Riesenmaschine

23.12.2006 | 03:22 | Anderswo | Alles wird besser

Taubenhickhack


Sicherheitssymbol Schlitzohr (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Aus Mitgefühl für alle, deren Englischkenntnisse fürs Verständnis der subtileren Momente in diesem Email-Briefwechsel nicht ausreichen, müsste man ja eigentlich auf deutsch zusammenfassen, wie da Todd, texanischer Mitarbeiter eines Kongressabgeordneten, versucht, einen Hacker zur Schönung seiner Schulnoten anzuheuern, von der Datenübertragung per Brieftaube über die zur "Sicherheit" von den Hackern verlangten und von Todd gelieferten Eichhörnchenfotos hin zur Räuberpistole am Hackerkopf und die angebliche Flucht durch mehrere Staaten, nach der selbst Todd offenbar etwas schwante – aber zu spät, denn mittlerweile ist Todd gefeuert. Aber das wäre nur einen Bruchteil so komisch wie der Briefwechsel selbst, also lassen wir's einfach sein.


22.12.2006 | 18:39 | Anderswo | Zeichen und Wunder

Vom Nuanni


Wo es brennt, da lass dich ruhig nieder
(Hotel in Železná Ruda oder Klatovy oder Cheb)
Dem Überlebenshandbuch "Auf Wildnis eingestellt" von Jaroslav Pavliček entnehmen wir, dass der Eskimo bei seinen Unternehmungen nach einem Feature namens "nuanni" verlangt. "Dieser Ausdruck bedeutet sowohl Bedarf (also Nichtvorhandensein) als auch Vorhandensein: z.B. eine Menge an Bärenfleisch, desgleichen auch harter Frost (so dass gar die Petroleumkanne platzt), aber auch ein Frost, von dem man lange erzählt. Das bestätigte sich bei unserer Reise 1986 nach und durch Grönland. Als wir ein Boot für eine unproblematische Fahrt mieten wollten, fanden wir kaum jemanden, der sich bereiterklärt hätte. Schliesslich meldete sich ein Halb-Eskimo und es kostete viel Geld. Als wir später bei stürmischer See queren wollten, war das Mieten viel einfacher und billiger. Als wir dann Schiffbruch erlitten hatten und doch zurückkamen, erhielten wir rasch etliche Angebote fast umsonst."

"Auf Wildnis eingestellt" ist gerade in einer deutschen Übersetzung von Bodo Hell erschienen, die ihrerseits so schöne Begriffe enthält wie das "Büchslein der letzten Rettung". Jedoch ist das Buch so nichtvorhanden wie Bärenfleisch, nur bei den Tschechen kann man es kaufen. Wahrscheinlich, weil die Tschechen selbst (siehe Abbildung) grosse Freunde des nuanni sind.


22.12.2006 | 12:30 | Sachen kaufen

Less wireless


Hätte man gar nicht vermutet (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Telling Names, dieser Wahnsinnskunstkniff der Literatur von Biedermann bis Ui – längst hat er Eingang gefunden auch in die hinteren Nischen der bunten Marken- und Produktwelt. Blendamed, Klosterfrau Melissengeist, iPod, Produktnamen müssen heute um die Wette bedeuten. Wie schön, wenn eine Firma diesem ungeschriebenen Gesetz etwas Ideenreiches entgegensetzen kann. Wie schön, wenn man sich nicht wie bei dem Namen "C 230" von Mercedes mit der schieren Sinnlosigkeit eines Namens begnügt, sondern den Weg bis zu Ende geht und ganz nebenbei den Not Telling Name erfindet. Wir danken dem Unternehmen Creative und seinem nebenstehend zu sehenden SE 2300 Wireless Headphones.


22.12.2006 | 04:36 | Anderswo

Est Practice


Einer von vielen ... in Tartu
Foto im Foto: A. Fiedler / Lizenz
Es gibt Länder, von denen weiss man viel, selbst wenn man nie da war. Angenommen es gäbe jemanden, der nie in Italien gewesen wäre, er wüsste dennoch: Pizza, Pasta, warm, Strand, Sonne, Sonnenbrille, Vespa, Ragazza. Über Estland hingegen weiss man gemeinhin maximal: Osten, kalt. Vielleicht noch den ausgeprägten Rassismus gegen die russische Minderheit. Und auf Bildern sieht das kleinen Land oben rechts in Europa ein bisschen aus wie die Thomas-Mann-Stadt Lübeck. Estland verbindet auf den ersten Blick also das Schlechte mit dem Schlechten: Sieht so aus wie deutsche Provinz, man versteht aber kein Wort.

Sehr schnell aber versteht man, was die kleinen Schildchen, die überall im pittoresken Stadtbild rumhängen, sagen wollen und zwar: Internet. Die Esten haben sich nämlich Internet per Gesetz gegeben – und zwar kostenlos und überall. Das ganze Land ist mit Wifi umsonst abgedeckt, immerhin 45.000 Quadratkilometer, und wer keinen eigenen Rechner hat, der kann in Schulen, Büchereien und Dorfläden kostenfrei surfen. Wäre Estland nicht längst Mitglied in der Europäischen Union, man müsste den Prozess sofort stoppen. Und darauf hinarbeiten, dass Europa Teil von Estland wird.


21.12.2006 | 16:52 | Anderswo | Supertiere

...aber das mit den Statuen war nicht schlecht


Jetzt tot (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Heute Morgen verstarb mit dem turkmenischen Führer Saparmyrat Nyýazow alias Turkmenbaschy (Vater der Turkmenen) der zweifelsohne sympathischste aller Terrorregimisten und mit ihm eine ganze Reihe liebenswerter Schrullen.

Wie zum Beispiel die aus dem Jahr 1999, als sich der diktatorische Gaudibursch die zwischenzeitig ergraute Matte despotenschwarz färben liess und in Erwägung zog, sämtliche im Umlauf befindliche Geldscheine – denn selbstverständlich ist er auf allen Noten vom 1- bis zum 10000 Manat-Schein abgebildet – einzuziehen und durch neue mit aktuellem Portrait zu ersetzen. Aus nicht näher bekannten Gründen liess er dieses Vorhaben doch fallen und begnügte sich damit, die geschätzten 8 Millionen Poster upzudaten, auf denen landesweit zur Führerpreisung aufgerufen wurde.

Wie es sich für einen anständigen Diktator geziemt, schrieb auch der Turkmenbaschy schon zu Lebzeiten ein Buch, in seinem Fall heisst es Rukhnama und ist so eine Art Mein moralischer Kampf. Das Erwähnenswerteste an diesem Werk ist sicherlich, dass jeder Turkmene, der den Führerschein (sic!) machen will, einen 16-Stündigen Kurs über eben dieses Buch belegen muss. Und das, obwohl gar nichts über das Fahren drinsteht. Was aber drinsteht, ist, dass in Turkmenistan das Hören von Radio im Auto ebenso unter Strafe steht wie das Tragen von Bärten.

Die 14 Meter hohe Statue, die er sich in Aschgabad errichten liess und deren Top-Feature darin besteht, dass sie sich in 24 Stunden um 360 Grad dreht, damit der Führer das Gesicht stets der Sonne zuwende, wird vermutlich lange Trauer tragen. Ob sich der Schmerz des turkmenischen Volkes durch einen Besuch im Eispalast lindern lässt, darf bezweifelt werden. Es würde aber sicher helfen, wenn es in einigen Monaten den Eintritt dafür mit Geldscheinen bezahlen könnte, auf denen das Portrait Nyýazows durch ein dann aktuelles ersetzt wurde.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Totalitarismusrebranding

Hermann Bräuer | Dauerhafter Link | Kommentare (4)


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