Riesenmaschine

16.02.2006 | 17:38 | Fakten und Figuren

Kampfkommando Willy Fleckhaus


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Der zweifelsfrei schlechteste, aber meistbeachtete Grafiker der Welt ist derjenige, der bei der Firma Google dafür zuständig ist, das Logo zu besonderen Anlässen zu behübschen, momentan zur Winterolympiade in Turin wieder mal ganz besonders harsch. So harsch wie der Schnee auf der Langlaufloipe von Sestriere.
Willy Fleckhaus hingegen war der beste Grafiker der Welt, und auch das ist frei von Zweifeln, und auch nach seinem Tod arbeitet seine von ihm beim Suhrkamp Verlag aufgebaute Grafikdivision an seiner schnörkellosen, klaren und logischen Vision weiter. Anlässlich des 75. Geburtstags von Thomas Bernhard haben sie eine seiner schönsten, autobiografischsten und ungewöhnlich versöhnlichen Geschichten (trotz einer sterbenden Perserin) neu aufgelegt, deren Cover, und das ist nun wirklich genial, nicht zufällig der orangenen Serie des grossen Bernhardvergötterers Rainald Goetz (Rave, Koons, Abfall) ähnelt. Googlemann, liest Du das?


14.02.2006 | 06:16 | Vermutungen über die Welt

Ich denke sowieso mit dem Knie


Grübelnder Magen (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Vielleicht erinnert sich noch jemand mit Schrecken an den Sommer zurück. Abends setzte regelmässig ein Radau ein, der erst in den frühen Morgenstunden endete. Das war das Weinhähnchen. Meist sitzt es gut versteckt in den Balkonpflanzen und lässt sich akustisch nur schwer orten. Bei Gefahr verringert es so raffiniert die Lautstärke, dass unser Grosshirn eine (scheinbar) veränderte Position errechnet. Die Insekten selbst nehmen Geräusche mit dem oberen Teil des Schienbeins, also quasi dem Knie, wahr. Auch das macht sie sympathisch und erinnert an Joseph Beuys, der auf die Frage, warum er Taschenlampen an seinem Knie befestigt habe, antwortete: "Ich denke sowieso mit dem Knie".

Nun hat Frau Irmgard Lippe aus Graz herausgefunden, dass auch der Magen imstande ist zu denken. Wenn jetzt schon die Beine hören, die Mägen denken und die Zungen riechen können, wird man demnächst herausfinden, dass die Kniekehlen singen und die Haare ausgehen können? Vermutlich nicht, aber die Frage kann man zumindest mal stellen.

Tex Rubinowitz | Dauerhafter Link | Kommentare (2)


08.02.2006 | 18:54 | Alles wird schlechter

Sag mir, wo die Würmer sind


Saisonales Symbolfoto (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Es gibt Vögel, die mag man und es gibt Vögel, die mag man mehr, und dann gibt es noch Tauben, aber die nicht zu mögen, ist mittlerweile folkloristischer Konsens von Leuten, die es lustig finden, Marcel Reich-Ranicki nachzumachen und ein Titanic-Abo zu haben. Spatzen findet man ganz gut, weil man sie als allererste Kulturfolger ja immer schon kennt. Sie gehören einfach zu uns wie die Stubenfliegen und die Milbendivisionen im Kopfkissen. Und auch wenn die Bibel die Spatzen miesmacht, indem sie behauptet, sie würden ohne väterliche Hilfe auf die Erde fallen, so kann man sie doch nicht NICHT mögen, weil der Unterschied zu ihnen ein einfach zu geringer ist: Sie und ihre Nester sind relativ ungepflegt, sie lärmen gern, wälzen sich im Staub, schlafen lang und essen genau das, was wir auch essen, also in erster Linie Körner und Abfälle. Selten dreht mal ein Mensch durch und exekutiert einen von ihnen, aber das steht nicht im Entferntesten in Relation zu seinem Hinrichtungsverhalten unter seinesgleichen. Nun haben die Spatzen aber ein echtes Problem, weil sie, auch hier wieder die Parallele zum Menschen, sich und ihre Nachkommen zu einseitig ernähren. Sie finden immer weniger tierisches Protein, oder sind sie einfach nur zu faul, um Insekten und Würmer zu suchen? Und dass Würmer aus dem Internet nicht unbedingt schädlich sein müssen, ist in ihre struppigen Behausungen bis jetzt wohl noch nicht vorgedrungen.

Tex Rubinowitz | Dauerhafter Link


04.02.2006 | 16:54 | Anderswo | Alles wird schlechter

Knülle Vögel


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Nachdem übertragbare Vogelkrankheiten in Kerneuropa nicht so recht zu greifen scheinen, assimilieren sich Zugvögel aus Russland wie der Seidenschwanz lieber gleich, indem sie die hiesigen krank- und totmachenden Gepflogenheiten aufgreifen, gegorenes Obst zu sich nehmen, gegen eine Fensterscheibe fliegen und an Genickbruch sterben, noch bevor die Leberzirrhose sie einholen kann. Nun sind besoffene Tiere nichts Ungewöhnliches, jeden Herbst kommt aus Skandinavien die Meldung vom beschwipsten Elch im Supermarkt. Die Biene hingegen ist so knülle, dass sie es weder schafft zu randalieren, sich umzubringen, noch nach Hause zu torkeln, sie rutscht einfach mit den Kumpels unter den Tisch. Wie aber ergeht es eigentlich dem Insekt, das sich sich ausschliesslich von faulem, vergorenen Obst ernährt, z.B. der Fruchtfliege? Kracht sie gegen die Fensterscheibe und bricht sie sich das Genick, oder bricht sie in Supermärkte ein, wird sie schweigsam, wird sie aggressiv?
Weil sie offenbar, wie Herbert Grönemeyer einst krähte "schon als Baby blau" ist, ist ihre Alkoholtoleranz so gross, dass sie, wie Tests im Inebriometer ergaben, schon beim zweiten Gelage vollkommen nüchtern blieb. Aber ist das erstrebenswert? Ist der Sinn des Betrinkens nicht das Besoffensein? Kann die Fliege auch ohne Alkohol fröhlich sein? Aber WAS macht sie dann fröhlich? Meldungen über sterbende Seidenschwänze? Sie wäre dann das erste und einzige Tier, das schadenfroh ist.

Tex Rubinowitz | Dauerhafter Link | Kommentare (2)


29.01.2006 | 16:09 | Fakten und Figuren

La Guerre des Psys


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Nachdem vergangenen Freitag mit seinem Geburtstag der entsetzliche Höhepunkt des Mozartjahrs erreicht worden ist, könnte man doch für jeden, vor allem für all jene, die noch bei klarem Verstand und gutem Gehör sind, erstens "Eine kleine Nachtmusik" ein für allemal verbieten und es zweitens das Restjahr mit WAM gut sein lassen. Und sich bei Bedarf an Götzenanbetung dem anderen Jubilar zuwenden, dem hundert Jahre jüngeren Sigmund Freud.

In Frankreich, neben Argentinien die letzte nationale Bastion des Freudianismus, ist die Analyse ein bis in die höchsten Kreise hinein verbreitetes Spielzeug, und erst kürzlich war zu erfahren, dass Präsident Mitterand einst zu spät zu seiner Sitzung kam, weil er zuvor noch Margaret Thatcher davon abbringen musste, eine Atombombe auf Argentinien zu werfen. Und weil dort jeder, vom verkrachten Künstler bis zum abgesprungenen Priester, Analytiker werden kann – es reicht das Abitur, die Lektüre von ein paar Freud-Werken und das Wissen, dass man jede lästige Frage mit der Gegenfrage "Warum fragen sie mich das gerade jetzt?" abschütteln kann – ist die Angriffsfläche bei dieser Branche naturgemäss, auch wegen der scharfen Konkurrenzverhältnisse, recht breit.

Momentan wird dort unter dem Motto "Besser leben, besser denken, sich besser fühlen ohne Freud" eine Grossattacke auf die orthodoxen Freudianer geritten, was nicht schwer ist, ist doch die klassische Analyse mittlerweile zu einer staubigen Kette von Riten, Zeremonien, Dogmen, zu einer Religion mit Begriffsattrappen erstarrt. Auf die Zweifel an der therapeutischen Wirksamkeit der Psychoanalyse hatte schon Jacques Lacan eine Antwort parat: "Wie ein gewisser Karl Popper sehr richtig festgestellt hat, ist die Psychoanalyse keine Theorie, die man widerlegen könnte. Sie ist eine Praxis – eine Praxis, die so lange dauert, wie sie eben dauert. Sie ist eine Praxis des Schwätzens (une pratique du bavardage)."

Tex Rubinowitz | Dauerhafter Link


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