Riesenmaschine

11.12.2006 | 12:03 | Anderswo | Essen und Essenzielles

Öl in den Tank

In Ontario ist der Winter die Jahreszeit für Bier: Es gibt ausreichend Strom, man braucht sowieso keinen Kühlschrank und würde man am See trinken, käme man vor Kälte um, weswegen draussen trinken auch verboten ist. Alles passt zusammen. Einziges Problem: Auch wenn man auf ausländische Produkte vollkommen verzichtet, verfügt das kalte Land über mindestes 30, wahrscheinlich 50 oder 100, jedenfalls aber sehr viele winzige Bierakkumulationsorte, über das recht riesige Land verteilt und versteckt in Getreidesilos, Hinterhöfen und Bärenquartieren, an denen es aus jeweils mehreren Hähnen fröhlich tröpfelt. Was soll man nur trinken? So fragt man sich daher ratlos jedes Jahr zum Winteranfang. Weil Ratlosigkeit schlecht für das Selbstbewusstsein ist und angekratztes Selbstbewusstsein Infektionskrankheiten provoziert, empfiehlt es sich, ausschliesslich nach Name und Etikett des Getränks zu urteilen, denn heute, wo die Welt im Kern ausgehöhlt ist, sorgt nur die Oberfläche für Distinktionsgewinn.

Im letzten Winter 2005/06, geprägt von Redundanz und Rekursion, gab es keine vernünftige Alternative zu Cool Beer mit seiner eiskalt blauen Beschriftung. Dieses Jahr jedoch ist anders, das merkt man sofort. Es ist ein ernsthafter, substanzieller, kerniger Winter, jedoch geplagt von Ruckeln und Klappern. Nichts geht vorwärts. Zum Glück bietet die makrohistorische Nano-Brauerei Neustadt in Neustadt am Lake Huron, das nichts zu tun hat mit den vierundachtzig Neustadt-Varianten in Europa, ein Derivat namens 10W30 an, mit einen altmodischen Kühlergrill auf dem Cover, das in den Überfarben der Saison (blau-orange) getönt ist. 10W30, dabei handelt es sich, wie jeder Bierfachmann weiss, um ein Leichtlauföl mit der Grundviskosität 30, das auch im W (Winter) leicht läuft. Mit 10W30 muss der Winter zu schaffen sein, und wenn das immer noch nicht hilft, muss man eben Gin trinken.


09.12.2006 | 22:44 | Alles wird besser | Essen und Essenzielles

Ramenhandlung


Foto: Carstor / Lizenz
Die Küche ist gleich nach der Kirche der zweitschlechteste Ort der Welt für neue, bahnbrechende Trends. Seit Jahrhunderten werden dort Lebensmittel erst gestapelt, dann vermengt und schliesslich angerichtet, ein Grundprinzip, das so unzerstörbar zu sein scheint wie der Mond. In den letzten Wochen jedoch kommt endlich Bewegung in die verfahrene Sache. Ein erster unbeholfener Schritt zu mehr Küchenfreiheit ist der Once-a-month-cooking-Boom, der die (eigene) Küche für die meiste Zeit zur Abstellkammer degradiert. Als nächstes muss die finanzielle Vorherrschaft des Ess-Imperiums gebrochen werden, und zwar mit Gewalt. Eine zentrale Rolle kommt dabei der Ramen-Suppe zu, der wohl küchenfeindlichsten Mahlzeit der Welt. An kreativen Vorschlägen mangelt es kaum, Ramen-Fetischisten weltweit beharren darauf, dass man für eine solche Suppe weder Küche noch Tischsitten braucht, sondern allenfalls einen Motorblock, und fordern zudem die flächendeckende Aufstellung von Ramen-Automaten, eine nur logische Konsequenz. Aus dem Südpol-Umfeld stammt die Wiederentdeckung des Pemmikan, ein hochkonzentriertes, billiges Nahrungsmittel bestehend aus getrocknetem Tier, das die Zeit, die man pro Tag mit Essen und dessen Zubereitung verbringt, auf wenige Sekunden reduziert. Schliesslich demonstriert Evan Lansing, dass man nicht gleich stirbt, wenn man eine Weile nur einen Dollar pro Tag für Nahrung investiert.

Was uns das alles zeigt? Die Küche kann man nur reformieren, indem man sie abschafft. Als nächstes ist dann das Schlafzimmer dran.


08.12.2006 | 20:34 | Anderswo | Sachen kaufen

No sleep till Kelowna


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)

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Von BC über Saskatchewan und Ontario bis New Brunswick (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Wer wollte nicht schon immer einen streng nationalistischen Energydrink besitzen? Von stolzen Bewohnern eines Landes produziert, um die wertvollen Wurzeln dieses Landes endlich auch bei der Herstellung von Energiegetränken zu berücksichtigen? Dieser Traum ist wahrgeworden, zumindest wenn man Kanadier ist: "Beaver Buzz" ist eine Art mutwillige Nationalflüssigkeit. Produziert wird sie in Kelowna, einer Kleinstadt im Hinterland von Vancouver, zumindest die Beerengeschmacksrichtung aber trägt Saskatoon im Namen, was seltsam ist, beträgt die Entfernung zwischen Kelowna und Saskatoon doch 1.223 km, das sind ungefähr 2,5 Polen. Pro 250 ml Biber erhält man ein Gramm Taurin, 100 mg Guarana, 100 mg Gingseng und 110 g Koffein, eine recht zuverlässige Mischung also zum Wachhalten von Elchen, denen allerdings auch auffallen dürfte, dass Beaver Buzz genauso schmeckt, wie gesüsster Biberschweiss schmecken würde, wenn man ihn extrem stark übersüsst. Nämlich ausschliesslich nach Zucker, und zwar Rohrzucker, und nicht dieser billige Mais-Sirup-Müll, den die ausländische Konkurrenz anscheinend immer noch einsetzt. Zusätzlich erhält man eine stabile Dose, auf der ein Biber mit Lacrosse-Stock abgebildet ist (warum?)!

Dieser Beitrag ist ein Update zu: No Sleep Till Bydgoszcz


06.12.2006 | 07:05 | Anderswo | Fakten und Figuren

Tiere wegwerfen


Das dritte V
(Foto: mmckeay / Lizenz)
Lebende Tiere loszuwerden ist schon nicht einfach, denn wer wohnt schon in der Nähe einer Autobahnraststätte. Bei toten Tieren wird es noch schwieriger, weil sie nicht mal mehr laufen können. Wenn man sie also nicht essen will, zum Beispiel weil sie sich lästige Krankheiten zugezogen haben, steht man vor einem ernsten Problem, das noch dadurch erschwert wird, dass moderne Nutztiere seltsamerweise gern in grossen Massen vorkommen, etwa nach dem Einsperren. Mit diesen und ähnlichgelagerten Sachlagen befasst sich das National Carcass Disposal Symposium, das in diesen Tagen in Beltsville/Maryland stattfindet (via Improbable Research), und zwar leider ohne Riesenmaschinenkorrespondenten vor Ort. Das ist vor allem deshalb bedauerlich, weil der Post-Symposiums-Kalender die Vorführung der wichtigen V3-Methoden zum Umgang mit toten Tieren (Verbrennen, Verwesen, Verdauen) beinhaltet. Das hätte man schon gern gesehen, genauso wie die Session am vergangenen Dienstag, in der es z.B. um die Entsorgung angestrandeter Walleichen ging. Vergraben ist in diesem Fall wohl keine schnelle Lösung. Und was meint Patrick Crowley aus Montana wohl, wenn er vom "Seasonal Rotation Approach" zur Kompostierung von Road Kill spricht? Sowas Ähnliches wie Dreifelderwirtschaft vielleicht? Schade, man wird es nie erfahren.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Stavros ist tot


04.12.2006 | 11:58 | Supertiere

Stavros ist tot

In Vorbereitung auf die heute beginnende "Woche der toten Tiere" präsentierte der kanadische Tierveredelungsmulti Mr. Sub bereits im November eine neue Serie von Werbespots, in denen das tote Tier als Fortschritts- und Hoffnungsträger, gar als Unterhaltungselement präsentiert wird, gerade in Kanada ein überhaupt nicht problematisches Themenfeld, verbringen viele ausgebildete Tierschläger in Neufundland doch erhebliche Zeit damit, relativ lebendige Robben in ihrem Daseinsstatus zu modifizieren. "Tot sein", so sagt die Fastfood-Werbung, "sieht bei fachgerechter Verarbeitung nicht nur besser aus als rumlaufen, zumindest im Falle von Hühnern, nein, es kann auch – paradoxerweise – Leben retten." Auch wenn es im Einzelfall Stavros natürlich schade ist, schliesslich hat er niemandem etwas zuleide getan und Pinochet lebt immerhin auch noch, muss man mitleids- und anstandslos das Gesamtkonzept Tiersterben als einen wichtigen Teil der Kulturgeschichte des Menschen hervorheben. Warum das im Detail so ist und welche Probleme es mit sich bringt, dies wird ab heute ausführlich in der Riesenmaschine totgeredet.


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"Blood: The Last Vampire", Chris Nahon (2009)

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