Riesenmaschine

02.03.2010 | 23:47 | Alles wird besser | Essen und Essenzielles

Joe's Revolution


Foto: Aleks Scholz
Trader Joe's ist eine Supermarktkette aus Kalifornien, die sich vor kurzem mit dem Aldi-Imperium verbündet hat, und bald den Rest der Welt übernehmen wird. Sobald das geschieht, ist endlich Schluss mit der Mars-Hölle auf dem Schokoriegelsektor, denn Trader's Joe hat das Genre neu definiert.

Trader Joe's verkauft seine Riegel in einer Doppelverpackung: Erst werden sie in silberne Folie eingeschweisst, dann in rechteckige Mini-Kartons verladen, die entfernt an Zahnpastaverpackungen erinnern. Die Riegel selbst erinnern zum Glück überhaupt nicht an Zahnpasta.

Der "PB&J bar" von Trader Joe's hat gerade zum fünften Mal in Folge den Internationalen Snickerkongress gewonnen. Vor allem begeistert er durch seine Konsistenz: massiv, solide, lippenfest, aber weich und warm im Inneren. Er riecht wie ein Wildschwein zehn Meter gegen den Wind, allerdings nicht nach Wildschwein, sondern nach Erdnussbutter und dunkler Schokolade. Geologisch besteht er aus einer dünnen Lage schwarzer Marmelade, dann eine Schokoladencreme und schlieslich im unteren Drittel die gründliche Erdnusspaste. Es heisst, der Riegel sei bei ersten internen Tests zu perfekt gewesen, weshalb man das leicht nervige Fruchtgelee noch obendrauf geklatscht hat. Aber die Konsistenz, die einmalige Konsistenz blieb ihm erhalten.

Noch extremer ist nur Trader Joe's "Lumpy Bumpy Bar", der wohl demnächst gesetzlich verboten wird. Zu perfekt sei dieser Schokoriegel, zu offensichtlich seine übernatürliche Herkunft, der Wettbewerb darum illegitim verzerrt, so wird die (schwache) Begründung lauten. Taxonomisch ist Lumpy Bumpy ein Snickers mit dunkler Schokolade, wobei die Erdnüsse sowohl in der seltsam weissen Nougatcreme als auch ganz oben angebracht sind. Lumpy Bumpy ist was Schokoriegel angeht das Ende der Fahnenstange, evt. auch, was Dinge überhaupt angeht. Lumpy Bumpy FTW!!! Yes!!!!!! An dieser Stelle endet der Testbericht.


01.02.2010 | 09:56 | Anderswo | Alles wird besser | Was fehlt

Ironisch reisen


Da sage "einer", "die" Chinesen hätten keine "Ideen"
Ein ironischer Orgasmus, meinte Robert Gernhardt einst, sei kaum vorstellbar. Genauso wenig kann man wohl ironisch reisen, es sei denn, man heisst Hermann Hesse. Aber dessen Ironische Reise von 1927 wird wahrscheinlich nur ein ironischer Reisebericht sein, so wie alle anderen ironischen Reisen auch, wenn es sich nicht gar um Reisen im übertragenen Sinne handelt. Jetzt hat sich ein Pekinger Omnibusunternehmen offenbar dazu entschlossen, zu zeigen, dass man auch wirklich ironisch reisen kann. Und wer weiss: Wenn es über Stock und Stein geht, fühlen sich die Passagiere am Ende so "well", dass die eine oder der andere am Ende doch zu einem ironischen "Orgasmus" kommt.

Christian Y. Schmidt | Dauerhafter Link | Kommentare (12)


24.01.2010 | 20:10 | Alles wird besser | Sachen kaufen

Gendertrends 2010


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Die traditionell vorgesehenen zwei Geschlechter genügen den Anforderungen des Alltags schon länger nicht mehr. Die Lösungsvorschläge sind so vielfältig wie umstritten: Die Geschlechtslosigkeit der Algen, das mannweibliche "Mondgeschlecht" bei Aristophanes, das Dritte Geschlecht, die Hirschfeld'schen Zwischenstufen, die vier Geschlechter bei den nordamerikanischen Indianern, die vier bis fünf Geschlechter der Rigelianer, die fünf Geschlechter bei den indonesischen Bugi oder die 23.328 Geschlechter des Gemeinen Spaltblättlings sind sämtlich Nischenlösungen geblieben. Weil es – wie auch bei Netzteilen und Steckdosen – an einem gemeinsamen Standard fehlt, kann man der Produktentwicklungs- und Marketingwelt nicht verdenken, dass sie bisher etwas zögerlich in den Startlöchern verharrte. Am Ende braucht jedes Gastronomieunternehmen acht Klotüren, eine Kostenvervielfachung ohne klaren Nutzen. Die Zigarettenmarke Skavenbeck macht einen ersten Schritt mit der Unterteilung der Welt in vier praktikable Geschlechter: ein Teil des klassischen Frauensegments und der sehr schwule Mann (Pink / Fine Flavour), die davon nicht abgedeckten Frauen- und Schwulenbereiche sowie der metrosexuelle Mann (Grey / Fine Flavour) und der herkömmliche heterosexuelle Mann (Brown / Full Flavour). Das Segment Green/Menthol ist für künftige Erweiterungen reserviert.


22.01.2010 | 16:52 | Supertiere | Alles wird besser | Essen und Essenzielles

Rererererererekursion


Kann auch sowas wie Rekursion, aber sonst eben nichts: Romanesco (sblackley, Lizenz)
Vieles wurde dem Menschen im Lauf der Geschichte schon zugeschrieben, als das, was ihn ausmache und unterscheide von dem Gesocks, das er in die Zoos eingesperrt hat: die Fähigkeit zu Lieben, das Zubereiten von gekochten Speisen, das Stellen der Frage, was ihn denn ausmache. Der breiten Öffentlichkeit nicht ganz so bekannt ist ein anderes cooles Feature, vom dem behauptet wird, es sei die unique selling proposition des Menschen: Rekursion.

Während jeder dahergelaufene Affe irgendwelche Zeichen benutzen und zusammenkleistern kann, bleibt es uns vorbehalten, gleiche Strukturen beliebig oft nach dem selben Prinzip zusammenzubauen. Dem dummen Affen muss man deswegen ja auch jede Zahl einzeln erklären, wärend der schlaue Mensch irgendwann von selbst darauf kommt, dass, wo es eins, zwei und drei gibt, auch vier, fünf und sechs nicht weit sein können.

Genau dieses ungerechtfertigte Schattendasein der Rekursion zu beenden, ist jetzt Ziel einer grossangelegten Marketingkampagne, die das Massachusetts Institute of Technology in Zusammenarbeit mit der saarländischen Brauerei Karlsberg lanciert hat: Nicht "Beer + Cola + X" heisst der Claim zum neuen Getränk Mixery Blend, sondern "Beer + Beer + X". Natürlich ist das nur der Startschuss, auf den dann "Beer + Beer + Beer + X", "Beer + Beer + Beer", "X + X + X", "Beer + Beer + Beer + X + X" nach streng rekursiven Regeln folgen werden. Das muss einem der Affe erstmal nachbrauen.


21.01.2010 | 17:56 | Berlin | Alles wird besser | Zeichen und Wunder

Der Natur ein Vorbild sein


Foto: Kathrin Passig

Foto: Kathrin Passig
Der Flughafen gehört wie das Spassbad zu den Laboren, in denen der Mensch nachzubessern versucht, was die Natur in ihrer herumevoluierenden Hast unzulänglich gestaltet hat. Dank Flughafen können wir Steckeradapter für alle Länder ausser Australien erwerben, den Schlaf in neuartigen Körperhaltungen erlernen und uns schliesslich sogar auf ganz unmetaphorische Weise über die Natur erheben. Der abgebildete Baum demonstriert am Flughafen Tegel die Machbarkeit neuer immergrüner Laubgehölze für Nordeuropa (hier Eiche/Birke). Alles, was die Natur zur Nachahmung des einfachen Prinzips braucht, ist etwas Geduld und sehr viele Kabelbinder.


1 2 3 4 5 [6] 7 8 9 10 11 ...

*  IN DER RIESENMASCHINE


*  ORIENTIERUNG



Werbung
Werbung Ratgeber

*  SO GEHT'S:

- Eleganz der schönen Form

- Filzeltern

- Rautenmuster

- Ontario focused flow-through share tax credit

*  SO NICHT:

- Januarigkeit

- Casualty Friday

- Schäden im Besonderen

- Sambabedingte blaue Flecken


*  AUTOMATISCHE KULTURKRITIK

"JCVD", Mabrouk el Mechri (2008)

Plus: 3, 10, 46, 59
Minus: 160
Gesamt: 3 Punkte


*  KATEGORIEN


*  ARCHIV