17.07.2006 | 12:00 | Anderswo | Alles wird besser | Essen und Essenzielles
 Auf diesem Poster steht dasselbe wie oben, nur andersDie Erdölfelder und Raffinerien von Daqing waren einmal das industrielle Vorzeigeprojekt der Volksrepublik China, weshalb Mao Tse Tung die Parole ausgab: "In der Industrie: Lernt von Daqing!" Das war vor mehr als 40 Jahren. In letzter Zeit war es um Daqing eher still, bis etwa vorvorvorgestern, als die Zeitung China Daily zum ersten Mal von der 46 jährigen Daqinger Bäuerin Cheng Shumei berichtete. Die sei süchtig nach Benzolhexachlorid-Pulver, einem mittelgiftigen Pestizid, das im Westen unter dem Namen Lindan bekannt ist. Die Frau, die zuvor jahrelang Benzin getrunken hatte, verspeist das Pulver täglich mit grossem Appetit, und das bisher offenbar ohne grössere Schäden. Einmal richtig ausschlafen, und die akuten Vergiftungserscheinungen sind weg.
Die Meldung dürfte die Lindan produzierende Industrie (Bayer, der spanische Konzern Inquinosa) freuen, hatte doch die Substanz, die auch am Menschen zur Vernichtung von Kopfläusen und Krätzmilben eingesetzt wird, in den letzten Jahren keine gute Presse. Lindan steht unter dem Verdacht, krebserregend zu sein, weshalb Pressure Groups wie Friends of the Earth ("Dreaming of a Lindane free christmas") auch ein weltweites Verbot fordern. Papperlapapp, könnten nun Bayer & Co. mit Hinweis auf Cheng Shumei argumentieren, sowie eine Kampagne mit dem Slogan schalten: "Beim Lindanverzehr! Lernt von Daqing." Sie könnten diese milbige Idee aber auch noch mal überschlafen.
15.07.2006 | 15:08 | Alles wird besser | Essen und Essenzielles
 Biologisch abbaubar (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.) Macht man sich guten Mutes auf den Weg durch die sogenannte Wildnis, stellt man schnell fest, dass der Grossteil der dort rumliegenden Materie für den Menschen nicht nur nutzlos, sondern teilweise sogar gefährlich ist. Steine zum Beispiel kann man in der Regel nicht essen, fallen sie einem aber auf den Kopf, ist das Geheul gross. Und zwar nicht das Geheul der Steine.
Es ist deshalb leicht zu verstehen, dass der erste Gedanke, den der Affe formulierte, nachdem er Grunzlaut 0.9 zu Sprache 1.0 upgegradet hatte, "Umbauen den Scheiss, aber sofort!" lautete. Von da bis zu Wolken-, Eis- und Alligatorpfotenrückenkratzern dauerte es nur einen Wimpernschlag, im geologischen Massstab.
An diesem Drang des Menschen, aus nutzlosen Dingen andere, marginal nützlichere Dinge zu bauen, hat sich seither nichts geändert, nur die technologischen Fähigkeiten sind erblüht. Die Transmutation von Blei zu Gold zum Beispiel erforderte vor ein paar hundert Jahren noch wirrstes Gefasel, ist heute aber konzis innerhalb des Röhrensystems Internets beschreibbar. Neueste Errungenschaft der Molekülverformer ist die jetzt auf einer Konferenz in Toronto vorgestellte Kleiderkollektion aus polymerisiertem vergorenen Zucker. Wetterfeste, kompostierbare Zuckerpüppchen und -modelle – das muss diese Zukunft sein, die jetzt endlich begonnen hat. Oder jetzt. Oder jetzt.
Dieser Beitrag ist ein Update zu: Essen calling
15.07.2006 | 00:40 | Alles wird besser | Essen und Essenzielles
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.) (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Auf ein preiswertes Zellulose-Trägermedium aufgebrachte Einweg-Nachrichten vulgo Zeitungen haben viele Nachteile: Jeder darf dort einfach irgendwelches Zeug schreiben, einmal veröffentlichte Fehler lassen sich nie wieder korrigieren, auch ist die Zeitung meist sehr langsam, vergleichsweise teuer, fast überhaupt nicht durchsuchbar und wird oft schon bei der Zustellung von Nachbarn gestohlen. Eigentlich hat der Zeitungsgebrauch nur einen einzigen Vorteil: Man kann währenddessen Nahrung zu sich nehmen, ohne in die Tastatur zu krümeln. Diese letzte Bastion des Zeitunglesens wird, wie es aussieht, vom koreanischen Designer Duck Young Kong unterhöhlt, der die abgebildete (bei OhGizmo gesehene und leider vorerst noch nicht so richtig erhältliche) tastaturschonende Essensablage Keyboard Food Tray entwickelt hat.
Das ist schon mal ganz gut, bedenklich stimmt uns auf der anderen Seite jedoch die verwirrte Reaktion der Netzeitung auf unseren Wunsch nach Korrektur veröffentlichter Irrtümer: der Beitrag sei aber doch bereits erschienen. Wenn sich das Internet solche Mühe gibt, den Papierzeitungen nachzueifern, wer weiss, ob es dann nicht demnächst schon bei der Zustellung von den Nachbarn gestohlen wird.
13.07.2006 | 00:55 | Nachtleuchtendes | Alles wird besser | Sachen kaufen
 Elektronik mit menschlichem Antlitz (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Es gibt Gadgets, die muss man als Musiker einfach haben. Für die Gitarrenfraktion sind das die Amps in der Zigarettenschachtel und für Wirrköpfe der elektronischen Art war das bisher das Theremin. Ebendieses Theremin hat nun mit dem Thingamagoop der Firma Bleep Labs einen würdigen Nachfolger bekommen. Das Thingamagoop ist ein kleiner, possierlicher Synthesizer, bestehend aus einem VCO- und einem LFO-Kreis sowie weiteren Modulationseinheiten. Der VCO wird jedoch zur Erzeugung nicht – wie man es gewohnt ist – mit einer Klaviatur angesteuert, sondern durch eine Fotozelle. Mit der Umgebungshelligkeit ändert sich also die Tonhöhe. Zusätzlich besitzt der Thingamagoop eine Leuchtdiode, die fröhlich herumblinkt und somit zeitsynchron den Sound des Thingamagoop beeinflussen kann. All dies klingt so sagenhaft geil krank, dass man eigentlich nichts anderes tun kann, als sofort eines, mehrere, viele dieser fantastischen Geräte zu erstehen.
12.07.2006 | 13:14 | Alles wird besser | Was fehlt
 Drowning by numbers. (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Auf der Liste der häufigsten Phobien steht die Sozialphobie an zweiter Stelle. Äusserlich oft kaum von Schüchternheit oder flechtenbärtiger Einsiedlerei zu unterscheiden, tobt diese Grossfurcht im seelischen System der Betroffenen so scheusslich und nachdrücklich, dass oft der Leib, vom inneren Aufruhr mitgerissen, allerlei bedrohlichen Unfug und damit seinen Besitzer immer weiter in die Isolation treibt.
Für die so und ähnlich Geplagten hat sich Daniel Goddemeyer die Fear Buddies ausgedacht. In seinem Auftreten beinah ebenso scheu wie der Sozialphobiker, zählt das einer geschwollenen Babuschka gleichende Gerät diskret die Begegnungen mit anderen, gleichartigen Fear Buddies und deren ängstlichen Besitzer. So weiss der Furchtgequälte, wenn er abends, erschöpft von den Überwindungen des Alltags, ins menschenleere Refugium zurücktrudelt, wenigstens, wie viele andere Menschen mit der gleichen Furcht sich in seiner Umgebung befinden bzw. befunden haben.
Die erwünschte Folge scheint eine, wenn schon nicht hilfreiche, so doch zumindest Kurztrost andeutende Gewissheit zu sein, dass man zwar durchaus in das furchteinflössende Leben hineingeworfen und zum schreckenserfüllten Dasein verflucht ist – aber wenigstens nicht als Einziger. Und das alles ohne die pulstreibende Pflicht, mit diesen Leuten nun womöglich reden, auf hohe Türme steigen oder im Fahrstuhl fahren zu müssen. Beängstigend durchdacht.
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IN DER RIESENMASCHINE
ORIENTIERUNG
SO GEHT'S:
- grau (außer an Mäusen)
- Abtragungs- und Anlandungstätigkeit
- Glück in der Liebe
- Berliner Schule
SO NICHT:
- Pyjama anzünden, wenn man nicht schlafen kann
- Dörrleiche
- Trauer tragen
- Pech mit Elektrogeräten
AUTOMATISCHE KULTURKRITIK
"Das Parfum", Tom Tykwer (2006)
Plus: 11, 14, 41, 42, 63, 72 Minus: 3, 27, 48, 65, 107, 125, 129, 130, 131 Gesamt: -4 Punkte
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