer Doppelwahrheit in dem Sinne, dass die Sonne sich zugleich um die Erde drehen und auch nicht drehen könnte. Auf dem Mittelfeld aber tummeln sich weiterhin viele Zwischenpositionen, von denen vor allem Thomas von Aquin mit seiner berühmten Harmonie zwischen Lumen naturale (natürlichem Licht des Wissens) und Lumen supernaturale (übernatürlichem Licht der Offenbarung) erwähnt sei.

Viel einfacher war seit jeher das Verhältnis von Theologie und Wirtschaft. Für kostenintensive Unternehmungen, wie die Realisierung kunstgeschichtlicher Epochen, wurden schnell effiziente Lösungen gefunden. Wie in italienischen Kirchen schon seit längerem gesichtet, bahnt sich aber inzwischen auch im deutschen Sprachraum eine noch höhere Verbindung zwischen übernatürlichem, natürlichem und ökonomischem Licht an, nämlich in Form von elektrischen Opferkerzen, die gegen Münzeinwurf eine festgesetzte Zeit lang leuchten. Wenn eine solche triplex veritas in heiligen Hallen selbstverständlich wird, dann sollte in profanen Seminarräumen doch bald auch eine betriebswirtschaftliche Elektronentheologie möglich sein.

Ruben Schneider | Dauerhafter Link | Kommentare (10)


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