Riesenmaschine

28.12.2007 | 17:27 | Berlin | Alles wird schlechter | Zeichen und Wunder

Noch ein ganz anderer Tag in der Firma


Bremerhaven (Honolulu) (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Vizepräsident Sasel hatte die Abteilung "Forschung & Entwicklung" komplett umstruktieren lassen; sie hiess jetzt "Entwicklung & Forschung". Auch Büschelings Abteilung "Innovation" erschien Sasel zu wenigversprechend und wurde in "Innovationen" umbenannt. Büscheling sah sich dadurch erheblichem Erwartungsdruck ausgesetzt, reagierte jedoch vorbildlich und lobte nach einer achtmonatigen Motivationsevaluationsstudie eine Hawaiiinseltour für den innovationsfreudigsten Mitarbeiter aus. Das Resultat konnte sich durchaus sehen lassen: Kellerbach hatte eine Erweiterung für die Navigationssoftware geschrieben, mit der man Start und Ziel gleichzeitig eingeben konnte – für den Fall einer Rundreise. Nachdem Zeisel aus der Planungsplanung in einem Nutzerscanning hatte feststellen können, dass das mit Abstand beliebteste Navigationsreiseziel Baden-Baden in Baden war, zögerte Büscheling keine Minute, die Learnings daraus direkt implementieren zu lassen. Kellerbach schwärmte noch lange von Mauna Loa.

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18.11.2007 | 00:43 | Anderswo | Alles wird besser

Islandaufschlag


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Länder! Was wären wir ohne sie. Doch – es gibt solche und solche, und es gibt Island. Island ist das jüngste unter allen Ländern überhaupt, erdgeschichtlich ist es mit 20 Millionen Jahren gerade mal in der Pubertät, während die anderen Kinder in der Klasse mindestens 200 Millionen Jahre alt sind und auch noch alle aus der gleichen Familie stammen. Diese Aussenseiterposition hat Island frech umgedeutet und ist nun die coole Sau in der Kontinenteschule, und zwar in den Fächern Aussehen, Natur, Action und Bewohner. Nur Klima verhagelt Island regelmässig das Zeugnis. Aber sonst herrscht angenehme, drucklose Innovation. Es wird nicht einfach bei der Inneneinrichtung mit Copy & Paste gearbeitet wie so oft, sondern auch scheinbar notwendige Standards werden hinterfragt. Bäume etwa hat Island als ständig im Weg herumstehend erkannt und abgeschafft, stattdessen stehen überall hübsch geformte (und wesentlich haltbarere) Dekofelsen herum. Auch auf Beschwerden ("ist ja gar nicht grün") hat Island reagiert und seine gesamte Oberfläche mit grünem, weichem Moos überzogen. Die Klimaschwäche, ausgelöst durch eine hartnäckige Regenveranlagung und übertriebene Kühlheit, gleicht Island von innen wieder aus: Island ist das einzige Land mit eingebauter Fussbodenheizung. Die felsigmoosige Landschaft auf dem Foto etwa, ein Teil der blauen Lagune, gewinnt noch an Attraktivität, wenn man weiss, dass das weisslichblaue Wasser etwa 37 Grad warm ist und an Menschen gewöhnt; dazu kann man sich den weissgrauen Schlamm vom Grund des Wassers ins Gesicht schmieren und wird gefühlte Verbrennungen neunten Grades erleiden, aber schon nach dreissig Minuten klingen die Schmerzen ab und die Gesichtshaut fühlt sich an wie ein frisch aus der Plazenta geschältes Kaiserschnittkälbchen. Stehend warmes Wasser mit Peelingmöglichkeit auch im Winter – andere Länder könnten ruhig einmal ihre vulkanischen Aktivitäten feinjustieren, anstatt lange nichts zu tun und dann alles aufeinmal nachholen und mit heissen Steinen um sich werfen. Dieser Beitrag soll der Start sein zu einer losen Serie über Island, einem Ort, der sehr viel mehr richtig macht als falsch und wer kann das schon von sich behaupten.


11.11.2007 | 20:43 | Was fehlt | Zeichen und Wunder

Ein weiterer Tag in der Firma


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Letztlich war er selbst – Berzel dachte über sich stets in der dritten Person nach – der einzige, der ihn selbst wirklich verstand, dachte Berzel bei sich. Es war an der Zeit, seine eigenen Ratschläge aus "Berzel's Original Karrierephasenstrategie" zu beherzigen und von "Der Pilz – Berzel's Original Einbeinphase©" auf "Der Mensch – Berzel's Original Zweibeinphase©" umzustellen und sich ein strategisches zweites Standbein innerhalb des Konzerns aufzubauen. Als Assoziiertes Mitglied der Vizeleitung PC-Dienstleistungen war er schon dicht dran. Aber erst als Vorstand PC-Dienstleistungen würde er die Kompetenz bekommen, in der Firma den neuen Bereich aufzubauen, den er schon so lange plante – und jetzt wollte Beusecke weg: ein Angebot über zwovierzig plus Bonus, Dienstsänfte, Südbüro, zwei Sekretärinnen mit Sekretärin und volle Entscheidungsgewalt über Abteilung FFF.

Über den neuen Bereich hatte Berzel noch kein Wort verloren, vor niemandem, aber er arbeitete bereits fieberhaft an der Präsentation. Er wollte dem Vorstand, seinen zukünftigen Kollegen, zeigen, wo es strategisch hingehen müsse, auch von der Motivation her. Er hatte schon so lange die Gesichter der Kollegen beobachtet, alle schienen es zu wollen, das konnte er in ihren Augen sehen. Und dann friss oder stirb, dachte Berzel, wenn sie nicht wollen, macht er sich eben damit selbstständig.

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08.11.2007 | 20:34 | Berlin | Alles wird besser | Zeichen und Wunder

Vom Deutschen Wesen kann die Welt genesen


In der Schönhauser Allee in Berlin Prenzlauer Berg hat ein Gastronom eine pollereinbeziehende Tischlösung entworfen. Auf die Reaktion des zuständigen Bauamts kann man gespannt sein. (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Seit der Wende benötigt die deutsche Volksseele alle fünf Jahre die Rückversicherung, dass sie sich vom früheren Schwermut vollkommen losgesagt hat und nun geradezu von mediterranem, weltoffenem Geist, Flair und besonders Jenesaisquois durchdrungen ist. 1995 schaffte man sich den von Christo verpackten Reichstag an, um den viele Wochen lang biertrinkende Menschen espriten. 2000 stimmte man in die Fin-de-Siècle-Euphorie ein; die Befürchtung, auch in deutschen Qualitätsmaschinen könne etwas falsch programmiert sein, was zum Absturz der gesamten Welt führen könnte, verbunden mit gigantomanen Now-or-Never-Silvesterfeiern zeigten die deutliche Abkehr vom deutschen Wesen. 2006 mit langem Vorlauf prallte schliesslich die Weltmeisterschaft als Fest der Völker wie ein Rammbock in die grunddeutsche Gefühlstrias aus Niedergeschlagenheit, Arbeitsfixierung und Seriosität: der Gipfel des Nichtdeutschtums war erreicht, lustigerweise begleitet von einer Shrillion deutschen Flaggen, in China hergestellt, an japanische Autos angebracht. Wie könnte es nun weitergehen?

Dezentral vielleicht. Die sich selbst beauftragende Kommunikationskampagne gegen allzu Deutsche Umtriebe wird in Zukunft nicht mehr mit 3 Millionen Menschen am Brandenburger Tor ausgefochten bzw. ausgetrunken, sondern stürzt sich auf eine Vielzahl von Alltagsbegebenheiten. Einfach auch mal ohne Anlass fünf grade sein lassen und zwei Sekt auf Eis bestellen! Mit den Gegebenheiten zurechtkommen, sich nicht beschweren, dass ausgerechnet ein Granitpoller dort steht, wo man den Tisch hinstellen wollte! Sondern drübergezimmert, egalgefunden, ein Kaltgetränk geordert und dann wird pünktlich zum Feierabend in Kleingruppen laisserfairt.


19.10.2007 | 13:31 | Anderswo | Sachen kaufen | Essen und Essenzielles

Single Wars


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Kardinal Bong war gegenüber der Hauptabteilung K des Opus Dei spürbar lauter geworden. Der Kampf gegen die Unverheiratetheit sei ins Stocken geraten. Bong selbst hatte für die Abteilung in den 80er Jahren AIDS mitentwickelt, war dementsprechend unantastbar und stellte kaum erfüllbare Forderungen. In der Tat waren für K seither wenig greifbare Erfolge vorzuweisen. Die Reform des Ehegattensplitting? Eher ein Zufallstreffer. Der aggressive Marktauftritt familiengerechter Mini-Vans? Erhöhte wohl gleichzeitig die Scheidungsrate und auch die Gewalttaten gegen Kinder. Allenfalls die verdeckten Anmietungen von Einzimmerwohnungen in Ballungsgebieten konnte man für Abteilung K als gelungen verbuchen. Trotzdem heirateten noch immer nicht ausreichend viele Menschen, weshalb Bong eine neue Strategie verfolgen wollte: die Entwicklung von Produkten, die Singles ihre erbärmliche Einsamkeit vor Augen führen sollten. Mehrere Vorschläge von unterschiedlicher Qualität lagen auf dem Tisch, darunter ein Einpersonen-Tandem und ein halbes Schachbrett. Umgesetzt wurde schliesslich der Vorschlag eines Schweizer Bischofs.


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