Riesenmaschine

10.08.2007 | 23:45 | Supertiere | Alles wird besser | Was fehlt

Zukunftszoo Igelzoo


Der grüne Baumigel tarnt sich nicht ungeschickt. Auf dem obenstehenden Foto ist ein Rudel von ca. sieben Igeln zu sehen, von denen für den unbedarften Betrachter nur einer zu erkennen sein dürfte. (Foto: micky007)
Viele Tiere sind langweilig und hässlich. Niemand will sie sich angucken und trotzdem stehen sie in Scharen in Zoos rum, Karibus zum Beispiel, und gewisse Affen. Igel sind hingegen nachweislich, unzweifelhaft und bewiesenermassen die niedlichsten, possierlichsten und niedlichsten Tiere der Welt. Um die Zookrise, die auf die aktuell grassierende Immobilien- und Milchkrise folgen wird, bereits im Keim zu ersticken, raten wir deshalb allen Zoos zur Umrüstung ihrer Anlagen in Igelzoos. Dazu muss man als Zoobesitzer nichts weiter tun, als Igelvarianten aller bisherigen Tiere zu züchten, also gleiche Grösse, gleiches Verhalten usw., aber mit Stacheln und Knopfaugen, wie beispielsweise das Igelkamel, die Igelkuh, den Igeldelphin, den Igelflamingo oder den Igelegel. Diese tauscht man dann gegen die langweiligen alten Tiere aus – und fertig, Reichtum garantiert, sogar doppelt, weil: Marktlücke (fast). Und die Kinder freuen sich natürlich besonders über den Igelstreichelzoo.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Igel in Gefahr


10.08.2007 | 12:23 | Alles wird besser | Essen und Essenzielles

Endlich: Kochen mit der Blackbox

Nudeln kochen ist eine Sauarbeit, mit vielen (n>1) Zutaten und komplizierten Abwägungsprozessen. Zudem dauert es oft mehr als fünf Minuten, in denen in 92% aller Fälle (gut gesicherte empirische Erkenntnis) das Wasser überkocht. Was für eine Verschwendung an Zeit, Wasser, Energie. Einziger Vorteil: Man kann während des Kochens in Ruhe das Internet vollschreiben. Aber die Zeiten für die Nahrungsbeschaffung werden besser: Erst wurde die Viehzucht erfunden und man musste nicht mehr nach Feierabend kompliziert jagen gehen (siehe Film). Dann kam die Mikrowelle, kein umständliches Anzünden der Lebensmittel mehr. Und schliesslich, vor erdhistorisch betrachtet wenigen Nanosekunden, erfindet Dolmio die Express Pasta, vorgekochte Nudeln fuer die Mikrowelle, die in 90 Sekunden heiss und dampfend usw. Was daraus für das Internet folgt, sollen andere herausfinden, muss Schluss machen, die Mikrowelle piept.


08.08.2007 | 11:09 | Alles wird besser | Zeichen und Wunder

Photosynthese


Aus 597 flickr-Fotos rekonstruiertes 3D-Modell von Notre Dame (Foto: jurvetson) (Lizenz)
Für Tätigkeiten, die eher durch Fleiss und Ausdauer denn durch intellektuelle und kreative Herausforderungen zu charakterisieren sind, schuf der Mensch aus Sand und aus Faulheit den Computer, auf dass er ihn beim Berechnen der Abschussparameter ballistischer Raketen und beim Werfen von leeren Ölfässern auf verliebte Klempner ersetzen möge. Um den nun ununterbrochen auf ihn einhagelnden kreativen und geistigen Herausforderungen Einhalt zu gebieten, erfand er ausgefeilte Freizeitbeschäftigungen, die sich mit Fleiss und Ausdauer begnügen: die DDR, die Steuererklärung und das Tausend-Teile-Puzzle.

Menschen, die das nicht verstanden haben oder einfach kein anderes Thema für ihre Diplomarbeit finden, machen sich daran, diese beliebten Aufgaben nun abermals Gevatter Elektronenhirn aufzuerlegen. Etwa Noah Snavely, Steven M. Seitz und Richard Szeliski vom Graphics and Imaging Lab der University of Washington beziehungsweise Microsoft Research, die sich des Puzzleproblems angenommen haben. Genauer gesagt einer vereinfachten Aufgabenstellung, die davon ausgeht, dass die Motive der einzelnen Teile sich grossflächig überlappen. Und es sind eben auch keine physischen Teile, sondern digitale Fotos, die automatisiert zu einem grossen Ganzen kombiniert werden. Dabei ergibt sich als Abfallprodukt nicht nur ein 3D-Modell des vielfach fotografierten Objektes, sondern auch die genaue Positionsbestimmung der beteiligten Kameras. Egal, ob es sich dabei um Handys oder Spiegelreflexgeräte handelt: Wenn das Puzzle gelöst ist, was schon mal 2 Wochen dauern kann, ist bekannt, an welchen Positionen die Fotografen gestanden haben, jedenfalls relativ zueinander – und das ganz ohne GPS.

Im Bild zu sehen ist, was passiert, wenn dem Algorithmus (PDF Dokument) sämtliche mit "Notre Dame" getaggten Fotos auf flickr zum Frass vorgeworfen werden. Das eigentliche Puzzleergebnis jedoch lässt sich nur anhand dieser Präsentation (die letzen 2/3 handeln von Photosynth) vermitteln, die zeigt, wie wir schon in ganz naher Zukunft durch die Fotos der von Touristen flächendeckend dokumentierten Sehenswürdigkeiten unserer Welt morphen werden. (Noch beeindruckender als diese Präsentation ist das Video zum Paper (Quicktime 120MB oder WMV 55MB), das aber unter Umständen leider vorm Ansehen komplett heruntergeladen werden muss.)

Und weil als Nebeneffekt alle verwendeten Fotos dann sehr exakte Angaben über Position und Aufnahmewinkel haben, können wir zukünftig auf das Fotografieren von Sehenswürdigkeiten endlich ganz verzichten: Ein Klick auf den GPS-Empfänger zeichnet Position und Ausrichtung auf, und zu Hause sehen wir uns dann einfach die Bilder an, die vorher schon hundertmal genau aus dieser Perspektive gemacht wurden. Dann sind auch nicht immer diese Kinder im Bild. Oder zumindest nicht die eigenen.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Vorher Nachher Urlaubsphotos


07.08.2007 | 13:30 | Berlin | Anderswo | Nachtleuchtendes | Alles wird besser

Wo 24 Stunden 24 Stunden sind


(Foto: glasgows) (Lizenz)
Weltverbesserung vollzieht sich selten von heute auf morgen, sondern meist in vielen kleinen, mühsamen Schritten, man denke an die Arbeit am 26-Stunden-Tag. So war die Freude gross, als in Berlin Ende vergangenen Jahres das Ladenschlussgesetz dahingehend geändert wurde, dass die Geschäfte so lange auf haben können, wie sie wollen (ausser sonntags) – bloss dummerweise wollte keiner. Also musste man weiterhin um 22 Uhr schon wissen, was man drei Stunden später zu Abend essen würde. Ein Teufelskreis!

Aber jetzt: Wie die Berliner Zeitung gestern meldete hat seit einer Woche die Reichelt-Filiale in der Berliner Strasse in Wilmersdorf ununterbrochen geöffnet (ausser sonntags). Nun ist Wilmersdorf zwar nicht gerade der Mittelpunkt des urbanen Berlins, aber immerhin, ausserdem gibt es ab 22 Uhr kostenlosen Kaffee. Und vor allem: Schon zieht Kaiser's nach, zumindest ein wenig, und lässt seine Filialen in der Zossener Strasse, der Schönhauser Allee und der Bismarckstrasse bis 24 Uhr offen. Schon bald werden auch die anderen Ketten fallen wie die Dominosteine (ausser sonntags).

Aus Deggendorf erreicht uns derweil die Meldung, dass seit gestern die städtischen Tiefgaragen rund um die Uhr geöffnet sind. Der Nachttarif kostet pauschal 1,10 Euro.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Am selben Ort, etwas später


05.08.2007 | 10:58 | Berlin | Alles wird besser

Townhouses à la Gaza


Vorsicht, es wird von der Schusswaffe Gebrauch gemacht! (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Das neue grosse Wohn-Ding in Berlin sind derzeit die Townhouses. Dabei ist unter dem Begriff durchaus Platz für unterschiedliche Konzepte und Vorstellungen davon, wo die Reise der Stadt durch die Zeit hingehen soll. Während das noch von Baudirektor Stimmann durchgesetzte individualistische Ensemble am Friedrichswerder in Mitte das grossbürgerliche "Anything goes" der Kaiserzeit emuliert, wird in den Prenzlauer Gärten am Volkspark Friedrichshain das kleinstädtische Vorortidyll von – sagen wir: – Münster-Gievenbeck im neuen International Style der Gated Community aus einem Guss inszeniert. Obwohl längst nicht restlos verkauft, werden dort gerade die meisten Einheiten bezugsfertig gestellt. Schon parken Family-Vans und Mittelklasse-Limousinen in den Einfahrten, einzelne Balkone sind mit Vorgarten-Windspielen und bunten Glaskugeln dekoriert, Kinder in Bullerbü-Outfit und mit ebensolchen Namen spielen artig zwischen den Rabatten. Nur zwei seltsame Kuben aus massivem Beton an der Einfahrt befinden sich noch im Rohbaustadium und geben Rätsel auf: Werden hier demnächst zeremonielle Torwächter mit hoher Fellmütze und Bajonett patroullierend ihren Dienst versehen? Oder werden die Dinger doch noch mit Sandsäcken und Maschinengewehren zu veritabel wehrfähigen Wachtposten-Stellungen à la Gaza-Stadt hochgerüstet? Das hängt wohl auch davon ab, wie sich das soziale Klima im umliegenden Favela-Bezirk Prenzlauer Berg in der nächsten Zeit verschärft.


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