(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Kaum zehn Jahre nach Erscheinen der letzten Nummer des auf eine Art legendären Münsteraner Fanzines Luke & Trooke, das auch bei der Erfindung der Riesenmaschine Pate gestanden hat, ist es endlich so weit: Die gesammelten Werke sind komplett online verfügbar. Damit sind Sternstunden der Literatur und des Comics von später namhaften Grössen wie Martin Baaske, Mark Stefan Tietze, Carsten Bitzhenner, Corinna Stegemann, Jochen Schivink uva. endlich für die wissenschaftliche Exegese erschlossen und für die Nachwelt konserviert. Dass es am Ende doch so schnell und unbürokratisch ging, ist ausnahmsweise nicht das Verdienst von Google, sondern von Nils Dagsson Moskopp, der sich heldenhaft der Sache angenommen, den letzten vollständig erhaltenen Satz eiskalt guillotiniert und unter den Scanner gepackt hat. Die vollständigen 333 Megabyte sind jetzt zum sagenhaften Shopette-Preis von 0€ abrufbar unter lukeundtrooke.de. Vielen viel Vergnügen damit und Dank an Nils.
Wie oft hat man nicht schon behauptet, die Zukunft sei da. Zum Beispiel 1620, 1875, 1911, 1975 und 1992. Und den absurden Claim von 2005 natürlich. Aber kann es wirklich eine Zukunft geben, in der man sich seine Schnürsenkel selbst zubinden muss? Eine Frage, die Blake Bevin aus dem nebelverhangenen San Francisco in jahrelangen Bemühungen erhängt und gevierteilt hat, und zwar mit den Power Laces 2.0, den ersten Schuhen mit selbstzubindenden Schnürsenkeln, auf der gesamten Welt. Endlich. Wir sind keine Schnürsenkelzubinder mehr. Jetzt werden uns die Aliens nicht mehr auslachen.
(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.) (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Man muss es so sagen: die gelungensten Exponate von Adrienne Göhlers gestern eröffneter und insgesamt sehenswerter Ausstellung Zur Nachahmung empfohlen in den Weddinger Uferhallen sind eindeutig und mit grossem Abstand die aus einem Schrottauto destillierten Fahrräder von Folke Köbberling & Martin Kaltwasser. Nicht, dass man sich nicht über die von Superflex durchgeführte und dokumentierte Flutung einer McDonald's-Filiale amüsierte, mit Gewinn über Adib Frickes Phrasenfragmente meditieren könnte oder eine spontane Symbiose mit Antal Lakners Pflanzenhaut eingehen möchte – aber mit diesen Dingern will man einfach sofort durch ein Schwellenland oder einen Problembezirk seiner Wahl cruisen und dabei bescheuerte Hüte tragen. In Kleinserie gehen, bitte!
Brille auf und los. (Foto: jimf0390 / Lizenz)Mit einer Sonderbeilage und einer beigelegten 3D-Brille beglückte die Berliner Zeitung heute ihre Leser. Auf dem Titel wurde das Ganze bedeutsam angekündigt: "Beamen wie auf dem Raumschiff Enterprise – das klappt noch nicht. Aber Bilder in einer neuen Dimension zu erleben, das schon. 3-D heisst das Zauberwort der multimedialen Zeit. Ihre Berliner Zeitung führt sie in einer Beilage auf 24 Seiten durch diese faszinierende Welt. Brille auf und los."
Nun konnte man die Brille nicht direkt "auf" setzen, weil sie keine Bügel hatte, aber macht ja nichts: Wir begrüssen natürlich trotzdem, dass jetzt, 147 Jahre nach der Entwicklung des Anaglyphenverfahrens, auch die Printzeitungswelt in den 50er Jahren im multimedialen Zeitalter angekommen ist (auch wenn wir bisher eher "Cyberspace", "Augmented Reality", "Hypertextualität", "Smartphone-Technologie" oder vielleicht noch "Diaporama", "Geruchskino" oder "Force Feedback" für dessen "Zauberworte" hielten). Toll auch, dass nebenbei noch eine neue Dimension entdeckt wurde – das kommt nicht so oft vor – und tatsächlich die gesamte Beilage in 3D gedruckt wurde, sogar die 12,5 – viel mehr als sonst! – Anzeigenseiten. Und in Farbe.
An dieser Stelle sei noch auf die bevorstehenden 4D-Wochen der Riesenmaschine hingewiesen. Eine von unseren professionellen Mitarbeitern sorgfältig redaktionell betreute Artikelserie beschäftigt sich umfassend mit 4D-Journalismus und unsere Anzeigenabteilung hält interessante Specials für den Aktionszeitraum bereit. Nutzen Sie jetzt den Frühbucher-Bonus!
Li Chen: He – Cranes – KranicheWahrscheinlich wird man späteren Generationen nicht mehr genau erklären können, weshalb im ersten Jahrzehnt des einundzwanzigsten Jahrhunderts die Menschen auf sämtlichen Kontinenten dieses Planeten plötzlich mit Plastikschuhen herumliefen, die einerseits so aussahen, als würden sie pausenlos schreien, wenn sie nur einen Mund hätten, die andererseits aber auch einen penetranten Eigengeruch verbreiteten, und die zudem im Verhältnis zu ihren lächerlich geringen Herstellungskosten sehr teuer waren. Man wird es vielleicht darauf schieben, dass dieses erste Jahrzehnt ja als das "hysterische" in die Geschichte einging. Es begann damit, dass alle fürchteten, die Apokalypse bräche an, nur weil sich ein Datum änderte. Später glaubte fast jedermann, ein Präsident würde eine andere Politik machen, nur weil seine Haut leicht anders gefärbt war als die seines Vorgängers. Und gegen Ende der Dekade schäumten Menschen wochenlang vor Wut, weil andere Menschen in Fussballstadien, die zehntausend Kilometer entfernt waren, in Plastiktröten bliesen.
Ganz genau aber wird man sagen können, wann der hysterische Schuh zu Kunstgeschichte wurde. Das war auf einer Sammelausstellung der Neun-Drachen-Berg-Galerie, die im Juli 2010 im Pekinger National Art Museum of China stattfand. Gemalt hat das richtungsweisende Bild ebenfalls 2010 der Nachwuchskünstler Li Chen, der es "Kraniche" nannte. Später sollte dieses Gemälde als Zeichen dafür gedeutet werden, dass das hysterische Jahrzehnt zu Ende ging.