Riesenmaschine

25.11.2016 | 18:03 | Supertiere | Sachen kaufen | Essen und Essenzielles

Ein historischer Tag in der mittelständischen Schokoladenfabrik


Foto: Michael Brake
Der Auftrag schien unmöglich: Als neuer "Produktmanager Bipedal-Schokolade" sollte Büscheling im Geschäftsjahr 2016/17 Produktionskosten-Einsparungen von 35 Prozent erzielen, bei gleichbleibendem Umsatz. Allen war klar, dass Kakao-Kammarth, wie der greise Firmenpatriarch ehrfurchtsvoll genannt wurde, Büscheling mit dieser Position abstrafen wollte für dessen grauenvoll missratenen Launch von "grauer Schokolade" (weiss + 90%-Bitterschokolade gemischt).

Doch Kakao-Kammarth hatte nicht mit Büschelings Erfindungsreichtum gerechnet. Letztlich war es der dienstagabendliche Squashtermin mit Vonnebrink aus der Gebinde-Abteilung, der den entscheidenden Einfall brachte: Dank billig eingekaufter Produktionsstrecken aus der Ostukraine konnte man Alufolienverpackungen jetzt für einen Bruchteil des früheren Preises bedrucken und beschneiden. Da wurde Büscheling natürlich hellhörig!

Als Mitarbeiter des Jahres wurde Büscheling, wie es die Kammarth-Tradition gebietet, in den Schokoladenspringbrunnen geworfen. Dank seines Weihnachtshasen "Rudi Rabbit" konnten die ohnehin defizitär arbeitenden Einschmelzwerke in Gifhorn und Salzwedel abgewickelt werden, die Firma machte ein Rekordergebnis. Büscheling grinste. Wie Kakao-Kammarth erst gucken würde, wenn er beim nächsten Jour Fixe den "Ostermann" präsentierte!

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Ein anstrengender Tag in der Firma Gehring-Bunte Getränke Industrie GmbH & Co.KG, Bielefeld


02.09.2013 | 02:57 | Sachen kaufen | Essen und Essenzielles

Ein anstrengender Tag in der Firma Gehring-Bunte Getränke Industrie GmbH & Co.KG, Bielefeld


Foto Paul Lindner mit freundlicher Genehmigung, ansonsten alle Rechte vorbehalten


Es war die wichtigste Markteinführung in der Geschichte der Gehring-Bunte Getränke Industrie GmbH & Co.KG seit der Quickdrinkflasche. Auch wenn das Balance- und Near-Juice-Segment boomte, war die Marke "Christinen" ziemlich am Ende. Die Einbrüche in der Produktkategorie "Carat" waren zweistellig. Guerilla-Marketingideen wie "Jumbo-Samba mit Tutti-Frutti" hatten die Wende nicht herbeizuführen vermocht. Es ging ums Ganze.

"Apfel-Rhabarber läuft zu gut rein. Wir brauchen was, was kognitiv knirscht! Ein Wabi-Sabi-Element!", forderte Vogelpoth. "Denken Sie an CujaMara-Eis, denken Sie an die Zörbiger Überrübe!", unterstützte ihn Eisensteger.
"Ich glaube übrigens, Schorlette ist das nächste grosse Ding", dachte Praktikant Piepenstock.
"Apfel-Rhabarber", beharrte Moehlmann, "Apfel-Rhabarber. Apfel-Rhabarber. Alles andere ist Mist." "Rhabarber-Apfel ist 'Hund beisst Mann'. Apfel-Rhabarber ist 'Mann beisst Hund'", schnaubte Früchtereferendar Nellkamp.
"Und wenn wir es Rhabarbapfel nennen? Rhabarbapfel-Schorlette?", dachte der Praktikant.
"Zweisilbig-dreisilbig-zweisilbig ist plausibler als dreisilbig-zweisilbig-zweisilbig" erklärte Dunkhorst und schlug erregt den Takt dazu auf die Konferenztischplatte. "Ausserdem ist es alphabetisch richtig." An dieser Stelle kippte die Diskussion. "Alphabetisch! Sie sortieren wohl auch ihre Unterhosen alphabetisch", rief Vogelpoth. "RAS klingt wie RAF!", rief Moehlmann. "ARS klingt wie Arsch!", konterte Nellkamp.
"Rhabarber, Rhabarber, Rhabarber", dachte der Praktikant.

Erst jetzt meldete sich Firmenpatriarch Sasel zu Wort. Sein Kompromissvorschlag sollte als salomonisch in die Firmengeschichte eingehen.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Ein schöner Tag am Institut d'Astrophysique Spatiale

Michael Brake, Holm Friebe, Kathrin Passig, Christoph Albers | Dauerhafter Link | Kommentare (6)


26.11.2012 | 01:22 | Was fehlt | Fakten und Figuren | Sachen kaufen

Die Depixilierung der Welt


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Da fahren wir die Maschine extra zwei Jahre auf Reservemodus, damit da draussen wieder neue Dinge passieren können und was kommt dabei raus? Nichts. Damals: 8-Bit-Krawatte, 8-Bit-Uhr und 8-Bit-Halskette, die Rückkehr der Pixel in die mittelgutauflösende Welt der Nullerjahre. Heute: Minecraft-Spitzhacke aus Schaumgummi bei Amazon, die Retrofreunde von der VG Wort fluten das Netz mit Zählpixeln und, ganz neu: Das Original Windows Solitaire als ausgedrucktes Kartenspiel – die Rückkehr der Pixel in die HD-Welt der Zehnerjahre. Nicht auszudenken, wenn unsere Autoren auch noch mit sowas anfangen würden.

Das bleibt jetzt so, das geht nicht mehr weg, dafür sind die 8-Bit-Nostalgiker zu alt. Da hilft nur nach vorne schauen: Die Kinder, die heute mit Retina-Displays aufwachsen, werden in den 2020ern dafür sorgen, dass alles so superfeinauflösend ist. Berge werden durch Geröll ersetzt, Geröll durch Sand und Sand durch Mehl. Treppen werden zu schiefen Ebenen, weil niemand mehr diese groben Stufen sehen mag. Karohemden werden einfarbig. Es wird eine neue Flurbereinigung geben, nach der alle Felder nur noch bierdeckelgross sind. Leibnizkekse sind nur noch echt mit 52.000 Zacken. Badezimmerböden werden nur noch aus einer Riesenfliese bestehen. Legosteine werden so klein sein wie Atome. Und Atome so klein wie 1:100-Legomodelle von Atomen!

Bei Koalastothemax lässt sich der Depixilierungsprozess bereits wunderbar nachvollziehen. Und wenn dann alles eine hochauflösende Suppe ist, bleibt der Generation 8 Bit nur noch, ihren Schmerz mit 8-Bit-Bier zu töten.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Unscharf ist das neue Schwarz

Kathrin Passig, Michael Brake | Dauerhafter Link | Kommentare (2)


18.11.2012 | 01:39 | Papierrascheln | Effekte und Syndrome

Serendipidität 0.2


Nur echt mit dem Clipart-Fernglas! (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Das Web-Adress-Buch für Deutschland 2013 ist da. Es unterscheidet sich äusserlich nur unwesentlich vom Web-Adress-Buch für Deutschland 2000/2001, innendrin sind aber wie jedes Jahr 6.000 tolle neue Super-Geheimtipps aus den Untiefen der Interwebs, garantiert ohne Suchfunktion, Hypertext und all die anderen stressigen Extras des modernen Lebens.

Alles, was es sonst noch so dazu zu sagen gibt, steht in einer Kolumne auf taz.de, wo sich dankenswerterweise auch Dipl.-Pol. Mathias Weber, der Herausgeber des Buchs, in den Kommentaren zu Wort meldet. Und neben einiger berechtigter Kritik bringt er dort eine so wichtige wie unerwartete Begründung für das Existenzrecht des Web-Adress-Buchs: "Der Vorteil des Buches ist, dass man tolle Web-Seiten zu Themen entdecken kann, an die man gar nicht gedacht hätte. Denn bei Suchmaschinen muss man immer ein Stichwort im Kopf haben, das man in die Suchmaske eingeben muss, um Treffer zu erhalten. Also sucht man immer in Bereichen, die man schon kennt. Beim Web-Adressbuch für Deutschland kann man sich einfach durch die Themenbereiche treiben lassen und entdeckt ständig neue spannende Surf-Tipps."

Serendipidität als Argument pro Buch und contra Internet – darauf muss man auch erstmal kommen. Wieder was gelernt, danke, Herr Eulenlogotierverlagsnamensgeber.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Working in a paper mine


03.03.2011 | 01:10 | Berlin | Fakten und Figuren | Sachen kaufen | Essen und Essenzielles

Dri Wirstvirkifir mit dim Stindirtvirtil


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Ein Theorem des Ökonomen Harold Hotelling besagt, dass "rational handelnde Produzenten versuchen, ihre Produkte so ähnlich wie möglich im Vergleich zu ihren Wettbewerbern zu gestalten". Eine populäre Veranschaulichung von Hotellings Gesetz ist das Eisverkäufer-am-Strand-Problem: Wenn zwei in Konkurrenz stehende Eisverkäufer sich an einem Strand optimal platzieren sollen, werden sie am Ende Rücken an Rücken in der Strandmitte stehen, sich gegenseitig die Kundschaft wegnehmen und gleichzeitig das Konsumentenpotential an den Strandrändern nicht optimal ausschöpfen.

Eine Livedemonstration des Eisverkäufer-am-Strand-Problems liess sich neulich in Berlin beobachten. Bloss, dass es sich nicht um Eis-, sondern um mobile Würstchenverkäufer handelte. Und nicht um einen Strand, sondern um den Alexanderplatz. Und auch nicht um die Mitte des Platzes, sondern um den Ausgangsbereich des Saturn-Ladens an seiner Südwestflanke. Hier, in unmittelbarer Nähe zur Tramstation, aber in gebührendem Abstand zur stationären Burger-King-Filiale, scheint offensichtlich der optimale Kulminationspunkt für Wurstkunden zu sein.

So stehen also die Abgesandten der Triopolisten "Grillwalker", "Grillrunner" und "Wurstkönig" Seite an Seite. Und da auch der Preis (1,20 Euro) bei allen Marktteilnehmern der gleiche ist und man als Kunde unmöglich erst einen Produktvergleich anstellen kann, muss die Kaufentscheidung allein über die Schirm/Jacken/Grill-Farbkombi getroffen werden – Brand Consultants können sich mal wieder ihre senfverschmierten Hände reiben.


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Gesamt: 4 Punkte


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