Riesenmaschine

02.06.2006 | 18:15 | Nachtleuchtendes | Fakten und Figuren

Von Kugeln und Löchern


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Kugelsternhaufen gehören zu den irrsinnigsten Erfindungen in der Geschichte der Erfindungen. Wenn sich heute jemand sowas wie das nebenstehende Gebilde ausdächte, dann würde man ihn vermutlich entweder mit einem spitzen Stock totprügeln oder mit einem Zombierocksong zum Schlager-Grandprix schicken. Der grösste Kugelsternhaufen in unserer Nähe heisst standesgemäss G1 und befindet sich im Andromedanebel, also nur zwei Millionen Lichtjahre entfernt. Und jetzt das eigentliche Spektakel: Ein wenig erhärtet sich jetzt der Verdacht, dass dieses wirre Monster im Inneren ein mittelgrosses Schwarzes Loch beherbergt, also eines dieser ultramassiven Geräte, die man nicht im Bett haben möchte. Supergrosse Schwarze Löcher sind relativ ubiquitös, nahezu jede Galaxie hat eines, und eher kleine Löcher fliegen auch in grosser Vielzahl durch die Gegend. Aber mittelgrosse Löcher, die fand man bisher nirgends. Vielleicht jetzt das erste im G1, vielleicht deswegen, weil die Beobachtungen von David Pooley und Saul Rappaport leider kein eindeutiges Ergebnis liefern, sondern nur einen abermaligen Verdacht, den man hier im Volltext nachlesen kann. Aber Verdacht hin oder her, selbst der leiseste Verdacht, dass dieses Kugelspektakelding im Innern, wo es vor Sternen dermassen wimmelt, dass man die Bäume nicht mehr sieht, ein Loch beherbergen könnte, ist es wert, erwähnt zu werden, was hiermit erledigt wäre. Ein Superloch im Superhaufen, wer hätte das gedacht.


01.06.2006 | 10:15 | Alles wird besser | Sachen kaufen

Die Pole am Fenster


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Schon lange ist bekannt, dass man Schwanenbeine nur dann beim Schwimmen fotografieren kann, wenn man einen Polarisationsfilter verwendet, der das an der Wasseroberfläche reflektierte Licht ausblendet. Endlich gibt es das jetzt auch für Menschenbeine: Wie man bei NewScientist nachlesen kann, will die japanische Firma Micro Reactor System Co. offenbar noch in diesem Jahr Glasscheiben anbieten, deren Lichtdurchlässigkeit sich stufenlos regeln lässt, so dass man entweder alles sieht oder eben auch nicht. Das ist nicht nur dasselbe, was Science Fiction schon seit 1972 prophezeit, sondern endlich auch das endgültige Ende für alle Rolläden, Milchgläser, Gardinen, Duschvorhänge und sonstige Behelfskatastrophen, und somit ein Durchbruch auf dem Weg zu allgemeiner Erhabenheit und Grösse. Die Ausserirdischen werden stolz auf uns sein. Leider kann man die Fensterscheiben nicht nur durchsichtig bzw. sichtdicht einstellen, sondern zudem auch noch farblich tönen, also rot, gelb, blau, was, wie man sich unschwer vorstellen kann, zu abenteuerlich blödsinnigen Spielereien mit Fensterfarben führen muss. Warum kann nicht mal irgendwas einfach gar keine Probleme mit sich bringen.


30.05.2006 | 12:35 | Anderswo | Zeichen und Wunder

Verdammt, aber gut beleuchtet


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Nicht nur Pjöngjang in Nordkorea, sondern auch jede mittelgrosse ostdeutsche Stadt verfügt über ein BSP: eine bauliche sozialistische Peinlichkeit. So steht in Jena der fehlkonzipierte ehemalige Uni-Turm, im Fachjargon Penis jenensis genannt, in Leipzig das gigantisch-geschmacksichere Marxrelief, in Chemnitz der ebenso intransportable schwergewichtige Kopf von ebendiesem Karl Marx – und in Gera die legendären "drei Essen", das höchste Bauwerk im Lande Thüringen. Drei Essen sind es zwar, die zum ehemaligen Heizkraftwerk (HKW) Nord gehören, in Betrieb war aus ungooglebaren Gründen jedoch nur die kleinste von ihnen, die beiden grossen stehen seit mindestens den 70ern sinnlos funkelnd in der Industrielandschaft herum. Wer es schafft, am Hermsdorfer Kreuz in die einzige Richtung zu fahren, die nirgendwo hin führt (Osten), kann dieses Wahrzeichen der gesellschaftlichen Fortentwicklung ("Wir dampfen auf dem letzten Schlot") nicht verpassen – es leuchtet und blinkt im Dunkeln selbst noch Jahrzehnte nach Abschaffung der Fünfjahrespläne.

Nun sollen die Essen endlich abgerissen werden, weil sie der Bundesgartenschau 2007 im Wege sind, obwohl man genausogut auch Europas grösste Outdoor-Kletteranlage (nach den Alpen) daraus bauen könnte. Mit Recht regt sich Laienprotest in der Provinz, denn a) wird man Gera ohne Essen überhaupt nicht mehr finden und b) wird es noch nicht mal spektakuläre Abrissbilder geben, wie im Februar beim HKW Süd, denn dafür stehen die Türme zu dicht am McDonald's und am Discount-Möbelmarkt. Und zudem, und dies sollte am meisten Gewicht finden, versinnbildlichen allein die verbliebenen BSPs in zeitgemässer Art und Weise, dass der Sozialismus eine Sackgasse ist, und zwar eine Sackgasse, die auf einer grünen Wiese endet. Der Kapitalismus dagegen ist ein Kreisverkehr.

(Beitrag angeregt von Leser Björn Helm)

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Das Grosse Hässliche Ding


28.05.2006 | 06:25 | Anderswo | Alles wird besser

Jetzt auch kundenfreundlich: Streiks


Ausserdem: Einzige Subway mit Buttons (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Tarifstreiks im öffentlichen Dienst sind eine Plage der Neuzeit. Jedes Mal, wenn die Mülltonnen überlaufen oder wenn man verblutend in der Notaufnahme liegt, fragt man sich, ob es keinen anderen Weg gibt, den uralten Kampf zwischen Sklaven und Herren auszutragen, als auf dem Rücken unschuldiger Bürger. De facto gibt es solche Wege: Der öffentliche Personennahverkehr in Toronto zum Beispiel erfindet gerade den kundenfreundlichen Tarifkampf. Anstelle eines Streiks werden die Bediensteten der TTC (Toronto Transit Commission) von der Gewerkschaft angewiesen, in U-Bahnen, Strassenbahnen und Bussen kein Fahrgeld mehr zu verlangen. In der Folge entsteht ein praktisches und überzeugendes Nahverkehrskonzept, das auf freiwilligen Zahlungen beruht. Wie Tests zeigen, funktioniert es durchaus zufriedenstellend, die meisten Kunden zahlen weiterhin, aber wer keine Lust hat, geht einfach durch. Alle sind glücklich und zufrieden, jedenfalls solange der Streit andauert. Innovationen sind, wie dieses Beispiel zeigt, manchmal ziemlich gut versteckt.

Aleks Scholz | Dauerhafter Link


26.05.2006 | 17:26 | Anderswo | Fakten und Figuren | Papierrascheln

Ziviler Ungehorsam in allen Bereichen


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Menschen, die mit extremer Akribie einem grossen Ideal folgen, sind selten Durchschnitt, sondern entweder geistesgestört (Stichwort Tennisrasen) oder bewundernswert. "Ninjalicious" aus Toronto, verstorben im August 2005, gehörte eindeutig zur zweiten Kategorie. Er nennt sich "Urban Explorer", und ist in dieser Funktion Weltexperte für die Erkundung von verbotenen Bereichen aller Art: Verlassene Fabrikgebäude, U-Bahn-Tunnel, Baustellen, geheime Industrieanlagen, Abwässerkanäle. In seinem Magazin "Infiltration", auf seiner Website und seit letztem Jahr auch in seinem Kompendium Access All Areas legt er in übermächtiger, schonungsloser Detailversessenheit und Offenheit sein Expertenwissen dar. Das Buch enthält extrem nützliche Anleitungen zum Umgang mit Frachtaufzügen, Bewegungsmeldern, Stacheldraht, Polizisten, Taschenlampen, Obdachlosen, Giftmüll, Alarmanlagen, sogar ein ganzes Kapitel zum Thema "Lächeln" (im Umgang mit Sicherheitspersonal). Und er ist sich nichtmal zu schade, das Offensichtliche festzustellen, was man so oft vergisst ("External doors are probably the most common method of ingress."). Mehr muss kein Mensch im Stadtleben wissen.

Und abgesehen davon liefert "Access All Areas" in subtiler, beinahe subluminaler, ja, gar subkutaner Art und Weise eine Subsidiaritätsphilosophie für den Alltag, die irgendwann in der Lage sein dürfte, alle wichtigen Probleme zu lösen: Gesetze, schreibt euch das hinter die Ohren, sind nur für die zuständig, die sie dringend brauchen, und nicht für andere, die ihr Tun und Lassen selbst im Griff haben. (Der Staat kann das natürlich öffentlich nicht zugeben, merkt ja sonst jeder den Betrug, aber wer die richtigen Bücher liest, sollte oft daran erinnert werden.)


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