Riesenmaschine

31.08.2005 | 11:12 | Fakten und Figuren | Vermutungen über die Welt

Everything that's Annoying is Good for You


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Der durchschnittliche IQ ist offenbar in den letzten 50 Jahren messbar gestiegen, diese Information wurde in den letzten Monaten ausgiebig durch die Feuilletons geschleift. Meistens ging es dabei um Steven Johnsons Buch Everything Bad is Good for You, in dem die Ursache dieses intellektuellen Fortschritts in der Populärkultur erkannt wird. Immer komplexere Fernsehserien und immer anspruchsvollere Computerspiele sollen uns angeblich all die Jahre gefordert und gefördert haben.
Natürlich ist das alles Wunschdenken, denn in Wirklichkeit sind es immer komplexere Steuererklärungen und immer undurchschaubarere Telefontarife, denen wir unsere wachsende Klugheit verdanken. Daher darf schon allein deshalb auf gar keinen Fall eine einfache Flat Tax à la Kirchhof eingeführt werden, und auch die neuen Telefontarife "Base" und Tchibos "Rundum-Einfach-Tarif" sind von Übel. Elektronische Geräte müssen unbedienbar bleiben, ja, noch unbedienbarer werden! Wir fordern Handys mit einer einzigen Multifunktionstaste, auf die sämtliche 500 Funktionen gelegt werden! Sonst begreift man ja irgendwann keine Fernsehserie mehr.


30.08.2005 | 13:47 | Berlin | Alles wird besser

Jenseits der guten Sitten


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Die Zukunft der Sexualität liegt, wie man mit einem Blick in dieses Internet leicht feststellen kann, in der Diversifikation, hat man doch in letzter Zeit herausgefunden, dass unterschiedliche Menschen unterschiedliche Dinge interessant finden. Einer der durchaus drittgrößten Interessenbereiche ist am Samstag, den 3. September, in Berlin auf dem Folsom Europe*-Straßenfest vertreten: es geht um Leder/Fetisch, wie die Schwulen sagen bzw. SM, wie die Heteros sagen, in jedem Fall um "eine Veranstaltung, die jenseits der guten Sitten liegt und an Geschmacklosigkeit nicht zu überbieten ist", wie die Berliner CDU sagt. In San Francisco, wo es dasselbe schon seit 1984 gibt, zieht die Folsom Street Fair um die 300.000 Besucher an, und hey! Diese Sexualitätsangelegenheiten könnten ja eventuell ein Wirtschaftsfaktor sein! So denkt man sich im Berliner Senat, bei der IHK und bei der Berlin Tourismus GmbH; vermutlich, nachdem man einen Blick in dieses Internet geworfen hat. Wir sind stolz auf unsere Stadt, in der man sich so kluge Dinge denkt, und erwarten gespannt weitere Entwicklungen und Ausdifferenzierungen (gemeinsame Fußfetisch-/Flipflop-Messen, DB-Sonderfahrten der bisexuellen Trainspotter), die wir, wenn es demnächst so weit ist, uneingeschränkt befürworten werden. Schon aus Prinzip.


27.08.2005 | 14:42 | Nachtleuchtendes | Supertiere | Alles wird besser

Vorsicht, nachtleuchtendes Reh


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Das fluoreszierende Quallenprotein GFP wurde ja in den letzten Jahren in alles eingebaut, was nicht bei drei auf den Bäumen war, und in die Bäume gleich mit, aber die eigentliche Killer- bzw. eben nicht Killerapplikation der genetisch modifizierten Leuchttierherstellung ist ganz klar das Nightsafe Deer oder nachtleuchtende Reh (vorgestellt bei Improbable Research). Über 500.000 Wildunfälle pro Jahr ließen sich mit Hilfe des Leuchtrehs vermeiden, die Versicherungen sparten Milliardenbeträge und hunderte Autofahrerleben (ganz zu schweigen von zigtausenden Rehleben) könnten gerettet werden; das Patent sei bereits angemeldet. Tagsüber – und auch gebraten auf dem Teller – sollen die genmodifizierten Rehe weiterhin ganz normal aussehen.
Zugegeben, der Internetauftritt der Firma genetiate macht nicht den allerseriösesten Eindruck. Denkbar, dass sich hinter dem vermeintlich menschen- und rehfreundlichen Projekt Fördergelder aus der Reh-Fressfeindebranche verbergen. Vielleicht ist es noch zu früh, gleich neue Leuchtwildwechsel-Verkehrsschilder in Auftrag zu geben. Aber dass die Genforschung sich zur Abwechslung mal um die Lösung ganz konkreter Alltagsprobleme bemüht, das wollen wir in jedem Fall ausdrücklich loben. Am Ende nimmt sich doch noch jemand unseres seidigen Greifschwänzchens an.


26.08.2005 | 18:32 | Berlin | Vermutungen über die Welt

Neue Anti-Drogen-Strategien


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Hin und wieder beschleicht den Grossstadtbewohner der Verdacht, gewisse staatlich geförderte Kunst- und Medienprojekte dienten insgeheim und primär dazu, dem Staatsbürger den Drogenkonsum zu verleiden oder doch zumindest eine gewisse vogelscheuchengleiche Wirkung auf Menschen unter dem Einfluss illegaler Chemikalien zu entfalten. So sollten etwa Paddelbootfahrten im Kreis Lübben derzeit ausschliesslich nüchtern unternommen werden – Maja Nagelowas nebenstehend abgebildeter Installation "Augenweide" im Rahmen der Aquamediale möchte man nicht in psychisch labilem Zustand begegnen, ebensowenig wie dieser Hauswand in Kreuzberg oder dieser Skulptur in Berlin-Mitte.
Vermutlich handelt es sich dabei um neue Auswüchse der Städteplanungstheorie einer Kriminalitätsprävention durch Design. Irgendwo konzipiert und koordiniert eine Zentralstelle diese Installationen; vermutlich ist es dasselbe Amt, das auch für die Verhinderung des öffentlichen Schlafens sorgt, und dafür, dass man in Städten nirgendwo sitzen kann.
Interessant, dass mit Humphry Osmond gerade ein Vorreiter dieser "Socio-Architecture" seine Erkenntnisse (u.a. über die Inneneinrichtung von Nervenheilanstalten) zum Teil durch den Konsum halluzinogener Drogen gewann. Damals, als die Seen noch keine Augen und die Bäume keine Ohren hatten, ging so was eben noch.


26.08.2005 | 18:05 | Berlin

Atari ST Riot


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Um das heutige Schwerpunktthema "Geräte von gestern" abzurunden, hier ein Veranstaltungshinweis fürs Wochenende: Am Samstag und Sonntag spielt in der Reithalle des schönen Schloss Lanke bei Berlin Jeremy Clarkes 40-konsoliges Atari-Orchester. Am Samstag stehen verschiedene klassische Werke auf dem Programm (Bach, Mendelssohn, Beethoven, Ravel, Schumann, Albinoni, Vivaldi, Strawinsky, Bartók, Brahms, Mozart u.a.), am Sonntag Stücke von Jeremy Clarke.

Eine geistesverwandte Veranstaltung, die wir uns schon seit längerem wünschen: Die Berliner Philharmoniker spielen beliebte Klingeltonmelodien (klassisch und modern), jeweils die ersten vier Takte in ansteigender Lautstärke. Lässt sich da vielleicht auf diesem Wege was machen? Hallo, Schloss Lanke?


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