Riesenmaschine

02.04.2006 | 06:50 | Alles wird besser

Endlich: Virencheck auch für Menschen


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Jeden Morgen beim Hochfahren fragt man sich, wieso der Rechner so komisch reagiert, woher die Kopfschmerzen kommen, was das Blut auf der Bettdecke macht und wieso es überall nach Erbrochenem riecht. Fast gibt es jetzt eine brandneue Lösung für solcherlei Probleme, die es endlich erlaubt, das System gründlich von Viren zu befreien, bevor man ernsthaft mit ihm arbeitet: Den sensationellen Blood Cleaner von Aethlon, derzeit in Indien im Test und bestimmt bald in jeder Drogerie erhältlich. Einfach an den Körper anschliessen, zwei Stunden durchlaufen lassen, fertig. Ebola, Schnupfen, Milzbrand, Tobsucht, Tuberkulose, alles fliegt raus, weil es ungesund ist und den Betrieb aufhält. Wie der kugelschreibergrosse und revolutionäre "Blood Cleaner" genau funktioniert, ist zwar unklar, aber egal, solange er überhaupt funktioniert und keine Sauerei dabei entsteht. Hoffentlich kann man regelmässige Updates abonnieren, um im Wettlauf mit den Virenprogrammierern, Quatsch, Bioterroristen nicht ins Hintertreffen zu geraten.

Aleks Scholz | Dauerhafter Link


01.04.2006 | 20:48 | Alles wird besser | Sachen kaufen

Stereometrie im Alltag


Nur ein einfacher Zylinder (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Die Aufnahme von Koffein, einem Alkaloid aus der Gruppe der natürlich vorkommenden Purine, das in der Bevölkerung populär ist, weil es auf molekularer Ebene hexagonale Prismen ausbildet, ist leider meist ein umständlicher und lästiger Vorgang. Bei der am häufigsten praktizierten Variante muss man sich a) hinsetzen, b) komplizierte Apparate bedienen, c) oder stattdessen mit Menschen sprechen, d) heisse Gegenstände anfassen, e) unerträglich ekelhafte Flüssigkeiten aufnehmen, also tendenziell unangenehme und auch gefährliche Tätigkeiten durchführen. Das alles ist oft eingebettet in ein umfassendes soziales Ritualverhalten, bei dem es um Schwanzwedeln, Ohrenspitzen und Aneinanderriechen geht. Muss das sein? "Da kann man auch gleich Bier trinken", sagen viele nicht ganz zu Unrecht. Warum soll man für ein so simples Ziel wie die Aufnahme einer spezifischen Chemikalie zur Erzielung einer Modifikation des Geisteszustands einen solchen Aufwand treiben?

Soll man ja gar nicht, denn zum Glück arbeitet ThinkGeek schon seit längerem an Alternativen, bei denen man die hexagonalen Prismen entweder auf Haut und Lippen schmiert oder aber in Form von Bonbons oder Kaugummis zu sich nimmt. Eine klare Verbesserung, denn noch nie musste sich jemand zum Kaugummikauen hinsetzen. Seit heute und vermutlich nur heute kann man sich das Äquivalent einer grossen Tasse Alkaloidgetränk auch einfach per Inhalator ins Gesicht blasen und hat damit in wenigen Millisekunden alles erledigt, ohne auch nur mit einem einzigen Schwanz gewedelt zu haben. Muss man loben, bevor der Tag vorbei ist.

Aleks Scholz | Dauerhafter Link


31.03.2006 | 05:21 | Alles wird schlechter | Papierrascheln | Vermutungen über die Welt

Mittendrin statt nur dabei


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
In diesen Tagen des weltweiten Irrsinns ist es gar nicht mehr so einfach, sich ein Weltbild zuzulegen, das so falsch ist, dass man deswegen von allen vernunftbegabten Wesen verlacht wird. Das sollte man bedenken, bevor man sich über Robert Sungenis lustig macht, der gerade sein neues 1000-Seiten-Werk "Galilei Was Wrong" fertiggestellt hat, in dem er endlich und unzweifelhaft nachweist, dass sich die Sonne um die Erde dreht. Tausend Dollar hat Sungenis lange Zeit für einen Gegenbeweis geboten, auf seiner wirren, aber auch falschen, antisemitischen und häretischen Website. Keiner wollte das Geld, bzw. niemand konnte ihn überzeugen. Das Focaultsche Pendel, so sagt er zum Beispiel, ist gar kein Beweis für die Drehung der Erde, sondern nur dafür, dass wir einiges nicht verstehen, denn die Erde dreht sich ja gar nicht, so stünde es in der Schrift.

Die Schrift hingegen sagt auch, dass die Erde flach sei, jedenfalls manchmal, abundzu ist sie auch rund, und die mangelnde Eignung von Bibelzitaten als Argumente in der Sonne-Mond-Angelegenheit brachte schon Augustinus vor 2000 und den Vatikan vor mehreren 100 Jahren zur Empfehlung, von wörtlichen Interpretationen der Bibel Abstand zu nehmen. Dabei bräuchte man gar keinen Papst, um das geozentrische Weltbild zu widerlegen, denn noch nie hatte jemand recht, der vollidiotische Webseiten in zehn verschiedenen Schriftfarben ins Netz stellt.


28.03.2006 | 20:23 | Nachtleuchtendes | Alles wird besser

Microwave the world


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Seit 1946 ist viel Zeit vergangen; wenn man es genauer betrachtet, ungefähr 60 Jahre. Daher verwundert es auch kaum, dass der geschmolzene Schokoriegel, den Dr. Percy Spencer eines Tages in seiner Tasche fand, und der zur Erfindung der Küchenmikrowelle führte, mittlerweile die Welt nachhaltig verändert hat. Beispielsweise spielen die physikbegeisterten Kinder heute mit Mikrowellen, und nicht mehr mit Wachskerzen und Flugabwehrraketen, wie noch im Zweiten Weltkrieg. Jede gute Hausfrau ist daher heute in der Lage, Glühbirnen in der Mikrowelle zum Leuchten zu bringen (falls mal der Strom ausfällt) und die Lichtgeschwindigkeit mit Hilfe von Schokolade und Mikrowelle zu bestimmen – jedenfalls die Lichtgeschwindigkeit in Schokolade, aber das ist ja auch die einzig für den Hausgebrauch relevante. Andere interessante Effekte, in denen es um Weintrauben, CDs oder Maden geht, sind sogar so populär, dass man sie gar nicht mehr hinschreiben muss.

Weniger bekannt und auch etwas komplizierter dagegen ist eine Versuchsanordnung, bei der man aus einem Glasgefäss, ein bisschen Aluminium, Bleistiftminen, einer Klebstofftube und natürlich einer Mikrowelle Kugelblitze kochen kann, Dinge also, die es eigentlich gar nicht geben darf. Andere sagen, es ginge auch mit Zahnstochern, Kerzen oder brennenden Zigaretten oder auch völlig anders (siehe Bild). Wohl kann man inzwischen davon ausgehen, dass jede mögliche Kombination aller Haushaltsgegenstände schon in handelsüblichen Mikrowellen gelandet ist. Eine lobenswerte Entwicklung, denn nicht nur erweitert sie den Erfahrungshorizont von gelangweilten Küchenbewohnern, sie revitalisiert auf eine Art auch die zu Zeiten von Röntgen, Bohr und Heisenberg allgegenwärtige Begeisterung für die Naturforschung, der hernach oft belächelten "zweiten Bildung" (Schwanitz). Letzlich wird die Mikrowelle nicht nur den Bildungsgrad der Bevölkerung erhöhen, sondern, in Gemeinschaftsarbeit mit Toaster, Wasserkocher, Kühltruhe, auch die Küche selbst ersetzen, dieses lästige, schmutzige, ausbeuterische Überbleibsel der industriellen Revolution.

Aleks Scholz | Dauerhafter Link


26.03.2006 | 17:21 | Alles wird schlechter | Zeichen und Wunder

Geboten ist auch Zurückhaltung


Amos, bring's Stöckchen (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Es ist wahr, dass es zu viele Regeln gibt. Das sagen eigentlich alle, Ordnungsamt, Verkehrspolizisten, Schwarzarbeiter, man hört es überall; zu viele Regeln für alles, so dass man vor lauter "Radfahrer müssen auf dem Radweg fahren, wenn er denn als solcher gekennzeichnet ist, was er nur sein darf, wenn er 1,50 m breit und nicht auch noch von Fussgängern usw." schon mal vergessen kann, dass man eigentlich niemand umbringen soll. Das Resultat ist haltlose Verwirrung, Chaos, Anarchie, nicht nur in Bayern. Prinzipiell daher eine gute Idee des Kinderkanals, einer Art vom Steuerzahler betriebenen Fernsehsender, den Dschungel zu lichten: Ab heute wird in sonntäglichen Kurzfilmen den Kindern ein einfaches Regelwerk zur Verfügung gestellt, bestehend aus zehn schlichten Grundsätzen, die sich jeder merken kann. Schön und gut.

Leider kommt die Idee gar nicht vom diesen Fernsehleuten, sondern von der Evangelischen Kirche, die in Regelfragen unglücklicherweise etwas ungelenk ist. So entnahmen die Initiatoren der Filmaktion ihre Gesetze einem jahrtausendealten Buch, das gar nichts über die moderne Welt der Kinderprobleme weiss. So macht es zum Beispiel keinen rechten Sinn, Kindern beizubringen, sie sollten nicht das Vieh des Nachbarn begehren oder Vater und Mutter ehren, weil es Landwirtschaft und Eltern heute sowieso nicht mehr gibt. Anstatt also die Regeln einzudampfen auf die wirklich wichtigen Dinge (Ausserirdische gibt es nicht, Gardinen sind irrelevant, Du sollst den Feiertag und auch alle anderen Tage heiligen), die ohnehin schon jedes Kind kennt, fällt der EKD zur Wertediskussion nur ein, lieber gar nicht erst zu diskutieren. Nur der Serienhund Amos, der als Hobbies "Fressen, Spazierengehen, Ballspiele, Stöckchenbringen" angibt, klingt ganz vielversprechend.

Diese kindgerechte Weltverbesserungsaktion muss man in der Tradition der grossanlegten Missionierungsoffensiven der vergangenen Jahre sehen. Man erinnert sich schmerzhaft an die bundesweite Aktion Neu anfangen vor einigen Jahren, bei der Millionen Ungläubige einzeln per Telefon zur Vernunft bzw. zu Gott gerufen werden sollten, ein Penetranzvorstoss vergleichbar mit den Klingelstreichen der Zeugen Jehovas. Über den Erfolg/Misserfolg der Aktion ist nichts herauszufinden, aber warum man Ostdeutsche, die ja nicht aus Überzeugung, sondern aus Trägheit vom Glauben abfielen, zurück in die Kirchen locken möchte, kann man nicht mal verstehen, wenn man es verstehen will. Kinder werden natürlich erst recht nicht auf so einen simplen Trick hereinfallen, auch wenn es aus dem Fernsehen und nicht aus dem Telefon kommt, so viel Vertrauen muss man einfach haben. Schlaue Kinder nämlich wollen mit den reformierten Eierköpfen sowieso nichts zu tun haben und werden deshalb ganz von alleine saubere Erzkatholiken. Bei denen gibt es dann auch endlich wieder mehr Regeln.


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"The Cabin in the Woods", Drew Goddard (2011)

Plus: 3, 8, 37, 41, 49, 64, 66, 79, 80, 94, 97, 138, 151 doppelt
Minus: 118, 137, 198
Gesamt: 11 Punkte


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