Riesenmaschine

28.05.2007 | 02:21 | Anderswo | Fakten und Figuren

Greiskraut-Salat – ein Zeichen seiner Pietät


Joachim Lottmann (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Sie hier ist vemutlich die beste Website der Welt – wenn man in Nordkorea wohnt. Aus der Kopfzeile tropft eine Träne, "Melodie von Mobiltelefon" funktioniert leider nicht, braucht ja auch keiner, "Musik" hat vorbildliche Titel, vor allem in der Kindersektion, die selbst Margot Honecker zum Weinen gebracht hätten ("Der Persimonenbaum am Küstenposten", " Oh, du Schimmel an jenem Tag", "Greiskraut-Salat – ein Zeichen seiner Pietät"), die aber alle gleich klingen. Unter "Charakter Zimmer" gibt es kostenpflichtige animated gifs, die man aber auch einfach so runterladen kann, offenbar ein Geschenk des koreanischen Volks an die darbende Welt. Des Weiteren gibt es leere "Einkaufsroller", ein nicht anklickbares Werbebanner für die Automarke "Hwipharam" und "zugkräftige Filme" mit irren Plots ("Jeder weiss davon, dass das Schilaufen von einer hohen Stelle aus nach einer niedrigen stattfindet. Leider sollten Marderhund, Katze und Bär im Schilaufen die Flaschenkürbisse in einer hohen Stelle pflücken. Wie gelang dies aber dem Marderhund?"). In punkto Kreativität sucht diese Webseite ihresgleichen, allenfalls Rainald Goetz kann da derzeit mit seinem Vanity Fair Blog mithalten, momentan in seinem heroischen Kampf gegen den "Lügeneimer" Joachim Lottmann. In seiner Pfingstansprache schreibt er davon, wie sich Lottmanns Gehirn langweilen würde, wenn in der Umwelt nicht Irrsinn zugange wäre, ihn, Goetz, mache es allerdings verrückter als sein "Innenhirnirrsinn" vertrage. Deshalb kämen sie auch nie und nimmer zusammen, so wie der Nord- und der Südteil Koreas, der Flaschenkürbis und der Marderhund.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: 3000 Zimmer

Tex Rubinowitz / Natascha Podgornik | Dauerhafter Link | Kommentare (7)


27.05.2007 | 13:12 | Supertiere | Fakten und Figuren

Zentaurus Alpha


Kreuzung aus Chimäre und Kindchenschema
(Foto: Claf) (Lizenz)
Soll man Kreaturen herstellen, die zwar Menschen sind, aber sich ein bisschen so benehmen wie Schweine? Brauchen wir Pferde mit sechs Beinen und Horn auf der Nase? Und ist es angebracht, Mäusen abstraktes Denkvermögen einzubauen? Hell, yes! Einen kleinen Schritt in Richtung dieser rundumverglasten, idiotensicheren Fortschrittsverherrlichung ging in den letzten Wochen das britische Königreich, und zwar im Rahmen einer spektakulären 180-Grad-Wende beim Thema Chimärenforschung, jetzt ausführlich im Technology Review des MIT besprochen. War es im Dezember für englische Politiker noch vollkommen unvorstellbar, den Einbau menschlicher Gene in tierische Zellen oder umgekehrt zeitgemäss und konvenient zu finden, und wurde so die Zentaurenzüchtung durch ein rigoroses Verbot um Jahrtausende zurückbefördert, regte sich alsbald Protest (aber auch Zuspruch, wie das immer so ist), und zwar vor allem, weil die britische Forschung es auf keinen Fall verdient hätte, keine Meerjungfrauen produzieren zu dürfen. Nun also der Ansatz von Kehrtwende in Form eines Gesetzesänderung. Besonders daran interessiert: Zwei Gruppen in London und Newcastle, die Hybridembyros herstellen wollen, in dem sie menschliche Zellen in Kuh- oder Kanincheneier injizieren (jawohl, Kaninchen legen Eier, voll verwirrend). Anderswo, jedoch aus naheliegenden Gründen nicht in Deutschland, gibt es das alles natürlich schon, Schimären aus Mensch, Kuh, Schwein und Affe im embryonalen Stadium spriessen aus amerikanischen Laboren, zetteln Weltkriege an und nehmen uns die Arbeitsplätze weg. Man sollte dazusagen, dass dies in erster Linie zur Bekämpfung von ekelhaften Krankheiten geschieht, und gar nicht so sehr zu unserer Unterhaltung. Seltsam.


27.05.2007 | 03:02 | Alles wird besser | Zeichen und Wunder

Teufel hilft Beelzebub über die Strasse


Von einem dieser Wörter weiss der Computer schon, wie es richtig geschrieben wird. Vom anderen noch nicht. (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Oft hat sich in der Geschichte der Menschheit die Lösung eines Problems hinterher als das viel grössere Problem entpuppt. In seltenen Fällen jedoch gelingt es, den Teufel tatsächlich mit dem Beelzebub auszutreiben: Das Projekt ReCaptcha (via SmartMobs) zwingt auf elegante Weise zwei Probleme – nämlich zu viel Spam und zu wenig digitalisierte Bücher – dazu, sich gegenseitig zu lösen. Weltweit werden täglich um die 60 Millionen Captchas gelöst, was ungefähr 150.000 Arbeitsstunden entspricht. Dank ReCaptcha werden diese 150.000 Stunden jetzt in die Entzifferung unleserlicher Stellen aus digitalisierten Büchern investiert, die Menschheit jubelt und schwenkt Fähnchen. Sicher gibt es auf der Welt noch mehr Problempaare, die sich so harmonisch ineinander verschränken lassen. Vielleicht lässt sich ja aus "Wer soll unsere Renten bezahlen?" und "Wozu eigentlich diese ganzen albernen Kontaktforen im Internet?" was machen.


26.05.2007 | 20:33 | Supertiere | Alles wird schlechter

Rettet die Riesenhamsterratte


Eine Riesenhamsterratte namens Matisse (Foto: SpinyMice).
Vor ein paar Jahren geisterten die Killerbienen als Spuk durch die amerikanische Folklore, hybride Monstersummsen, entstanden durch Kreuzung der ursprünglichen europäischen Siedlerbienen mit aus Afrika eingeführten Arbeitsbienen, die die Produktivität der Bienenvölker erhöhen sollten. Die geradezu grotesken Parallelen zur Geschichte der amerikanischen Sklaverei und das mit ihr verbundene schlechte Gewissen sind vermutlich für die an Hysterie grenzende Bienenfurcht verantwortlich zu machen, die nach dem ersten Auftreten der Mulattenmajas ein paar Jahre lang herrschte. Mittlerweile spricht kaum noch jemand von den Killerbienen, im Gegenteil machen sich jetzt seit einer Weile schon ganze Bienenvölker aus dem Staub: machts gut, und danke fürs Honigklauen.

Es wäre eine schöne Chance für die Nagetiere, das Furchtvakuum auszufüllen. Aber der erste Versuch der Gambischen Riesenhamsterratte, auf den Inseln südlich von Florida Fuss zu fassen, und dann Floridas Zuckerrohrfelder unter Absingen religiöser Pfeifkonzerte kahlzunagen, wird jetzt leider schon im Keim erstickt, indem man die harmlosen waschbärgrossen Tiere, die von ihrem ehemaligen Besitzer in die Freiheit entlassen wurden, erbarmungslos jagt. Hilflose, niedliche Nagetiere! Dass aber auch nirgendwo jemals aus der Geschichte gelernt wird.


26.05.2007 | 12:59 | Was fehlt | Sachen anziehen

Heiligendamm leichter gemacht


Dank Mithril: In Zukunft weniger Staatsmasse. (Bild: Wikimedia, Lizenz)
Für G-8-Gegner ein Reizsymbol, für den Staat keine Zier: Die klobigen beschusshemmenden Westen, die Polizisten in kniffligen Situationen tragen müssen. Bis zu 30 kg Schlagschutzkleidung schleppt der Amtmann bisweilen am Oberkörper mit sich herum – bei den sommerlichen Temperaturen in Heiligendamm sicher keine Freude, und nicht jeder kann sich eine kugelsichere Weste in Form eines klimatisierten Papamobils leisten oder lässt wie der ugandische Diktator Idi Amin Bomben an seinem Brustkorb abprallen. Noch unfairer: Für Staatsoberhäupter ist das Risiko, vom aufmüpfigen Pöbel eins abzubekommen, ohnehin wesentlich geringer als bisher vermutet: Die Wahrscheinlichkeit eines Anschlags beträgt lediglich 0,3 Prozent. Also wäre doch eigentlich alles easy, Herr Schäuble, warum dann dieses Aufgebot? Jedoch, die Leichtigkeit, mit der Staatsleute durchs Leben flanieren, könnte nun auch dem Schutzpersonal zuteil werden, denn jetzt stehen leichtgewichtige Nanotube-Textilien in den Startlöchern des technischen Fortschritts, so leicht wie eine Feder und so hart wie ein Drachenpanzer. Um Humanität zu demonstrieren also sofort vorbestellen, Innenministerium!

Ruben Schneider | Dauerhafter Link | Kommentare (1)


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